Interviews & Gesprächezurück

(GZ-8-2020)
 

► Gespräch mit Peter Aicher, Präsident des Landesinnungsverbands des Bayerischen Zimmererverbands:

 

„Innungsbetriebe sind solide geführt und vertrauenswürdig“

„Nach der Wahl ist vor der Wahl!“

Früher war das Handwerk in Zünften organisiert, heute sind viele Handwerksbetriebe freiwillig Mitglied in ihrer lokalen Innung. Was das bedeutet, erläuterte Peter Aicher, Präsident des Landesinnungsverbands des Bayerischen Zimmererverbands, im Gespräch mit der Bayerischen GemeindeZeitung.

GZ: Herr Aicher, warum sollten Kommunen ihre Aufträge vornehmlich an Innungsbetriebe vergeben?

Aicher: Gemeinden und Innungen sind sozusagen „natürliche Kooperationspartner“, denn Innungen erstrecken sich in der Regel über das gleiche Gebiet wie der Landkreis. Innungsbetriebe sind lokale Akteure, die einen starken Bezug zu ihrer Heimat haben, oft alteingesessene Familienbetriebe. Die leben von ihrem guten Ruf und streben nicht schnellen Profit an.

Innungsbetriebe sind solide geführt und vertrauenswürdig, ein wichtiger Teil der regionalen Wirtschaft. Gute persönliche Beziehungen und Vertrauen sind gerade bei Bauaufträgen, wo es ja immer um relativ viel Geld geht, enorm wichtig. Gemeinden sind ja auch durch das Vergaberecht verpflichtet, nicht den billigsten Anbieter zu nehmen, sondern den mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis.

GZ: Welche Nachteile drohen bei Billiganbietern?

Aicher: Da ist das Risiko von Pfusch hoch. Zudem ist fraglich, ob es den Billiganbieter in naher Zukunft überhaupt noch gibt. Wenn nicht, dann bleibt der Bauherr auf den Kosten für die Behebung eines Mangels oder Schadens sitzen.

GZ: Sind Innungsbetriebe kompetenter?

Aicher: Die freiwillige Mitgliedschaft in der Innung ist schon ein Zeichen dafür, dass der regelmäßige Austausch mit Kollegen sowie die fachliche Unterstützung durch unsere Dachorganisation, den Landesinnungsverband des Bayerischen Zimmererhandwerks, gesucht und geschätzt wird.

Durch die Mitgliedschaft ist gewährleistet, dass der Betrieb regelmäßig mit allen für ihn und sein Handwerk relevanten Informationen – z.B. über neue Fachregeln, Verordnungen und Gesetze – versorgt wird. Wenn eine Frage auftaucht, kann er sich beim Landesinnungsverband schnell und kompetent eine Antwort holen. Somit ist er in der Lage, sich auf seine handwerkliche Tätigkeit zu konzentrieren und diese kompetent und dem aktuellen Stand der Technik entsprechend auszuführen.

GZ: Wie erkennen Gemeinden Innungsbetriebe?

Aicher: Am besten auf der jeweiligen Innungswebsite. In der Regel heißt die „www.zimmerer-“ und dann der Ort, der Landkreis oder die Region. Am besten bei Google die Suchbegriffe „Zimmerer“ und den Namen des Landkreises eingeben. Oder auf die Website www.zimmerer-bayern.de gehen und dort über den Menüpunkt „Über uns“ den Untermenüpunkt „Innungen/Fachgruppen“ aufrufen. Auf den Innungswebsites sind unter dem Hauptmenüpunkt „Betriebe“ alle Innungsbetriebe mit ihrer Adresse und ihren Kontaktdaten aufgelistet.

GZ: Wie geht’s denn dem Zimmererhandwerk momentan?

Aicher: Sehr gut. Aktuell tut sich ja auch auf politischer Ebene einiges. Das enorme Klimaschutzpotenzial von Bauen mit Holz wurde erkannt und wird nun auch gewürdigt. Ende 2019 verabschiedete die Bayerische Staatsregierung ihre Klimaschutz-Offensive, in deren 10-Punkte-Plan der neunte Punkt „Mehr Holzbau“ lautet.

Staatsministerin Michaela Kaniber hat deshalb im Februar 2020 den Runden Tisch „Klimaschutz durch Bauen mit Holz“ einberufen. Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Verbänden sollen ein Konzept erarbeiten, mit dem sich Bayern beim Bauen mit Holz eine Spitzenstellung erobern kann. Bei der Umsetzung kommt natürlich den Kommunen eine entscheidende Rolle zu.

GZ: Für welche kommunalen Bauaufgaben eignet sich denn die Holzbauweise?

Aicher: Prinzipiell können so gut wie alle Bauaufgaben in Holzbauweise ausgeführt werden – von der energetischen Sanierung bis hin zum Neubau. Besonders beliebt ist die Holzbauweise allerdings bei Kindertagesstätten und Schulen.

Dafür gibt es mehrere Gründe: Zum einen sollten sich bei Anbauten oder Aufstockungen die Rohbauarbeiten auf die Wochen in den Ferien beschränken – und das kann die Holzbauweise durch ihren hohen Vorfertigungsgrad und kurze Montagezeiten leisten. Zum anderen haben sichtbare Holzoberflächen auf die Kinder eine wohltuende Wirkung.

Gerade in Kindertagesstätten und Grundschulen wird die Wärme und Lebendigkeit, die Holz ausstrahlt, geschätzt. Medizinische Forschungen haben aber gezeigt, dass Holz auch auf Jugendliche eine positive Wirkung hat: Sie sind weniger aggressiv, entspannter, konzentrierter und auch gesünder.

Holz hat stressmindernde Eigenschaften. Das ist auch außerhalb von Kindertagesstätten und Schulen von Vorteil, denn unsere Arbeitswelt wird ja immer stressiger. Da braucht es einen Ausgleich.

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