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(GZ-6-2020)
Neues von Sabrina
 

Diese Krise macht uns stärker!

Gestern hat mein Chef gesagt...

Infiziert von einem Virus, das uns mehr Angst zu machen scheint als alles zuvor Dagewesene. Mit Lichtgeschwindigkeit verändert sich unsere Welt. Die Vorzimmerperle konnte ihrem Bürgermeister zur gewonnenen Wiederwahl nicht die Hand schütteln. Und trotzdem: Diese Krise macht uns stärker, da ist sich der Chef sicher.

„Es ist ein gutes Gefühl, mit einer so großen Mehrheit wiedergewählt zu werden. Man spürt das Vertrauen, aber auch die Verantwortung. Gerade in schwierigen Zeiten wie jetzt.“ Mein Chef, der Bürgermeister, war einfach nur glücklich, so viel Zustimmung aus der Wählerschaft erlangt zu haben.

Trotzdem war letzten Sonntag alles anders als die Jahre davor. Keine große Wahlparty mit fiebernder Erwartung und großem Jubel. Keine Umarmungen, kein Schulterklopfen, kein Haarewuscheln. Auch heute im Büro kein Händeschütteln, um dem Chef zu gratulieren. Die Runde der engsten Mitarbeiter ausgedünnt um die, die in den letzten zwei Wochen in Tirol waren (einige) oder die zu Hause die Kinder wegen der Schul- und Kindergartenschließungen betreuen müssen. Einige sind per Videokonferenz zugeschaltet, aber das macht echt keinen Spaß, wenn man eigentlich voll Elan in eine neue Amtszeit mit vielen Ideen starten wollte und die Bilder dauernd flackern, weil das Netz überlastet ist.

Mit Lichtgeschwindigkeit verändert sich unsere Welt. Wir gehen zu Bett mit der Frage, ob auch unser Regionalligaverein seine Spiele ohne Zuschauer austragen soll. Wir wachen auf und der Spielbetrieb ist eingestellt. Wir erfahren um 12:57 Uhr in der Radiowerbung alles über die Vorzüge eines Mega-Skigebiets in Tirol und hören um eins in den Nachrichten, dass Österreich alle Hotels, Restaurants und Skilifte schließt. Befreundete Bürgermeister aus Euregiones zu Tschechien, deren Orte seit 15 Jahren mit den Nachbarn regen Austausch pflegen, wurden gebeten, nicht mehr einzureisen und sogar wir schließen unsere Grenzen. Zu Österreich!

Ausgangssperren in Italien und Spanien, Einreiseverbote für Deutsche in die USA, Türkei und Indien. Der Pass mit dem Bundesadler, der uns einmal das Reisen in 160 Länder der Welt ermöglichte, wurde gleich mit infiziert von einem Virus, das uns mehr Angst zu machen scheint als HIV, SARS, die Vogel- und Schweinegrippe zusammen.
Als Laie kann man ja nur hoffen, dass die besonnenen, durchdachten und überzeugenden Maßnahmen der Staatsregierung den gewünschten Effekt haben und die Verbreitung des Virus eindämmen werden.

Fürs Erste kann man aber mal wieder schön beobachten, wie solche Krisensituationen aus ganz normalen Menschen sowohl den Dr. Jeckyll, als auch den Mister Hyde herauslocken können. Stichwort: Hamsterkäufe. Ich kannte den Begriff von meiner Mutter aus der unmittelbaren Nachkriegszeit. Ich kannte auch leere Regale in Supermärkten von Reisen in die UdSSR und Rumänien vor 1990. Aber dass ich am Samstag um 11 Uhr im Supermarkt meines Vertrauens weder Toilettenpapier, noch Küchenrollen, noch Nudeln (außer den glutenfreien, die beim Kochen zusammenpappen), noch Reis vorfinde, hat mich schockiert. Toilettenpapier! Geht’s noch?

Mr. Hyde: Eine unheimliche Solidarität, vor allem mit alten Nachbarn, denen Leute, von deren Existenz sie bisher kaum wussten, auf einmal anbieten, für sie mit einzukaufen oder was im Onlineshop zu bestellen. Vielleicht kommt es ja auch bei uns noch so wie Italien, wo begabte oder auch weniger begabte Musiker Konzerte auf ihren Balkonen geben, um die Leute ringsum zu erfreuen und aufzumuntern.

Mein Chef, der Bürgermeister, ist sich sicher, diese Krise, wie auch alle vorherigen, wird uns stärker machen – als Individuen, vor allem aber als Gesellschaft. Gut, wir müssen uns einschränken, können nicht jedes Wochenende zum Skifahren nach Tirol oder zum Wandern in den Böhmerwald.

Wir werden zu Hause arbeiten und mehr Zeit mit unseren Kindern verbringen. Wir werden Oma Skype einrichten und sie damit näher an die Welt ihrer Enkel heranrücken. Vielleicht werden wir uns sogar mehr Zeit zum Nachdenken nehmen, etwa über den Satz des belgischen Schriftstellers Phil Bosmans: „In Zeiten des Krieges können Menschen auf alles verzichten. Warum bringt der Frieden die Menschen nicht dazu, auch nur auf etwas zu verzichten?“. 

Allen, die am letzten Sonntag ihr angestrebtes kommunales Mandat errungen haben, gratuliere ich herzlich. Und viel Glück denen, die in die Stichwahl müssen!

Ihre Sabrina

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