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(GZ-21-2017)
GZ Interview mit LDBV Präsident Wolfgang Bauer
 

► GZ-Interview mit LDBV-Präsident Wolfgang Bauer:

 

Kommunen als Profiteure

Seit gut einem halben Jahr haben die 1.080 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landesamtes für Digitalisierung, Breitband und Vermessung in München einen neuen Chef: Wolfgang Bauer. Seit 2008 leitete der studierte Vermessungsingenieur verschiedene IT-Referate im Bayerischen Finanzministerium – zuletzt war der gebürtige Passauer (Jahrgang 1970) für die IT-Strategie, IT-Sicherheit und IT-Infrastruktur verantwortlich. Über das umfangreiche Aufgaben- und Leistungsspektrum des LDBV und den Mehrwert für Kommunen informierte Präsident Wolfgang Bauer im Gespräch mit GZ-Chefredakteurin Anne-Marie von Hassel.

Oberste Dienstbehörde der Bayerischen Vermessungsverwal-tung (BVV) ist das Bayerische Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat. Dort ist die BVV in der Abteilung VII (Digitalisierung, Breitband und Vermessung) angesiedelt. Als Mittelbehörde fungiert das LDBV, dem das Breitbandzentrum Amberg sowie das IT-Dienstleistungszentrum des Freistaats Bayern angehören. Außenstellen des Landesamtes befinden sich in Nürnberg, Schwabach, Neustadt a. d. Aisch, Amberg, Regensburg, Straubing, Landshut, Fürth und Augsburg.

Aufsichtsbehörde über bayernweit 51 Ämter

Das LDBV ist Aufsichtsbehörde über bayernweit 51 Ämter für Digitalisierung, Breitband und Vermessung mit ihren 22 Außenstellen, die für die Grundstücksvermessungen sowie den Ausbau des schnellen Internets zuständig sind. Die Ämter dienen als Ansprechpartner für die Kommunen vor Ort.

Mit seiner 200-jährigen Tradition versteht sich das LDBV Wolfgang Bauer zufolge als Dienstleister für Bayerns Bürgerinnen und Bürger. Auch trage die Vermessungsverwaltung entscheidend zur Behördenverlagerung bei.

Zentraler IT-Dienstleister für die staatliche Verwaltung

Nach der erfolgreichen Inbetriebnahme der Dienststellen in Windischeschenbach (Bereich „Digitale Landkarten Bayern“) und Marktredwitz („Servicezentrum BayernServer“) im vergangenen Jahr ist seit 1. Juli 2017 nun auch die „Geo-Datenbank Bayern“ in Waldsassen in Betrieb. Weitere Standorte sind in Hof („Geodatenproduktion“), Neustadt a. d. Aisch („Landesluftbildarchiv mit Ausstellung“) und Freyung („Staats- und Landesgrenzen Bayern“) geplant.

Als zentraler IT-Dienstleister für die staatliche Verwaltung und die Gerichte fungiert das bereits erwähnte IT-Dienstleistungszentrum des Freistaats Bayern. Konkret hat das BSI-zertifizierte IT-DLZ mit 420 Kolleginnen und Kollegen an sieben Standorten die Aufgabe, leistungsfähige und zukunftsorientierte E-Government-Anwendungen und zentrale Infrastrukturen für den Betrieb von IT-Systemen zur Verfügung zu stellen. Betrieben werden u.a. eine zentrale Plattform, die behördenübergreifend mehr als 66.000 E-Mail-Postfächer für die staatlichen Dienststellen im Bayerischen Behördennetz bereitstellt, sowie mehr als 5.400 physikalische und virtuelle Server.

Zentrale Informationsquelle BayernPortal

Eine zentrale Informationsquelle zu allen Verwaltungsleistungen, Behörden und vielen staatlichen und kommunalen Onlinediensten ist das BayernPortal. Für Kommunen besteht die Möglichkeit, über die BayernID, einer Art Bürgerkonto, und E-Payment online vorhandene Verwaltungsleistungen betriebskostenfrei für die Bürgerinnen und Bürger anzubieten. Über 800 Kommunen gehören mittlerweile dem Portal an, das monatlich ca. 250.000 Besucher und zudem über 50.000 Bürgerkonten verzeichnet. Für den LDBV-Chef ist dies nach eineinhalb Jahren Laufzeit „eine erstaunliche Entwicklung und ein schöner Erfolg“.

Als offene Zentren für digitale Wissensbildung verstehen sich wiederum die BayernLabs. Sie sind Schaufenster für digitale Innovationen und bieten modernste Technik zum Anfassen und Ausprobieren – kostenfrei und für jedermann. Dabei ist das BayernLab nicht bloßer Ausstellungsort; neueste Trends und Anwendungen wie Mini-Holodecks oder 3D-Drucker werden im Echtbetrieb gezeigt. In Workshops und Vorträgen können darüber hinaus theoretische Kenntnisse erworben und praktische Erfahrungen gesammelt werden. Für Kommunen und Behörden sind Bauer zufolge die IT-Labore interessant, um etwa zu erfahren, wie Verwaltungsvorgänge auf die elektronische Ebene gehoben werden können. Gerade auch für Kommunen ist das Schulungsthema „Sicherheit“ aus Bauers Sicht „gut vorstellbar“.

Fünf weitere BayernLabs im ländlichen Raum

BayernLabs befinden sich aktuell in Bad Neustadt a. d. Saale, Traunstein und Wunsiedel. Weitere Standorte werden bis Ende 2018 in Eichstätt, Kaufbeuren, Nabburg, Neustadt a. d. Aisch und Vilshofen eingerichtet. Laut Masterplan BAYERN DIGITAL II sollen in der nächsten Legislaturperiode fünf weitere Bayern-Labs im ländlichen Raum entstehen. Laut Bauer wurde eine Zielvereinbarung definiert, wonach die BayernLabs auch aktiv auf die Kommunen zugehen und über ihr Angebot informieren sollen.

Aufgabenschwerpunkt Breitband

Mit Blick auf den weiteren Aufgabenschwerpunkt Breitband verwies der LDBV-Leiter darauf, dass bayernweit bereits 97 Prozent aller Kommunen in das bayerische Förderverfahren eingestiegen seien. Allein bei den bisher im Ausbau befindlichen Projekten wurden 28.000 Kilometer Glasfaserleitungen verlegt. Damit könnten künftig über 615.000 Haushalte mit schnellem Internet versorgt werden, vor allem im ländlichen Raum. 58.000 Haushalte erhielten einen Glasfaseranschluss bis in die Gebäude.

400 Mio. Euro für den Höfebonus

Zum 1. Juli 2017 startete der sog. Höfebonus – ein Programm, mit dem vor allem dünn besiedelte Flecken Bayerns mit schnellem Internet erschlossen werden sollen. Für den „Höfebonus“ werden bayernweit rund 400 Mio. Euro Fördermittel zur Verfügung stehen. Die bisherigen individuellen Förderhöchstbeträge der Kommunen werden verdoppelt, der Fördersatz wird auf 80 Prozent angehoben. Kommunen mit einem bereits erhöhten Fördersatz von 90 Prozent behalten diesen. Damit können künftig auch kleine Weiler und Einzelgehöfte an das Glasfasernetz angeschlossen werden.

Ein besonderer Fokus beim „Höfebonus“ liegt auf einem hohen Anteil direkter Glasfaseranschlüsse in die Gebäude (FTTB). Projekte, die davon profitieren sollen, müssen mindestens 80 Prozent der Gebäude mit Glasfaser erschließen. Diese Infrastruktur ermöglicht Bandbreiten im Gigabit-Bereich.

Neue „Gigabit-Initiative Bayern“

Wie Wolfgang Bauer berichtete, will der Freistaat mit der neuen „Gigabit-Initiative Bayern“ eine pilothafte „Gigabit-Förderung“ in ausgewählten Gewerbegebieten angehen. Unternehmen benötigten jetzt schon direkte Glasfaseranschlüsse und höhere Bandbreiten als 30 Mbit/s, damit sie im globalen Wettbewerb nicht den Anschluss verlieren. Nach EU-Vorgaben sei allerdings eine Förderung bisher nicht zulässig, wenn ein Gebiet bereits mit 30 Mbit/s erschlossen ist, weil diese Geschwindigkeit laut EU als „schnelles Internet“ gilt. Daher soll in Gesprächen mit der EU-Kommission das weitere Vorgehen hin zu einer Gigabit-Förderung in Bayern abgestimmt werden. Bis dahin sei ein bayerisches Pilotprojekt mit den Pilotgemeinden Ebersberg, Hutthurm, Kammerstein, Neutraubling, Kulmbach und Kleinostheim in Planung.

Eigenes WLAN-Netz

Bayern wird das erste Bundesland mit einem eigenen WLAN-Netz. „Bis zum Jahr 2020 werden an die 20.000 Hotspots im BayernWLAN kostenfrei zur Verfügung stehen“, betonte der LDBV-Präsident. Aktuell seien es bereits über 9.600. 20.000 weitere Hotspots sollen an den bayerischen Schulen entstehen. Die notwendige Koordination dieses Aufbaus und des anschließenden Betriebs übernehme das BayernWLAN Zentrum Straubing.

Interessante Dienstleistungen im Bereich Vermessung

Auch der Bereich Vermessung wartet nach Bauers Angaben mit interessanten Dienstleistungen und Produkten auf. Jährlich werden im Zuge der Katastervermessung 35.000 Grundstücksvermessungen und 60.000 Gebäudevermessungen in ganz Bayern vorgenommen. Die fachliche Grundlage für Inhalt und Aufbau des Liegenschaftskatasters liefert das bundeseinheitliche Datenmodell ALKIS. Darin wurden die bisher getrennt vorgehaltenen Liegenschaftskatasterdaten der Digitalen Flurkarte und des Automatisierten Liegenschaftsbuchs in einem System zusammengeführt und um neue Datenbestände, wie die Tatsächliche Nutzung, die Bodenschätzung oder 3D-Gebäudedaten ergänzt. Davon profitierten auch die Kommunen.

Systematische Bayernbefliegung

Aufgrund ihrer hohen Informationsdichte sind Luftbilder eine wertvolle Quelle zur Planung, Dokumentation und Erforschung unseres Lebensraums. Deshalb führt das Landesamt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung bereits seit 30 Jahren die systematische Bayernbefliegung durch. Seit 2017 wird im Zwei-Jahres-Zyklus jeweils die Hälfte von Bayern, abgegrenzt nach Planungsregionen, beflogen. Seit 2009 wird die Bayernbefliegung digital mit einer Bodenpixelgröße von 20 cm durchgeführt.

Für Kommunen interessant ist das digitale Landschaftsmodell 1:25.000, weil es nach Bauers Worten „die tatsächliche Nutzung der Erdoberfläche nach Siedlung, Verkehr, Vegetation und Gewässer wiedergibt“ und damit als Planungsgrundlage dient.

Das Digitale Oberflächenmodell zeigt die Erdoberfläche inklusive der darauf befindlichen Objekte (z.B. Vegetation und Gebäude) in Gitterform. Die aktuelle Gitterweite beträgt 40 cm. Datengrundlage für die Berechnung des DOM sind die Luftbilder der Bayernbefliegung. Auch hier zählen kommunale Planer zu den Hauptkundengruppen.

Orthophoto mit exaktem Maßstab und Raumbezug

Nach Bauers Darstellung kann aus einem Original-Luftbild durch rechnerische Entzerrung ein Orthophoto abgeleitet werden, das sich durch exakten Maßstab und Raumbezug auszeichnet. Digitale Orthophotos bildeten die Grundlage für die Herstellung von Luftbildkarten. Im Lauf des Jahres 2018 werden die Orthophotos auch ohne verkippte Hausfassaden oder andere störende Umklappeffekte verfügbar sein. Damit besteht für planerische Zwecke ein deutlicher Mehrwert. „Im Übrigen“, ergänzte Bauer, „führen wir auch Befliegungen durch, bei denen die Geländeoberfläche mit einem Laserstrahl abgetastet wird.“ Dadurch werde die Grundlage für das Digitale Geländemodell geschaffen, das etwa als Datenbasis für Hochwassersimulationen dient.

Topographische Karten

Ebenfalls im Portfolio befinden sich topographische Karten – gedruckt, digital oder als Apps. Zudem konzentriert sich die Bayerische Vermessungsverwaltung auf die Erstellung flächendeckender 3D-Gebäudemodelle in LoD2 (2. Ausbaustufe mit Dachformen). Als Grundlage für die Modellierung dienen die Gebäudegrund-risse aus ALKIS und die Daten aus Airborne Laserscanning. Aktuell wurden bereits über 6,2 Mio. Gebäude bearbeitet.

Bestellt werden können alle digitalen Produkte des LDBV über das Geodatenportal geodatenonline.de der Bayerischen Vermessungsverwaltung. Durch eine Erweiterung um die Bezahlung per PayPal ist die Bestellabwicklung jetzt noch einfacher.

Internet-Premiumprodukt des Landesamts für Digitalisierung, Breitband und Vermessung ist der BayernAtlas, eine Anwendung zum Betrachten amtlicher Karten und Luftbilder der Bayerischen Vermessungsverwaltung. Mit einem noch umfangreicheren Datenangebot wie der tagesaktuellen Flurkarte, dem Digitalen Orthophoto, der Suche nach Flurstücksnummern oder der Digitalisierfunktion mit Objektverwaltung bietet der BayernAtlas-plus die Komplettlösung für Fachanwender.

Neue Funktion im BayernAtlas

„Dank einer neuen Funktion im BayernAtlas können nun auch Touristenattraktionen wie das Schloss Neuschwanstein rund um die Uhr und von überall aus besucht werden“, informierte Wolfgang Bauer. Das Schloss wurde nach Lasermessungen digital modelliert und ist virtuell begehbar. Damit aber nicht genug: Neuerdings ist im BayernAtlas eine Zeitreise eingebaut. Sie ermöglicht Blicke in 174 Jahre bayerische Geschichte, festgehalten auf amtlichen Karten aus den verschiedensten Jahrzehnten. Für jeden Ort im Freistaat sind alle historischen Landkarten nun online verfügbar. Die Vermessungsverwaltung hat dafür insgesamt 7.556 Kartenblätter digitalisiert und stellt diese in chronologischen Serien online zur Verfügung. 

GZ-Interview: Anne-Marie von Hassel und Wolfgang Bauer

Im Gespräch: GZ-Chefredakteurin Anne-Marie von Hassel und LDBV-Präsident Wolfgang Bauer

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