Kolumnen & Kommentarezurück

(GZ-22-2021)
gz kommentator josef mederer
 

► Josef Mederer, Bezirkstagspräsident von Oberbayern:

 

Kultur ist Lebens-Mittel

Liebe Leserinnen und Leser,

Heimat ist für die Identität jedes Menschen prägend. Wir definieren sie über einen Ort oder über eine Landschaft, über Traditionen und Kleidung, über Sprache und Musik. Kultur und Heimat sind zwei Seiten einer Medaille. Kultur ist Lebens-Mittel. Die Bezirke tragen neben ihren prägenden Aufgaben im Sozialen deshalb auch hohe Verantwortung für die regionale Kultur.

Grundlage unserer mannigfaltigen Aktivitäten in diesem Bereich sind die umfangreichen Originalbestände an materiellen Kulturgütern, die auf das Engste mit dem immateriellen kulturellen Erbe Bayerns verwoben sind. Unsere Aufgabe ist es diesen Schatz zu wahren und zu pflegen und gleichzeitig für Neues zu öffnen und weiterzuentwickeln.

Einen dieser Schätze besitzt und verwaltet der Bezirk Oberbayern in Bruckmühl: Für Volksmusikfreunde nicht nur aus Oberbayern ist das Volksmusikarchiv des Bezirks Oberbayern in Bruckmühl seit Jahrzehnten eine zuverlässige Anlaufstelle bei Fragen zu Notenmaterial, Volksmusikpflege oder Feldforschung gewesen. Das wird weiterhin so bleiben, auch wenn sich sonst einiges ändert. Die bisherige Fachberatung für Volksmusikarchiv/Volksmusikpflege wird zur zentralen Institution für regionale Musikkultur und Literatur in Oberbayern neu ausgerichtet. Sie trägt deshalb seit November 2020 den Namen „Zentrum für Volksmusik, Literatur und Popularmusik des Bezirks Oberbayern“ und steht zukünftig auf vier Säulen: Archiv für Volksmusik und regionale Literatur, Volksmusikpflege, Popularmusikberatung und Literatur in Oberbayern. Und das alles unter einem Dach.

Der bisherige jahrzehntelange Leiter des Archivs und gleichzeitige Volksmusikpfleger Ernst Schusser hat bei seinem Eintritt in den Ruhestand große Fußstapfen hinterlassen. Diese Umbruchsituation wurde durch die Pandemie noch verstärkt. Nach einem holprigen Beginn ist nun ein junges, hochmotiviertes Team am Start, das mit fundiertem Fachwissen und großem Enthusiasmus ans Werk geht und Bewährtes pflegen und Neues integrieren will. Dabei wurde das ZeMuLi, wie das Zentrum abgekürzt oft genannt wird, personell gestärkt, um die erweiterten Aufgaben auch schultern zu können.

Die Literaturwissenschafterin und Musikantin Katharina Baur wird neben ihrer Aufgabe als Gesamtleitung des Zentrums den Aufbau der Säule Literatur in Oberbayern vorantreiben. Landeshistorikerin und Dokumentarin Verena Wittmann leitet das Archiv. Der Diplom-Musiker Matthias Fischer ist als Popularmusikbeauftragter seit Jahren in der Szene bestens etabliert. Mit der Verpflichtung des Musikpädagogen Leonhard Meixner als Volksmusikpfleger, der durch seine Mitarbeit das Zentrum in Bruckmühl bestens kennt und auch in der jungen Volksmusikszene vernetzt ist, ist das Führungsquartett komplett.

Im Zuge der Generalsanierung und Erweiterung der Räumlichkeiten wird die Lagerung des größtenteils nicht wiederbeschaffbaren Sammlungsbestandes nach allgemein gültigen klimatischen, sicherheitstechnischen und konservatorischen Vorgaben ertüchtigt. Ziel ist, den wertvollen Sammlungsbestand möglichst unversehrt langfristig aufzubewahren und den natürlichen Alterungsprozess soweit wie möglich zu verlangsamen. Eine Herkulesaufgabe, die nun im Zuge der Digitalisierung auch bei den Archivbeständen der anderen Sammlungen des Bezirks Oberbayern angegangen werden soll!

Der bisherige Sammlungsbestand wird von einem reinen Sicherungsarchiv in ein für die Allgemeinheit nutzbares kommunales Archiv weiterentwickelt. Die technischen Voraussetzungen für die Inventarisierung und einheitliche Objektkennzeichnung werden derzeit geschaffen, so dass die Sammlungsbestände – als Teil des kulturellen Gedächtnisses Oberbayerns – in einigen Jahren über Internet der Öffentlichkeit zugänglich sind. Wert wird dabei auch auf die Vernetzung innerhalb der bezirklichen Kultureinrichtungen gelegt, die ebenfalls Sammlungsbestände bewahren, pflegen und präsentieren.

Dazu gehören das Freilichtmuseum Glentleiten, das Bauernhausmuseum Amerang sowie das Zentrum für Trachtengewand Benediktbeuern. Auch die Literatur in Oberbayern wird zukünftig in Bruckmühl eine Heimat finden. Auf der Basis des bisherigen Sammlungsbestandes zu Volksliedern und Feldforschungen widmen wir uns verstärkt oberbayerischen Dialekten und Umgangssprachen. Der in Bruckmühl bereits vorhandene Bibliotheksbestand wird professionell erfasst, erweitert und in eine zukünftige Oberbayern-Bibliothek weiterentwickelt. In Kooperation mit Universitäten und Forschungseinrichtungen werden die Sammlungsbestände wissenschaftlich aufbereitet.

Die Neuausrichtung werden wir auch nach außen sichtbar machen: Mit einer neuen Website, der Weiterentwicklung des bisherigen Informationsblattes und SocialMedia-Angeboten wollen wir zusätzlich zu den treuen bisherigen Besucherinnen und Besuchern neue Nutzerkreise ansprechen und der Erweiterung unserer Schwerpunkte gerecht werden. Ich bin gespannt, was Popularmusik und Volkmusik unter einem Dach in Zukunft auf die Beine stellen. In Bruckmühl soll ein Ort der volksmusikalischen Bildung entstehen; die neuen, größeren Räume werden dies ermöglichen. Volksmusik ist nichts Altes, Verstaubtes. Sie ist jung und lebendig. Es ist unser kulturelles Erbe und unglaublich wertvoll!

Ihr Josef Mederer, Bezirkstagspräsident von Oberbayern, Präsident des Bayerischen Bezirketags

 

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