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(GZ-3-2022)
GZ-Interview mit BayernHeim-Geschäftsführer Ralph Büchele  und dem Geschäftsführenden Gesellschafter der Krämmel Unternehmensgruppe Korbinian Krämmel
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► GZ-Interview mit BayernHeim-Geschäftsführer Ralph Büchele und dem Geschäftsführenden Gesellschafter der Krämmel Unternehmensgruppe Korbinian Krämmel:

 

Geförderter Wohnungsbau: BayernHeim als Partner der Kommunen

Laut Bayerischer Verfassung hat jeder Bewohner Bayerns Anspruch auf eine angemessene Wohnung. Nach Angaben des Bauministeriums gingen zwischen 2007 (180.000) und 2020 (135.000) 45.000 Sozialwohnungen verloren. Zum Vergleich: Im Jahr 1988 gab es im Freistaat noch fast eine halbe Million preisgebundene Wohnungen. Zu einer Entzerrung der prekären Situation beitragen soll die vor wenigen Jahren gegründete staatliche Wohnungsbaugesellschaft BayernHeim GmbH. Mit welchen Mitteln dies möglich ist, erläuterten BayernHeim-Geschäftsführer Ralph Büchele und der Geschäftsführende Gesellschafter der Krämmel Unternehmensgruppe Korbinian Krämmel im Gespräch mit GZ-Chefredakteurin Constanze von Hassel.

V.l.: Ralph Büchele, Geschäftsführer BayernHeim, und Korbinian Krämmel, Geschäftsführender Gesellschafter Krämmel Unternehmensgruppe, mit dem Modell des Projekts „Banater Straße“ in Geretsried. Bild: CH
V.l.: Ralph Büchele, Geschäftsführer BayernHeim, und Korbinian Krämmel, Geschäftsführender Gesellschafter Krämmel Unternehmensgruppe, mit dem Modell des Projekts „Banater Straße“ in Geretsried. Bild: CH

GZ: Die BayernHeim GmbH wurde im Juli 2018 gegründet. Was ist ihr Anspruch?

Büchele: Vor dem Hintergrund der angespannten Wohnungssituation hat sich die BayernHeim zum Ziel gesetzt, im Auftrag des Freistaats Bayern bezahlbaren Wohnraum für Menschen zu schaffen, die sich nicht selbst angemessen mit Wohnraum versorgen können. Dabei sind wir Initiator, Bauherr, Eigentümer, Vermieter und Partner. Wir entwickeln und kaufen Grundstücke, wir bauen und realisieren Vorhaben. Das gilt sowohl in Ballungszentren, wo die Mieten sehr hoch sind, aber eben auch im ländlichen Raum. Unser Aktionsfeld ist regional nicht eingegrenzt.

GZ: Geht es dabei nur um sozialen Wohnungsbau?

Büchele: Wir sprechen hier von gefördertem Wohnraum mit entsprechenden Förderinstrumenten. Zum einen wird der Bauherr mit einem Investitionszuschuss bzw. mit zinsvergünstigten Darlehen unterstützt. Auf der anderen Seite wird aber auch der Mieter gefördert, indem er einen Zuschuss zu seiner Miete erhält. Im Schnitt sind 80 Prozent der Fläche gefördert, die restlichen 20 Prozent sind Gewerbefläche bei einer größeren Quartiersentwicklung.

GZ: Wie ist es generell um die Entwicklung geförderter Wohnungen in Bayern bestellt?

Büchele: In den Jahren 2019/ 2020 wurden im Freistaat knapp 60.000 Wohnungen neu geschaffen, davon aber nur ca. 30.000 im Geschosswohnungsbau. Der Rest sind Ein- oder Zweifamilienhäuser oder Doppelhaushälften. Von den Geschosswohnungen wurden jedoch nur rund 2.000 gefördert. Dies ist eine relativ niedrige Zahl, vor allem wenn man bedenkt, dass auch immer wieder Wohnungen aus der Förderkulisse herausfallen – Stichwort Ablauf der Mindestbindungsdauer von 25 Jahren. Das heißt, die Zahl einkommensorientiert geförderter Wohnungen geht sogar zurück, obwohl wir neuen Wohnraum generieren. Fakt ist: Die Zahl geförderter Wohnungen in Bayern deckt bei weitem nicht den vorhandenen Bedarf an günstigem Wohnraum.

GZ: Sie haben die einkommensorientierte Förderung angesprochen. Was versteht man darunter?

Büchele: Wenn sich der Bauherr zu der mindestens 25 Jahre währenden Bereitstellung eines geförderten Wohnraums verpflichtet, bekommt er zunächst einen Investitionszuschuss und hat zudem die Möglichkeit, für einen Teil der Investition auf zinsgünstige Förderdarlehen zurückzugreifen. Der Mieter wiederum erhält einen einkommensabhängigen Zuschuss, der den Unterschiedsbetrag zwischen der Erstvermietungsmiete und der für ihn nach seinem Einkommen zumutbaren Miete ausgleicht.

GZ: Mittlerweile hat BayernHeim die ersten Projekte umgesetzt, zahlreiche weitere befinden sich in Bau, Planung oder in Vorbereitung – so auch ein Wohnprojekt in Geretsried. Was ist dort genau vorgesehen?

Krämmel: Auf dem ehemaligen „Lorenz-Areal“ in Geretsried entwickeln und realisieren wir, die Krämmel Unternehmensgruppe, ein innovatives und attraktives Stadtquartier in zentrumsnaher Lage mit insgesamt 770 Wohnungen, verteilt auf drei Bauabschnitte Nord, Mitte und Süd. Hinzu kommen ein achtzügiges Haus für Kinder (drei Kinderkrippen-, vier Kindergarten- und eine Hortgruppe), Serviced Wohnen Appartements und Gastronomie, begleitet von einem umfassenden Energie- und Mobilitätskonzept.

GZ: Wie viele Wohnungen werden gefördert?

Krämmel: 159 der 198 BayernHeim-Wohnungen in Geretsried werden einkommensorientiert gefördert. Das bedeutet, sie werden an Menschen vergeben, denen das Landratsamt einen Wohnberechtigungsschein bewilligt. Dabei ist die Einkommensgrenze relativ hoch. Bei den restlichen 39 Wohnungen handelt es sich um frei finanzierte Mietwohnungen, auf die Geretsrieder Bürger und Mitarbeiter Geretsrieder Unternehmen nach dem „Geretsrieder Modell“ ein Erstzugriffsrecht haben. Das gilt auch für die 140 Eigentumswohnungen, die wir ebenfalls im ersten Bauabschnitt errichten. Der Verkauf startet in diesem Jahr. Von den insgesamt 770 Wohnungen sollen am Ende je 30 Prozent geförderte und frei finanzierte Mietwohnungen und 40 Prozent Eigentumswohnungen sein.

GZ: Was macht die Krämmel Unternehmensgruppe aus?

Krämmel: Wir sind ein klassisches, mittelständisches Familienunternehmen der Bauwirtschaft. Begonnen hat alles 1947 in Geretsried mit der Gründung eines Bauunternehmens durch Josef Krämmel und Gustav Alfred Sachers. Daraus entstand am 1. Januar 1980 die Krämmel GmbH & Co. Bauunternehmung KG. Inzwischen ist die Krämmel Unternehmensgruppe mit über 200 Mitarbeitern in Wolfratshausen
das größte Bauunternehmen der Region. Als Bauträger mit eigener Planungsabteilung entwickeln und realisieren wir sehr erfolgreich energetisch optimierte, ökologisch nachhaltige und werthaltige Projekte für private und institutionelle Investoren. Vom Industrie-Rohbau über kommunale Einrichtungen und Bauen im Bestand bis zur schlüsselfertigen Gewerbe- oder Wohnimmobilie: Wir planen und realisieren Projekte aus einer Hand.

GZ: Woran beteiligt sich die BayernHeim?

Büchele: Wir beteiligen uns an den Gebäuden im nördlichen Drittel des 4,7 Hektar großen Grundstücks. In unserem Auftrag errichtet Krämmel 198 Wohnungen mit einer Gesamtwohnfläche von über 12.600 Quadratmetern, einem Gemeinschaftsraum und vier kleineren Gewerbeeinheiten. Die barrierefreien Wohnungen in unterschiedlichen Größen eignen sich sowohl für Familien als auch für Seniorenhaushalte und für Menschen mit Behinderung und sollen bis Ende 2025 errichtet werden.

GZ: Ein derartiges Projekt umsetzen zu dürfen, ist doch eigentlich ein Traum, oder?

Krämmel: Ja klar. Wir freuen uns, mit BayernHeim einen starken und langfristigen Partner für diese wegweisende Quartiersentwicklung gefunden zu haben und mit dem Projekt ein Stück zur Entlastung des angespannten Wohnungsmarktes beitragen zu können.

Büchele: Auch wir sind sehr zufrieden. Das Projekt passt perfekt in unser Portfolio. Die Tatsache, dass Krämmel sowohl die Bau-, als auch die Planungsleistung selbst erbringt, schafft einen echten Mehrwert und reduziert Schnittstellen. Im engen Schulterschluss mit der Privatwirtschaft und der Kommune zeigen wir, dass wirtschaftliches Bauen mit hoher städtebaulicher Qualität auch im geförderten Wohnungsbau möglich ist.

GZ: Wie kam denn die Zusammenarbeit überhaupt zustande?

Krämmel: In der ersten Jahreshälfte 2021 haben wir den Markt auf der Suche nach einem Partner, der für diesen Wohnraum in Frage kommt, sondiert und sind dabei auf die BayernHeim gestoßen. Für uns war schnell klar, dass das auch der Wunschpartner ist. Neben der Planung sorgten wir dafür, dass das Projekt förderfähig ist, und setzten die entsprechenden Regularien in Abstimmung mit der Regierung von Oberbayern als zuständiger Förderstelle um. Das fertige Paket wurde dann der BayernHeim übergeben. Sie kaufte das Baufeld, einschließlich der Planungs- und Bauleistungen, und bekommt auch die Fördermittel.

GZ: Wie groß ist die Nachfrage?

Krämmel: Wir erhalten laufend Anfragen und freuen uns über lange Bewerberlisten. Offensichtlich kommt das Konzept sehr gut an. Wir sind zu 100 Prozent davon überzeugt, dass es auch mindestens das hält, was es jetzt verspricht.

GZ: Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit der Kommune?

Krämmel: Die Stadt Geretsried kann man an dieser Stelle nur loben. Ihre Entscheidungen zur Stadtentwicklung sind sehr zukunftsgerichtet. Man hat sehr früh erkannt, dass Bautätigkeit an Ort und Stelle initiiert werden muss, damit wohnungssuchende Menschen auch eine Perspektive haben und sich das Stadtgefüge weiterentwickeln kann. Umschichtungen ermöglichen das Entstehen neuer Räume und damit auch wieder Zuzug. Das ist ein Prozess, der über mehrere Jahre andauert.

Büchele: Gerade auch mit Blick auf den Fachkräftemangel muss für das Thema Wohnen eine Lösung gefunden werden. Nur so kann der Wirtschaftsstandort bestehen. Neue Gewerbeansiedlungen können hier neue Möglichkeiten eröffnen.

GZ: Suchen Sie aktiv andere Kommunen oder sind Sie gerade am Limit?

Büchele: Wir sind immer an der Zusammenarbeit mit weiteren Kommunen interessiert! Gerade durch unser Engagement auch im ländlichen Raum, wie zum Beispiel in Dinkelsbühl, werden zunehmend Kommunen auf uns aufmerksam und bekunden Interesse an einer Zusammenarbeit.
Wir stellen aber auch fest, dass die genannten Förderinstrumente manchen Kommunalverantwortlichen nicht bewusst sind und sie geförderten Wohnraum mit Sozialhilfeempfängern in Verbindung bringen. Dem ist aber bei weitem nicht so. Theoretisch haben immerhin 60 Prozent der Bevölkerung in Bayern einen Anspruch auf vergünstigte Wohnungen. Hier gilt es, Aufklärungsarbeit zu leisten.

GZ: Ihr Wunsch für die Zukunft?

Büchele: Mein Wunsch wäre, dass die neue Bundesregierung das Thema (Wohnungs-)Bau nicht ideologisch diskutiert, sondern objektiv und sachbezogen. Dies gilt sowohl für Förderinstrumentarien, aber auch für Standards im Bereich Effizienz, Ressourcen- und Energieschutz. Hier gilt es, Rahmenbedingungen zu schaffen, die am Ende auch den Wohnungsbau befeuern.

Krämmel: Ich sehe das ähnlich. Mir wäre es außerdem wichtig, die Fesseln der Bürokratie deutlich zu lockern. Denn veraltete, komplizierte und zu viele Vorschriften machen das Bauen mitunter zeitaufwändig, kompliziert und damit teuer.

DK

 

Visualisierung Banater Straße Geretsried. Bild: Krämmel Unternehmensgruppe by Beyonity
Visualisierung Banater Straße Geretsried. Bild: Krämmel Unternehmensgruppe by Beyonity

 

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