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(GZ-3-2023)

In Kooperation mit Bayerischer Industrieverband Baustoffe, Steine und Erden e.V.

► Kompliziertes einfach erklärt:

 

ABC der Heimischen Rohstoffe

 

Fachbegriffe zum Thema Heimische Rohstoffe - kompetent erklärt in Kooperation mit Bayerischer Industrieverband Baustoffe, Steine und Erden e.V. 

 

Bauschutt-Recycling

Das Baustoff-Recycling ist nicht als Konkurrenz, sondern als Ergänzung zur Gewinnung und Nutzung von Primärrohstoffen zu sehen. Rund 150 Millionen Tonnen Sand, Kies, Schotter und sonstige mineralische Rohstoffe werden alleine in Bayern pro Jahr gebraucht. Nur ca. 10 – 12 Prozent davon können aktuell mit geeignetem Recycling-Material ersetzt werden. Gerade einmal 10,5 Millionen Tonnen Bauschutt und 4,5 Millionen Tonnen Straßenaufbruch fallen bayernweit pro Jahr an. Es gibt schlichtweg nicht genügend geeignete Abbruchmasse. Zudem gibt es keinen kontinuierlichen Stoffstrom, um einen konstanten Bedarf zu decken.

Bodenaushub ist per se kein Recycling-Material

Es kursiert zwar hartnäckig das vermeintliche Gesamtvolumen von 220 Mio. Tonnen bundesweit (50 Mio. Tonnen in Bayern) an mineralischem Abfall. Diese Zahl wird häufig mit dem tatsächlichen Anfall von Bauschutt in Höhe von ca. 60 Mio. Tonnen (10,5 Mio. Tonnen in Bayern) gleichgesetzt. Der weit überwiegende Anteil an diesem Gesamtvolumen ist jedoch Bodenaushub, der nicht so einfach zu Recycling-Baustoff aufbereitet werden kann und deshalb zur Rekultivierung als Verfüllmaterial in Gruben und Brüchen verwertet wird. Denn die technischen und umweltrelevanten Anforderungen an Recycling-Baustoffe sind hoch und lassen nur eine beschränkte Verwendung von Abbruch- und Aushubmaterial zu.

Abbruch muss aufbereitet werden

Es muss eine Aufbereitung erfolgen, bei der das Material zerkleinert wird, Feinanteile abgetrennt und Störstoffe entfernt werden. Gerade, wenn das Abbruchmaterial als Recyclingmaterial für die Herstellung von Beton wiederverwendet werden soll, werden weitere Ausgangsstoffe und eine Produktionsstätte für die Betonherstellung benötigt. Dies kann aus Platz- und Qualitätsgründen meist nicht direkt auf der Baustelle geschehen, auf der das Abbruchmaterial liegt. Der vorsortierte Bauschutt muss also in eine geeignete Aufbereitung. Es gibt jedoch nicht genügend Standorte für solche stationäre Aufbereitungen, was auch an hohen Genehmigungshürden liegt.
Die Branche arbeitet an Wegen und Lösungen, um die Recycling-Raten zu erhöhen

Eine Änderung der Betonnorm, die deutlich höhere Recyclinganteile erlauben soll, ist bereits in der Abstimmung. Der Mix der Rohstoffe wird also der entscheidende Faktor werden. Dennoch werden Primärrohstoffe wie Sand und Kies auch zukünftig die Basis für eine solide Rohstoffversorgung sein.

 

Gruben und Steinbrüche: Hotspots der Artenvielfalt

Gruben und Steinbrüche sind Naturparadiese aus Menschenhand – direkt in unserer Nachbarschaft – und das schon während der Gewinnung. Sie beherbergen so seltene Arten wie Uferschwalben, Flussregenpfeiffer, Uhu, Bienenfresser, Waldsandlaufkäfer, Sandschrecken und Apollofalter. Der größte Teil unserer heimischen Wildbienenarten braucht Rohbodenstandorte. Dort graben sie ihre Bruthöhlen. Für viele unserer vom Aussterben bedrohten Amphibienarten sind Gruben und Steinbrüche mittlerweile überlebenswichtig, weil es ihre natürlichen Lebensräume, wie z.B. Flussauen, in unserer vom Menschen geformten Kulturlandschaft kaum noch gibt.

  • 66% der Wechselkröten in Bayern überleben nur noch in Rohstoffgewinnungsstätten
  • 30% der Laubfrösche in Bayern laichen in Gewässern in und rund um Gewinnungsstätten
  • 19% der Gelbbauchunken in Bayern leben in Rohstoffgewinnungsstätten

Die bayerische Rohstoffindustrie und der Landesbund für Vogelschutz in Bayern (LBV) e.V. konnten im vom Bayerischen Naturschutzfonds geförderten und vertraglich geregelten Kooperationsprojekt „Natur auf Zeit“ mittlerweile 40 Standorte für den Amphibienschutz gewinnen (www.natur-auf-zeit.de).

Nutzung auf Zeit, Rekultivierung und Renaturierung

Die Flächen werden nur vorübergehend beansprucht, nicht versiegelt und später einer weiteren Nutzung zurückgegeben – also rekultiviert (Herstellung von Bodenfruchtbarkeit und ursprünglicher Pflanzendecke; Nutzung z.B. von Forst- und Landwirtschaft oder als Naherholungsgebiet) oder renaturiert (Herstellung als naturnaher Lebensraum für Flora und Fauna; Nutzung häufig als Biotop = abgrenzbare Lebensräume für bestimmte, meist seltene und gefährdete, Arten).

Die Rohstoffgewinnung erfolgt in kleinen Abschnitten und nicht auf einmal auf der ganzen Fläche. So wird ein Teil für die Gewinnung genutzt, während andere Bereiche bereits rekultiviert oder renaturiert werden. 

Rote Liste Bayern: vom Aussterben bedroht

 

Regionalplanung: unverzichtbar für Bayerns Rohstoffe

Die Versorgung der Bauwirtschaft mit den „Massenrohstoffen“ Sand und Kies und Naturstein ist für die gesamte Volkswirtschaft unerlässlich und im öffentlichen Interesse. Eine langfristige und vorausschauende Rohstoffsicherung in der Regionalplanung ist Voraussetzung für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes und der Sicherung von Arbeitsplätzen. Dabei gilt der Grundsatz: je ortsnaher diese gesichert werden, desto nachhaltiger und klimaschonender erfolgt die Versorgung. Im Regionalen Planungsverband werden daher durch die kommunalen Vertreter entsprechende Sicherungsgebiete in der jeweiligen Region ausgewiesen.

Unabhängigkeit Bayerns von Rohstoffimporten

Mineralische Rohstoffe können nur dort gewonnen werden, wo sie auch vorkommen. In der Regionalplanung werden die standortgebundenen Lagerstätten langfristig gesichert und die Versorgung in Bayern gewährleistet. Bestehende Betriebsstrukturen und Arbeitsplätze, die vor allem dezentral in Bayern liegen, können erhalten und die Unabhängigkeit Bayerns von Importen sichergestellt werden.

Rohstoffvorkommen nicht automatisch vor Konkurrenznutzung geschützt

Die Regionalplanung schützt bedeutende Lagerstätten gegenüber anderen konkurrierenden Nutzungen bzw. versucht vermeintliche Nutzungskonflikte gegenüber anderen Belangen in Einklang zu bringen und eine Abwägung auf übergeordneter Ebene herbeizuführen. Im Gegensatz zu anderen Fachplanungen wie z.B. dem Naturschutzrecht oder Wasserrecht existiert im Bereich der Bodenschätze kein Fachplanungsrecht, um diese zu „schützen“.

Regionalplan schafft verpflichtende Vorgaben zur Rohstoffversorgung in Bayern

Den rechtlichen Rahmen dazu gibt das Bayerische Landesplanungsgesetz (2012) mit Art. 6 Abs. 2 Nr. 6 vor, wonach die räumlichen Voraussetzungen für die vorsorgende Sicherung sowie für die geordnete Aufsuchung und Gewinnung von standortgebundenen Rohstoffen geschaffen werden sollen. Diese Vorgabe wird dann im Landesentwicklungsprogramm und den daraus zu entwickelnden Regionalplänen in Bayern umgesetzt.

Das Landesentwicklungsprogramm unterscheidet dabei zwischen bedarfsunabhängigen Rohstoffen (z.B. Bentonit, Kieselerde) und bedarfsabhängigen Rohstoffen (z.B. Sand/Kies, Naturstein), die mit Vorrang- und Vorbehaltsgebieten für den regionalen und überregionalen Bedarf gesichert werden müssen. Die Vorgaben aus der Regionalplanung müssen verpflichtend in der Bauleitplanung umgesetzt werden.

 

Verfüllen

Als „Verfüllung“ bezeichnet man die Auffüllung von Gewinnungsstätten, wie etwa Sand- und Kiesgruben oder Steinbrüchen, mit Bodenaushub und anderen rein mineralischen Materialien. Grundsätzlich wird zwischen der Nassverfüllung im Grundwasser, hauptsächlich Baggerseen, und der Trockenverfüllung oberhalb des Grundwassers unterschieden. An die Nassverfüllung werden besonders strenge Anforderungen gestellt, so dass diese nur in Ausnahmefällen möglich ist.

Folgenutzung möglich machen

Das Ziel der Verfüllung ist es, die vorübergehend in Anspruch genommene Fläche so zurückzugeben, dass eine optimale Folgenutzung möglich ist. Das kann die ursprüngliche Nutzungsform sein – meist Land- und Forstwirtschaft – oder eine angepasste Folgenutzung, die den Bedürfnissen der Standortgemeinde besser gerecht wird. In jedem Fall ist die Verfüllung die unerlässliche Voraussetzung dafür. Die besondere Funktion der Verfüllung für die Rekultivierung wird auch vom Gesetzgeber anerkannt: Das Kreislaufwirtschaftsgesetz zählt die Verfüllung ausdrücklich zu den Verwertungsverfahren, bei dem die verfüllten Materialien einem sinnvollen Zweck zugeführt und somit im Stoffkreislauf gehalten werden. Das unterscheidet die Verfüllung von der Deponierung, bei der Materialien endgültig aus der Kreislaufwirtschaft ausgeschleust werden.

Hohes Schutzniveau in Bayern

Die Verfüllung erfolgt in der Regel mit Abraum aus der Gewinnungsstätte selbst und unbedenklichem Bodenaushub. Vor der Verfüllung muss der Boden umfassend untersucht werden. Nur wenn die für den jeweiligen Standort festgelegten Grenzwerte eingehalten werden, darf das Material angenommen werden. Diese Grenzwerte werden für ganz Bayern einheitlich im sogenannten Verfüll-Leitfaden des Bayerischen Umweltministeriums vorgegeben. Neben den stofflichen Eigenschaften muss auch die Herkunft des Verfüllmaterials lückenlos dokumentiert werden. Abgerundet werden diese Maßnahmen durch eine detaillierte Grundwasserüberwachung. Unabhängige Fremdüberwacher und die staatliche Aufsicht durch die Wasserwirtschaftsämter stellen sicher, dass die hohen Sicherheitsstandards stets gewahrt bleiben. Auf Grund des hohen Schutzniveaus kann in Bayern auch Bauschutt, bei dem ein Recycling technisch oder wirtschaftlich nicht möglich ist, in der Trockenverfüllung eingesetzt werden. So werden wertvolle Deponiekapazitäten geschont.

Aushub, der vor allem bei Baumaßnahmen anfällt, ist besonders transportintensiv. Das ist ein Grund für die in letzter Zeit dramatisch gestiegenen Entsorgungskosten. Dazu kommt der durch den Transport verursachte CO2-Austoß. Die Verfüllung ortsnaher Gewinnungsstätten steht für eine Verwertung der kurzen Wege – zum Nutzen der Umwelt und der Bauherren gleichermaßen.

 

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