Interviews & Gesprächezurück

(GZ-15/16-2017)
gz interview mit dr franz wirnhier
 
Dr. Franz Wirnhier, Vorstandsvorsitzender der LBS Bayern
 
Wohnungspolitische Schwerpunkte zur Bundestagswahl
 

GZ: Die Wohnungspolitik zählt zu den zentralen Themen im Bundestagswahlkampf. Welche Rolle spielt dabei Wohneigentum?

Wirnhier: Die Förderung der Wohneigentumsbildung hat in den Wahlprogrammen der beiden Volksparteien einen hohen Stellenwert. Das ist erfreulich, denn wir brauchen hier neue Impulse. Wir wissen aus Studien, dass ein Großteil der Mieter lieber in einem eigenen Haus oder einer eigenen Wohnung leben würde. Darüber hinaus hat Wohneigentum eine sehr wichtige gesellschaftliche Funktion: Es stabilisiert die Altersvorsorge. Wer eine eigene Immobilie finanziert, diszipliniert sich mehr zum Sparen und verzichtet in den Anfangsjahren auf manche Konsumausgaben, die später, wenn das Eigenheim abbezahlt ist, nachgeholt werden können. Im Alter profitieren Eigentümer von der ersparten Miete. Das bringt Monat für Monat eine starke Entlastung.

GZ: Kann man denn mit mehr Wohneigentum der Wohnungsknappheit in vielen Städten begegnen?

Wirnhier: Bei jedem neuen Eigenheim entstehen Sickereffekte, die auch die Situation von Mietern verbessern. Denn wer in ein Eigenheim zieht, kommt meist aus einer kleineren gemieteten Wohnung. Diese wird frei für jüngere Haushalte mit niedrigeren Einkommen, die wiederum eine kleinere Wohnung zum Beispiel für Singles und Berufseinsteiger frei machen. Eine Studie des Forschungsinstituts Empirica hat ergeben: Ein neues Eigenheim verbessert die Wohnsituation von mehr als drei Haushalten.

GZ: Was sollte denn der Staat tun, um die Eigentumsquote spürbar zu erhöhen?

Wirnhier: Nach der Bundestagswahl sollte die künftige Regierung das Ziel ausgeben, die Wohneigentumsquote in Deutschland bis 2030 auf über 60 Prozent zu bringen. So viele Mieter wie möglich zu Wohneigentümern machen – das wäre ein lohnenswertes politisches Projekt. Mit spürbaren Verbesserungen der Sparförderung, mit kräftigen Eigenkapitalhilfen und Entlastungen beim Erwerb von Wohneigentum hätte der Staat wirksame Hebel. Die öffentlichen Besitzer größerer Wohnungsbestände sollten systematisch dazu gebracht werden, Wohnungen an ihre Mieter zu verkaufen. Dann könnten wir einen Quantensprung schaffen, nachdem die Wohneigentumsquote seit vielen Jahren bei etwa 45 Prozent herumdümpelt.

GZ: Ein Förderinstrument gibt es schon seit Jahrzehnten: die Wohnungsbauprämie. Kann dieser kleine Sparbonus heute noch etwas bewirken?

Wirnhier: Die Wohnungsbauprämie ist grundsätzlich hocheffizient, weil sie Menschen frühzeitig zum Sparen für Wohneigentum motiviert. Das ist gerade heute von eminenter Bedeutung, weil es auf Sparanlagen kaum noch Zinsen gibt, während die Mieten weiter steigen. Da ist es fatal, dass die Förderbedingungen für die Wohnungsbauprämie seit über 20 Jahren nicht mehr an die Entwicklung von Preisen und Einkommen angepasst wurden. Die Folge: Viele Bürger sind aus der Förderung herausgewachsen, teilweise haben nicht einmal mehr Berufsanfänger einen Anspruch. Die vielerorts stark gestiegenen Immobilienpreise und strenge gesetzliche Anforderungen an die Kreditvergabe erhöhen jedoch die Bedeutung eines frühzeitigen Eigenkapitalaufbaus.

Deshalb halten wir es für dringend erforderlich, die Einkommensgrenze bei der Wohnungsbauprämie auf mindestens 30.000 Euro für Alleinstehende und 60.000 Euro für Verheiratete anzuheben und die maximal geförderte Sparleistung auf 1.000 beziehungsweise 2.000 Euro zu erhöhen, bei einem einheitlichen Fördersatz von 10 Prozent. Analog sollten die Förderbedingungen für die Arbeitnehmer-Sparzulage angepasst werden.

GZ: Es gibt auch noch die Wohnriester-Förderung. Was kann sie beitragen?

Wirnhier: Wohnriester ist sehr wirksam. Bei einer Immobilienfinanzierung ermöglicht Riester-Bausparen Vorteile von mehreren zehntausend Euro. Es ist erfreulich, dass die Grundzulage bei der Riester-Förderung ab 2018 von 154 auf 175 Euro ansteigt. Damit wird auch Wohnriester noch attraktiver. Angesichts der niedrigen Kapitalmarktzinsen ist jedoch vor allem eine Senkung oder Abschaffung des Rechnungszinses von zwei Prozent beim Wohnförderkonto nötig, das zur Ermittlung der nachgelagerten Besteuerung im Ruhestand die geförderten Spar- und Tilgungsbeiträge erfasst. Die damit verbundene erhebliche Vereinfachung würde eine deutliche Kostensenkung für Wohnriester-Kunden bedeuten und einen Kritikpunkt an der Riester-Rente entkräften.

GZ: Sie haben auch immer wieder staatliche Impulse für die energetische Sanierung des Wohnungsbestandes angemahnt. Bislang wird hier vor allem auf KfW-Programme gesetzt. Reicht das?

Wirnhier: Definitiv: Nein! Bei den derzeit niedrigen Energiekosten sind die bestehenden staatlichen Anreize zu gering. Neben den KfW-Förderprogrammen muss es auch steuerliche Anreize geben. Rund zwei Drittel der Selbstnutzer und der privaten Vermieter stehen heute noch im Arbeitsleben. Für sie sind verbesserte steuerliche Rahmenbedingungen ein starkes Sanierungsmotiv. Die Energiewende in Deutschland ist nur mit höheren Investitionen in den Gebäudebestand zu schaffen. Das muss der Staat viel energischer ankurbeln.

GZ: Herr Dr. Wirnhier, vielen Dank für das Interview.

Unser Interviewpartner Dr. Franz Wirnhier ist der Vorsitzende des Vorstandes der Bayerischen Landesbausparkasse.

RED

 

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