Kolumnen & Kommentarezurück

(GZ-9-2021)
Kommentar von Christine Borst
 

► Christine Borst, Stv. Landesvorsitzende der KPV Bayern, Altbürgermeisterin der Gemeinde Krailling:

 

Gleichberechtigte Repräsentanz von Frauen ein Gebot der Demokratie

Liebe Leserinnen und Leser,

1964 wurde im bayerischen Neufahrn bei Freising die erste weibliche Bürgermeisterin in Bayern gewählt. 13 Jahre lang stand Käthe Winkelmann an der Spitze der Gemeinde. Damals als Frau noch allein auf weiter Flur. Und heute? Die letzten Kommunalwahlen liegen ein Jahr zurück – was hat sich hier in 56 Jahren getan?

Den großen Einflußmöglichkeiten und Chancen von Frauen in einem politischen Amt steht heute in Bayern auf kommunaler Ebene eine eher kleine Schar aktiver Politikerinnen gegenüber. So waren 2019 knapp 9 % der Bürgermeisterposten im Freistaat von Frauen besetzt, in 7 % der Landkreise gab es Landrätinnen und ganze 3 Oberbürgermeisterinnen führten kreisfreie Städte.

Man erhoffte sich viel von den Kommunalwahlen 2020. Eine genaue Auswertung der Wahlergebnisse des Statistischen Landesamtes Bayern nach Geschlecht durch die EAF Berlin zeigt jedoch, daß diese bei weitem keine Trendwende eingeläutet hat und Frauen in der Kommunalpolitik nach wie vor noch stark unterrepräsentiert sind. Es hat sich enttäuschend wenig getan.

Bei den 29 großen Kreisstätten hat sich das Bild leicht verbessert. Gab es 2014 hier gar keine Frau, konnten doch die Rathäuser von Landsberg, Neu-Ulm und Lindau von Frauen erobert werden – der Anteil liegt jetzt neu bei 10 %.

In den 25 kreisfreien Städten hat sich nichts verändert. Wie vor sechs Jahren schafften es lediglich drei Frauen ins Amt – gegenüber 22 Männern – immerhin 12 %. Bei den 206 kreisangehörigen Gemeinden mit über 10.000 Einwohnern fiel sogar der Anteil von vorher 11,5 auf 9.7 %. 186 männlichen Amtsinhabern stehen gerade einmal 20 Frauen gegenüber. Ein kleiner Aufwärtstrend auch bei den Landkreisen – von 71 Landratsämtern werden sieben von Frauen geführt – bisher sechs.

Chef oder Chefin eines Rathauses oder Landratsamtes zu sein, ist nach wie vor eine herausfordernde Aufgabe. Die Krisen und Ausnahmesituationen, aktuell die Covid 19 Pandemie, werden nicht weniger und müssen ganz konkret vor Ort angegangen werden. Dabei sind die Kompetenzen von Männern und Frauen gleichermaßen wichtig und gefragt.

Die Arbeit des Gemeindeoberhaupts ist nah am Bürger / an der Bürgerin, man kann gestalten und wirklich etwas bewegen, die Vielfalt an Tätigkeitsfeldern, Begegnungen und Möglichkeiten ist enorm. Doch es gibt ein großes Manko, nach wie vor ist der Anteil der Frauen in diesen Ämtern viel zu gering. Rund 90 % der Rathäuser werden von Männern regiert.

Lange Zeit fiel dieses Ungleichgewicht nicht weiter auf – es war halt immer so. Doch mit dem Jubiläum 100 Jahre Frauenwahlrecht und der gestiegenen medialen Aufmerksamkeit für die Rolle der Frauen in der Politik hat sich das endlich geändert. Das Thema spielte bei den Kommunalwahlen 2020 in Bayern durchaus eine wichtige Rolle. Vieles wurde im Vorfeld unternommen. Warum geht es dennoch nicht voran?

Die Corona Pandemie dient mit Sicherheit nicht dazu, mehr Frauen in die Politik zu bringen. Die Mehrbelastung durch Homooffice und Homeschooling liegt in den meisten Fällen wieder bei den Frauen, was nicht gerade dazu anregt, sich auch noch nebenbei ehrenamtlich zu betätigen. Unabhängig davon muss aber künftig noch mehr deutlich gemacht werden, dass keine Partei mehr auf die Potenziale von Frauen verzichten kann und darf, ganz abgesehen davon, dass gleichberechtigte Repräsentanz von Frauen in politischen Führungspositionen ein Gebot der Demokratie ist.

Öffentlichkeitswirksame Kampagnen sollen dazu eingesetzt werden, einen entsprechenden Bewusstseinswandel herbeizuführen. Die nächste anstehende Wahl ist im September die Wahl zum Deutschen Bundestag. Wenn hier die Zahlen der weiblichen Bundestags-Abgeordneten aus Bayern mit derzeit 28,7 % nicht ganz so niederschmetternd sind wie bei den Kommunalwahlen, ist doch deutlich noch Luft nach oben.

Ein wichtiger Punkt für Frauen, sich politisch zu engagieren sind gute Vorbilder. Ein großes Vorbild für viele – Bundeskanzlerin Angela Merkel – verlässt im Herbst die politische Bühne. Wollen wir hoffen, dass viele gute, neue, als Vorbilder geeignete Frauen künftig den Schritt auf diese Bühne wagen.

In diesem Sinne viele Grüße

Ihre Christine Borst, Stv. Landesvorsitzende der KPV Bayern, Altbürgermeisterin der Gemeinde Krailling

 

Dieser Artikel hat Ihnen weitergeholfen?
Bedenken Sie nur, welche Informationsfülle ein Abo der Bayerischen GemeindeZeitung Ihnen liefern würde!
Hier geht’s zum Abo!

GemeindeZeitung

Kolumnen & Kommentare

AppStore

TwitterfacebookinstagramYouTube

Google Play

© Bayerische GemeindeZeitung