Kolumnen & Kommentarezurück

(GZ-9-2016)
 Kommentar von Gabriele Bauer
 
► Gabriele Bauer, stv. KPV-Landesvorsitzende, Oberbürgermeisterin Stadt Rosenheim:
 
Stadtentwicklung: Konzeptionelle Chancen und Risiken

Liebe Leserinnen und Leser,

bei planerischen Konzepten mit Wirkung weit in die Zukunft geht es Kommunalpolitikern oftmals so, wie dem Bettlerkönig Peachum in Bertolt Brechts Dreigroschenoper:
„Ja, mach nur einen Plan! Sei nur ein großes Licht!
Und mach dann noch ’nen zweiten Plan,
gehn‘ tun sie beide nicht.“

Dabei ist es gut und nützlich Pläne zu machen. Die Stadt Rosenheim erarbeitet unter dem Oberbegriff „Rosenheim 2025“ seit dem Jahr 2012 ein Stadtentwicklungskonzept. Dabei wird für einen mittelfristigen Planungshorizont bis zum Jahr 2025 untersucht, wie die vorhandenen Potenziale besser genutzt und vernetzt werden können, um Attraktivität, Bedeutung und Funktion der Stadt zu stärken. Defizite und Abhängigkeiten werden dabei aufgezeigt und zukunftsorientierte Lösungen angeboten.

Die Palette der zu bearbeitenden Themen ist enorm breit und umfasst so ziemlich alles, was für ein Leben in der Stadt relevant ist: Stadtbild und Identität, Wirtschaft und Beschäftigung, Einzelhandel und Versorgung, Stadtgesellschaft und Soziales, Bildung und Kultur, Wohnen und Wohnumfeld, Freiraum und Siedlung, Sport und Freizeit, Natur- und Landschaftsraum, Energie und Klimaschutz.

Die Konzepterstellung wurde von einer breit angelegten Öffentlichkeitsbeteiligung begleitet. Es gab Umfragen und eine Online-Befragung, Experten-Hearings, eine Bürgerwerkstatt mit moderierten Arbeitskreisen, ein Zukunftstag mit organisierten Stadtspaziergängen. Aktuell wird mit besonderer Intensität am Verkehrsentwicklungsplan gearbeitet. Alle Verfahrensschritte sind transparent im Internet nachzulesen, ebenso alle Protokolle und Präsentationen. Über 1.200 Bürgerinnen und Bürger haben sich bisher beteiligt.

Für diese informelle Planung wird ein hoher Aufwand betrieben. Die Erwartungshaltungen sind hoch. Und die Frage, ob dieser Aufwand gerechtfertigt ist, stellt sich früher oder später wohl jedem Stadtoberhaupt. Solange die Planungsziele und Maßnahmen noch übergeordnet und ohne räumliche Verortung diskutiert werden, herrscht meistens noch Konsens. Spätestens wenn die Ideen den eigenen Stadtteil betreffen wird es jedoch schwierig. Dann hilft auch die zuvor gelaufene breite Beteiligung wenig, weil sich die dann Betroffenen in der Regel erstmals zu Wort melden. Das Stadtentwicklungskonzept läuft dabei Gefahr, in die eine oder andere Richtung instrumentalisiert zu werden. Und auch für den Stadtrat, dem letztendlich die Entscheidungen obliegen, kann es zu schwierigen Konstellationen kommen.

Aber die Auseinandersetzung mit der Zukunft der eigenen Stadt geht nur im Austausch unterschiedlichster Interessen. Und sie braucht Zeit. Auch wenn es schwierig und anstrengend ist, es ist notwendig, das ist meine feste Überzeugung. Die Chancen, die in der Erstellung eines Stadtentwicklungskonzepts mit Bürgerbeteiligung liegen, werden sich in Form einer qualitätsvollen Grundlage spätestens bei der Neuaufstellung des Flächennutzungsplans zeigen.

Ihre Gabriele Bauer, stv. KPV-Landesvorsitzende, Oberbürgermeisterin Stadt Rosenheim

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