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(GZ-11-2017)
Neues von Sabrina
 
Make our planet great again – egal in welcher Sprache!

Gestern hat mein Chef gesagt...

„Der französische Präsident spricht Englisch. Öffentlich! Der macht aber wirklich alles anders als seine Vorgänger.“ Mein Chef, der Bürgermeister, kann sich manchmal in kleine Meldungen verbeißen, die unsereinem kaum auffallen.

Aber richtig: Emmanuel Macron hat auf die Ankündigung Präsident Trumps, das Pariser Klimaabkommen zu kündigen, mit dem englisch gesprochenen Satz „Make our planet great again“ reagiert und mit dieser Persiflage auf „Make America great again“ nicht nur einen rhetorischen Volltreffer gelandet, sondern auch ein Tabu der Fünften Republik gebrochen. Bisher sprach seit de Gaulle, der den Angelsachsen zutiefst misstraute, kein französischer Präsident bei offiziellen Anlässen ungestraft eine andere Sprache als die Voltaires, Baudelaires und Goscinnys. Im Gegenteil, Frankreich ist die Hochburg im Kampf gegen Anglizismen aller Art und unbegrenzt erfindungsreich, wenn es darum geht, Entsprechungen für englische Ausdrücke zu erfinden. Legendär die Übersetzung des Schiffstyps Tanker mit Bâteau-citerne, des Computers mit ordinateur oder des Web mit réseau.

Hat die Globalisierung jetzt auch Frankreich fest im Griff, die sich nach einer sehr klugen Bemerkung von Wolfgang Schäuble ja nicht zuletzt durch das Ausbreiten von BSE (Bad Simple English) auszeichnet? Oder sieht man mittlerweile auch jenseits des Rheins die Kenntnis und den Gebrauch von Fremdsprachen entspannter? Schließlich haben sich eine ganze Reihe der neuen Minister beeilt, auf ihre Deutschkenntnisse hinzuweisen und während die alte Regierung in Paris den Deutschunterricht in den Schulen noch als Elitenprojekt sah, will die neue Deutsch als Unterrichtsfach wieder stärken. Schon deshalb wünsche ich den Macronisten am Sonntag alles Gute für die Wahl.

Mein Chef liebt ja Sprachen. Mit seinen Leistungskursen in Englisch und Französisch erfüllt er auch die Idealvorstellung der Europäischen Union, wonach jeder EU-Bürger neben seiner Muttersprache noch zwei weitere Sprachen beherrschen sollte. Wobei das mit dem Beherrschen natürlich ein weites Feld ist. Beherrsche ich Italienisch, nur weil ich mir bei mindestens zwei Aufenthalten pro Jahr seit meinem 14. Lebensjahr alle für vivere und soppravvivere notwendigen Vokabeln beigebracht habe, ohne Rücksicht auf Grammatik und Orthographie? Die Leute kapieren, was ich von ihnen will und ich kapiere, was sie von mir wollen und das ganz locker und freundschaftlich. Sprache dient ja in erster Linie der Verständigung zwischen den Menschen – und wenn die klappt, ist es gut.

Was ich sehr bedaure ist, dass bei uns so wenig ost- und ostmitteleuropäische Sprachen gelernt werden. Dabei ist Deutsch nach Englisch östlich der Oder und des Bayerwaldes die beliebteste Fremdsprache überhaupt. Warum bemühen wir uns so wenig, mit unseren Nachbarn im Osten und Südosten genauso ins Gespräch kommen zu können, wie mit Franzosen, Italienern oder Spaniern? Weil die Sprachen schwieriger sind? Möglich. Ich hab mal einen Polnisch-Kurs bei der Volkshochschule belegt und bin gescheitert. In erster Linie natürlich wegen mangelnder Lerndisziplin, aber sicherlich auch, weil man keine Bezüge zu aus der Schulzeit bekannten Sprachen ziehen kann. Eigentlich schade.

Mein Chef, der Bürgermeister, wollte mal Russisch lernen, ist aber über das kyrillische Alphabet nicht recht rausgekommen. Irgendwie fehlte dann die Motivation. Die könnte jetzt wieder wie ein kleines Pflänzchen aufscheinen, denn bei einer Moskau-Reise hat er bemerkt, wie nützlich es trotz fehlender Sprachkenntnisse war, zumindest die Straßenschilder lesen zu können. Ja Reisen bildet und motiviert! Vielleicht sollte ich auch mal nach Bulgarien, Kroatien oder Polen reisen, um auf den Sprach-Geschmack zu kommen? Wie sehr wir aber trotz aller Sprachenvielfalt doch immer an unserer Muttersprache hängen werden, zeigt ein kleiner Satz der Schriftstellerin Herta Müller: „Sprache ist keine Heimat, man nimmt seine Sprache ja mit in ein anderes Land“.

Ihre Sabrina

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