Kolumnen & Kommentarezurück

(GZ-11-2017)
gz kommentatorin gabriele bauer
 
► Gabriele Bauer, stv. KPV-Landesvorsitzende, Oberbürgermeisterin Stadt Rosenheim:
 
Individualverkehr und SPNV sinnvoll verzahnen

Liebe Leserinnen und Leser,

bei der Vollversammlung des Bayerischen Städtetags am 12./13. Juli in Rosenheim werden die Themen „Mobilität und Stadtentwicklung“ im Mittelpunkt stehen. Das ist gut und richtig, wie ein Blick auf die Zahlen zeigt. Die Region München wächst bis 2035 um 400.000 Menschen, die in einem zwangsläufig immer größer werdenden Umkreis um München herum Wohnungen benötigen, Kindergartenplätze suchen, vor allem aber auch mobil sein wollen.

In der Metropolregion München gibt es inzwischen 1,5 Mio. Pendler. Ein Großteil davon sind Zugpendler. Das größte Problem für sie sind nicht Verspätungen oder überfüllte Abteile. Es ist die Anreise an den Bahnhof, verbunden mit der Suche nach einem adäquaten Parkplatz.

Die Schaffung von Parkraum an den Schnittstellen zum Schienenpersonennahverkehr in die Ballungsräume ist dringend erforderlich. Wenn wir aber den Flächenfraß und die Flächenversiegelung durch immer größer werdende ebenerdige Parkplatzanlagen verhindern wollen, braucht es wie beim ersten Schnittstellenprogramm unter dem damaligen bayerischen Verkehrsminister Otto Wiesheu staatliche Förderung. Durch dieses weitsichtige Programm mit einem Investitionsvolumen von rd. 105 Mio. EUR wurde von 2001 bis 2007 die Schaffung von Busbahnhöfen, Park & Ride- sowie Bike & Ride-Parkplätzen an Bahnhaltepunkten gefördert. Nach Oberbayern sind damals rd. 40 Mio. EUR an Fördermitteln geflossen. Nach Mittelfranken mit der Metropolregion Nürnberg waren es rd. 10 Mio. EUR. Diese Investitionen haben sich ausgezahlt: In den S-Bahn-Einzugsgebieten gibt es heute im Raum München über 25.000 P+R-Stellplätze, im Raum Nürnberg mehr als 14.000. Dabei gewährte der Freistaat den Kommunen eine 80%-Förderung der Kosten. 

Die bloße Erweiterung ebenerdiger P&R-Stellplatzanlagen mag wirtschaftlich nachvollziehbar sein. Ökologisch vernünftig ist sie nicht. Städtebaulich würden dadurch wertvolle Flächenressourcen mindergenutzt. Schlauer wäre es, auf kleinerem Raum Parkdecks zu errichten oder gleich Parkhäuser. Allerdings kostet ein Stellplatz in einem Parkhaus rd. 15.000 EUR, während ein ebenerdiger Stellplatz bereits für rd. 3.800 EUR zu haben ist.

Derzeit werden Park & Ride-Parkplätze in der Regel mit 50 Prozent im Rahmen des Bayerischen Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (BayGVFG) gefördert und mit fünf Prozent aus den Mitteln des Finanzausgleichsgesetzes (FAG). Merkwürdig dabei: Ein ebenerdiger Stellplatz ist bis zu 4.100 EUR zuwendungsfähig, ein Stellplatz in einem Parkhaus nur bis zu max. 10.000 EUR. Diese Förderung setzt falsche Anreize. Richtiger wäre es, die Zuschüsse für Parkhaus-Stellplätze zu erhöhen und die für ebenerdige Parkplätze zu senken, am besten im Rahmen einer Wiederauflage des Schnittstellenprogramms. Gleiches gilt übrigens für den Bau von Fahrradparkhäusern: Dort schlägt ein Stellplatz mit rd. 3.000 EUR zu Buche. Die Obergrenze für die GVFG-Förderung liegt aber bei 1.200 EUR. Solche Signale der Staatsregierung brächten dreifachen Nutzen: Erstens für die Kommunen, denen beim Versuch, flächenschonende P+R-Anlagen zu errichten, unter die Arme gegriffen würde. Zweitens für die Pendler, für die der Umstieg zwischen Individual- und öffentlichen Verkehr erleichtert würde. Und drittens für die Ballungszentren selbst, weil ein verbessertes P+R-Schnittstellenangebot Anreize bietet, den privaten PKW für die Fahrt zur Arbeit abzustellen und damit Staus, Lärm und Feinstaub zu verringern. Sind das nicht genügend Argumente, etwas politisch Sinnvolles in Angriff zu nehmen?

Ihre Gabriele Bauer, stv. KPV-Landesvorsitzende, Oberbürgermeisterin Stadt Rosenheim

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