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(GZ-7-2020)
Neues von Sabrina
 

Vom Zwang, Gewohnheiten zu ändern

Gestern hat mein Chef gesagt...

Auch wenn der Job eines Kommunalpolitikers zu einem Großteil aus persönlichen Begegnungen besteht, so stellt auch der wiedergewählte Bürgermeister seine Gewohnheiten um: „Jeder der von zuhause aus arbeiten kann, soll das auch machen.“ Für die Vorzimmerperle ergeben sich daraus drei Probleme.

„Unglaublich, wie sich unser Leben gewandelt hat. Wie leicht es ist, sich auf eine neue Arbeitswelt umzustellen und wie schwer es ist, auf alltägliche Begegnungen zu verzichten. Nichts ersetzt den Ratsch am Kaffeeautomaten im Büro!“ Mein Chef, der Bürgermeister, meldet sich regelmäßig per Video oder Telefonkonferenz bei uns.

Er musste sich nicht in Quarantäne begeben, aber er hat die Devise ausgegeben, dass jeder, der von zuhause aus arbeiten kann, dies auch machen soll. So vermeidet man nicht nur den Kontakt im Büro, sondern auch in Bussen und Bahnen. Deshalb werden die Geschicke der Stadt derzeit aus den Wohnzimmern, Küchen, improvisierten Arbeitszimmern in Fluren und Kellern des Bürgermeisters, der Amtsleiter und eigentlich der Mehrzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gelenkt. Denn Publikumsverkehr haben wir ja so gut wie keinen mehr. Und Stadtratssitzungen sollten eh keine mehr bis zur Konstituierung des neuen Stadtrates stattfinden.

Man merkt allerdings schon, dass der Job eines Kommunalpolitikers zu einem Großteil aus Kommunikation besteht, die ja jetzt in Zeiten der Corona nicht wie üblich stattfinden kann. Keine Bürgersprechstunde, keine Ortsbesichtigungen, keine Gremiensitzungen – der Terminkalender des Bürgermeisters ist wie leergefegt. Dafür immer mehr Telefontermine, Videochats und umfangreiches E-Mail-Ping-Pong, wenn es nicht gelingt, mit dem benötigten Gesprächspartner auf andere Weise in Kontakt zu kommen.

Wider Erwarten sind sowohl die häuslichen WLAN-Verbindungen als auch die mobilen Daten bisher noch nicht zusammengebrochen und halten dem Ansturm der vielen zu übertragenden Gespräche ebenso Stand wie den gefühlt Millionen von Memos, Videoclips, Audiobotschaften und was noch alles, das die Leute aus der Isolation über Messenger- oder andere soziale Netzwerke in die Community schicken.

Eigentlich gibt es beim ganzen Homeoffice nur drei Probleme. Erstens der Mangel an Bewegung. Man sitzt ja andauernd vor dem Bildschirm, hackt auf seine Tastatur ein oder telefoniert. Kein kurzer Abstecher zum Kollegen, um ihm was zu bringen oder etwas abzuholen, kein Außentermin, kein schnelles Treffen mit einer Freundin in der Mittagspause. Stattdessen reduziert sich das Leben auf die Wege vom Arbeitsplatz zur Küche oder mal kurz vor die Tür zum einsamen Luftschnappen.

Das bringt uns zum zweiten Problem:

Gewichtszunahme. Der Kühlschrank ist ja voll und erreichbar. Der Trick, in die Arbeit einfach keine Schokolade oder Chips mitzunehmen, funktioniert zuhause nicht, weil beides ja zum Fernsehabend oder zur Bestechung der Kinder im Hause sein muss. Und weil mir kochen nach dem Homeoffice genauso auf den Wecker geht wie nach einem stressigen Tag im Rathaus, gibts abends was Geliefertes, statt mittags ein Schüsselchen von der Salatbar der Kantine.

Und dann Problem Nummer drei: Partner und Kinder. Sowohl die Arbeitswelt, also auch die Schule wurden ja geschaffen, damit Menschen, die sich lieben, zwischen fünf und zehn Stunden an fünf Tagen der Woche sich nicht auf der Naht liegen. Ist dies nicht mehr gegeben, gibt es Reibereien. Kinder kann man noch mit Lernen dahoam etwas ablenken. Der Bayerische Rundfunk hat mit seinem Bildungsprogramm in diesen Tagen einen Verdienstorden und höhere Gebührenanteile ohne Gemecker verdient. Youtube macht nicht nur dumm, sondern kann auch schlau machen, wenn man richtig suchen kann und mebis hilft dabei, den Kindern Alltagsgeschichte nahezubringen. Wer seinen Kindern erklären will, wie lange es früher gedauert hat, bis man sich mittels Modem ins Internet eingewählt hat, wie lange Seiten gebraucht haben, um sich aufzubauen und wie oft Windows früher aus heiterem Himmel abgestürzt ist, der setzt die Kids einfach vor mebis.

Mein Chef, der Bürgermeister, ist schon weiter. Er hofft auf eine Rückkehr ins Büro nach Ostern. Natürlich mit Schutzmaske. Dann heißt es wohl mit dem Schriftsteller Otto Erich Hartleben: „An der Maske, die wir uns vorbinden, erkennt man uns“. 

Allen, die die Stichwahl am Sonntag siegreich überstanden haben, gratuliere ich herzlich.

Ihre Sabrina

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