Interviews & Gesprächezurück

(GZ-10-2016)
Interview mit Dr. Christian Magerl und Otto Heinz
 
Dr. Christian Magerl und Otto Heinz:
 
Biotonnen für ganz Bayern!

Nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) des Bundes sind Kommunen seit dem 1.1.2015 deutschlandweit verpflichtet, Bioabfälle getrennt zu sammeln. Die Organisation dieser Sammlung ist in Bayern Aufgabe der Landkreise, die in der Regel Biotonnen bereitstellen. Doch machen dabei nicht alle mit – und werfen Bayern damit im bundesweiten Vergleich des erfassten Biomülls zurück, wie der Vorsitzende des Umweltausschusses im Bayerischen Landtag, Dr. Christian Magerl, und der Präsident des Verbandes der bayerischen Entsorgungsunternehmen (vbs) Otto Heinz, bei einem Hintergrundgespräch mit der Bayerischen GemeindeZeitung beanstandeten.

Bioabfälle sind nach der gesetzlichen Definition insbesondere Grünabfälle und Küchenabfälle als die wichtigsten Teilströme. Grundsätzlich müssen alle Bioabfall-Teilströme getrennt erfasst werden, ohne dass eine gegenseitige Anrechnung möglich ist. Grünabfälle werden bereits in allen entsorgungspflichtigen Körperschaften Bayerns getrennt erfasst. In einigen Körperschaften fehlt es allerdings noch an einer getrennten Erfassung der Küchenabfälle.

Kommunen in der Verantwortung

Durch Einrichtung einer Biotonne (Holsystem) oder durch dezentrale Sammelstellen (Bringsystem) können die Kommunen die Pflicht zur getrennten Erfassung erfüllen. Laut Bayerischem Landesamt für Umwelt sind für die Umsetzung der bundesgesetzlichen Vorgaben die für die Abfallentsorgung zuständigen Kommunen verantwortlich. Die Bezirksregierungen unterstützten die Kommunen und wirkten im Rahmen der Rechtsaufsicht über entsorgungspflichtige Körperschaften auf die Erfüllung der bundesgesetzlichen Verpflichtung der Kommunen hin.

Tatsache ist: Mülltrennung ist richtig und wichtig. Wie Magerl und Heinz betonten, könnten durch das Recycling von Abfällen Wertstoffe aller Art wiederverwendet werden, an Stelle auf Deponien zu verrotten oder in der Müllverbrennung zu verschwinden. Dies sei nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch sinnvoll und gelte auch für Biomüll, aus dem man zum Beispiel wertvollen Kompost gewinnen kann oder ihn zur Produktion von Biogas nutzt.

Wertvoller Beitrag zum Klimaschutz

Magerl zufolge liefert eine gut gefüllte Biotonne rund 36 Kilowattstunden Energie und leistet damit einen wertvollen Beitrag zum Klimaschutz: „Nutzen können wir den Bioabfall aber nur, wenn er nicht länger in der Verbrennung landet.“ Der Politiker wies zudem darauf hin, dass in Hessen 85 kg je Einwohner und Jahr über die Biotonne erfasst werden, während dieser Wert in Bayern nur bei 55 kg liegt. Ein wesentlicher Grund hierfür sei die nahezu flächendeckende Einführung der Biotonne in Hessen.

Kern des Problems ist nach Darstellung von Magerl und Heinz, dass die bestehende Verpflichtung, Bioabfälle getrennt zu erfassen, oft nicht konsequent umgesetzt bzw. gezielt umgangen wird. Wenn einzelne Landkreise verlangten, dass die Bürger ihren Bioabfall zu zentralen Sammelpunkten bringen, sei dies nichts anderes als der Versuch, die geltende Gesetzeslage zu umgehen.

Kaum jemand bringe seinen riechenden Biomüll zum Wertstoffhof, was oft dazu führe, dass dieser im Hausmüll landet. Die Folge: Der Hausmüll geht direkt in die kommunale Müllverbrennung. Das sorge zwar für eine hohe Auslastung der Anlagen, entziehe dem Rohstoffkreislauf aber seine Grundlage. „Wir appellieren deshalb an die Verantwortlichen, das Kreislaufwirtschaftsgesetz im Sinne des Klima- und Ressourcenschutzes endlich ernst zu nehmen und jedem Bürger in Bayern den direkten Zugang zu einer Biotonne zu ermöglichen“, so die GZ-Gesprächspartner.

Altöttinger Sichtweise

Zu den entsorgungspflichtigen Körperschaften, in denen bislang noch kein System zur umfassenden Getrenntsammlung von Bioabfällen eingerichtet ist, zählt der Landkreis Altötting. „Nur über seine Leiche“ werde dort die Biotonne eingeführt, hatte Landrat Erwin Schneider erklärt und meinte damit auch jede andere Form der Sammlung.

Verwiesen wird im Landkreis unter anderem auf ein Gutachten, wonach dort bereits 85 Prozent des organischen Abfalls erfasst werden. Den weitaus größten Anteil kompostieren die Bürger in ihren Gärten selbst, ein kleinerer Teil wird in die Grüngut-Sammelstellen gebracht. Die restlichen 15 Prozent aus dem Hausmüll einzusammeln und zu einer Kompostierungsanlage oder zu einer Vergärungsanlage zu fahren, um daraus Biogas zu gewinnen, ist laut Gutachten für die Umwelt ein Nullsummenspiel und angesichts von Mehrkosten von etwa einer Million Euro für den Kreis und damit die Gebührenzahler ökonomisch unsinnig.

Der Eigenkompostierung sind Grenzen gesetzt

Nach Auffassung des vbs sind der Eigenkompostierung allerdings Grenzen gesetzt, weil sich nicht alle Garten- und Küchenabfälle gleichermaßen eignen. Häufig sei die zur Verfügung stehende Gartenfläche zu klein, um den anfallenden Kompost sinnvoll, fachgerecht und ohne Beeinträchtigung der Umwelt zu verwerten. Problematische Materialien wie Speiseabfälle, Kleintiermist und -streu sowie feuchte Grünabfälle sollten unter anderem aus hygienischen Gründen (Krankheitserreger, Ratten) sowieso nicht im eigenen Garten, sondern in technischen Anlagen verwertet werden.

Wie Heinz und Magerl deutlich machten, sei die ökologische Sinnhaftigkeit der Bioabfallsammlung und -verwertung nahezu unumstritten und ökonomisch landkreisübergreifend weitgehend akzeptiert. Jetzt sei die Aufsichtsbehörde, sprich das bayerische Umweltministerium gefordert, „mit mehr oder minder sanftem Druck darauf hinzuwirken, dass bestehendes Recht und Gesetz auch umgesetzt werden“.

Laut Magerl können sich die Kommunen in ihren Gremien individuell mit der Thematik Bioabfall auseinandersetzen. Am Landratsamt gebe es entsprechende Abteilungen, die auch Ausschreibungen übernehmen könnten. Die gesamte Palette an Möglichkeiten stehe hier zur Verfügung.

Die zahlreichen Mitglieder des vbs stehen laut Präsident Heinz „Gewehr bei Fuß, Dienstleistungen rund um das Sammeln, Recyceln und Verwerten durchzuführen“. Die Wurzer Umwelt GmbH in Eitting (Landkreis Erding) beispielsweise verfolgt als Ziel die  Gewinnung von hochwertigem Kompost. Ein Weg führt über die hochmoderne Vergärungsanlage mit vollautomatischer Prozess-Steuerung. Jährlich werden hier ca. 28.000 Tonnen Bioabfall aus einem Einzugsgebiet von über 500.000 Einwohnern verarbeitet, was nicht unerheblich zur Reduzierung von CO2-Emissionen beiträgt.

Recyceln und verwerten

Die HÖGL Kompost- und Recycling-GmbH in Volkenschwand (Landkreis Kelheim) erzeugt ihrerseits aus den organischen Abfällen Energie und organischen Dünger: Die erzeugte elektrische Energie wird ins öffentliche Netz eingespeist. Die Wärmeenergie wird für die Hygienisierung der Abfälle verwendet. Aus den Gärprodukten gewinnt man hochwertigen Dünger, der zur organischen Düngung in den Hopfengärten und Feldern genutzt wird.

Insgesamt werden ca. 90 Prozent der Sortier- und Aufbereitungsanlagen in Deutschland von der privaten Entsorgungswirtschaft betrieben, während sich fast alle Müllverbrennungsanlagen in kommunalem Eigentum befinden.

DK

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