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(GZ-3-2020)
Neues von Sabrina
 

Bei vollen Kassen muss man nicht zwanghaft mehr Geld ausgeben

Gestern hat mein Chef gesagt...

„Spare in der Zeit, dann hast Du in der Not“ hat aus Sicht des Bürgermeisters nichts von seiner Aktualität eingebüßt. Er kritisiert den Berliner Verteilungsmechanismus, der die Kommunen am „goldenen Zügel“ knapp hält.

„Wenn ich den Wirtschaftsteil der Zeitung richtig lese, leben wir derzeit in einem finanz- und haushaltspolitischen Schlaraffenland: Überschüsse in der Staatskasse in Milliardenhöhe. Ich bin gespannt, welche Schlüsse man in Berlin daraus zieht.“ Mein Chef, der Bürgermeister, blätterte etwas ratlos in der Pressemappe.

Kein Wunder, war er doch schon zu Zeiten Bürgermeister, als Küchenmeister Schmalhans die Haushaltspolitik regierte, alle Ausgaben radikal auf den Prüfstand kamen und so gut wie jeder Unsinn durchzusetzen war, konnte man mit einer Maßnahme vermeintlich nur ein paar Kreuzer sparen. Die Devise lautete, dass sich die Aufgaben des Staates nach der Höhe seiner Einnahmen zu richten hätten. Deshalb keine Schulden machen und nicht mehr ausgeben, als Steuern eingenommen werden.

Bei aller damals wie heute berechtigten Kritik an Einzelmaßnahmen und manchen vielleicht nicht bis zu Ende gedachten Entscheidungen ein sehr weiser und ökonomisch verantwortungsvoller Ansatz. Was allerdings in einer eher krisenhaften Zeit mit niedrigen Steuereinnahmen, hohen unabweisbaren Sozialausgaben, niedrigem Wirtschaftswachstum und hoher Arbeitslosigkeit richtig war, muss heutzutage dringend um den Grundsatz ergänzt werden, dass man auch nicht zwanghaft mehr ausgeben muss, nur weil die Kassen voll sind.

Denn die heute sprudelnden Steuereinnahmen führen ja nicht dazu, dass über Steuersenkungen, Schuldenabbau oder der Bildung von strategischen Rücklagen (Stichwort: Spare in der Zeit, dann hast Du in der Not) nachgedacht wird. Nein, die Energie wird insbesondere in Berlin eher darauf gerichtet, neue Ausgabentatbestände zu identifizieren, mit deren Hilfe man die Steuereinnahmen in die Lande pusten könnte. Und weil der Ideen für neue Ausgabenprogramme, soziale Wohltaten oder zur Klientelbedienung so mannigfaltig sind, wird auch gleich noch über eine Renaissance der Staatsverschuldung nachgedacht, weil die Zinsen ja grad günstig sind.

Manchmal ertappt man sich bei dem Gedanken, dass die Finanz- und Sozialpolitiker in Berlin glauben könnten, im Himmel wäre Jahrmarkt und der ganze Segen ginge ewig weiter. Gut, die etablierte Ökonomenzunft prophezeit uns seit Jahren den unmittelbar bevorstehenden Wirtschaftsabschwung, wahlweise einen Crash, weil der langjährige, tragende Aufschwung sich nicht in die führenden Lehrbuchweisheiten einpassen lässt. Zwar ist das noch nicht eingetreten, aber statt sich auf Art. 3 des Kölschen Grundgesetzes „Et hätt noch emmer joot jejange“ zu verlassen, wäre es sicher sinnvoll, durch Steuersenkungen für Unternehmen oder den privaten Konsumenten proaktiv tätig zu werden. Denn irgendwann wird die Party unweigerlich vorbei sein.

Oder wie wäre es mit einem veränderten Verteilungsschlüssel der ertragreichen Steuern zugunsten der Kommunen? Dort wären die Steuermittel für wichtige Investitionen und sinnvolle Unterstützungsprogramme jedenfalls besser aufgehoben als im Bundessozialministerium. Aber die Stärkung der originären Einnahmebasis ist wichtig, keine Goldenen-Zügel-Programme nach dem Motto: Wenn die Kommune brav Männchen macht und anschafft, was sich der Bund einbildet, dann gibt’s ein finanzielles Leckerli.

Mein Chef, der Bürgermeister, hat seit seinem Amtsantritt solide gewirtschaftet, auch wenn die Zeiten mal nicht so rosig waren oder die großen Gewerbesteuerzahler sich durch Abschreibungen in die Büsche geschlagen haben. Klar würde auch er gerne mehr investieren und das ein oder andere nice-to-have in der Stadt umsetzen. Aber allemal ist der Staat und sind die Kommunen nur Sachwalter der von den Steuerzahlern erwirtschafteten Gelder. Deshalb müssen Überschüsse auch mal durch Steuersenkungen zurückgegeben werden.

Zum Schluss soll noch ein früher Ökonom zu Wort kommen, Jean-Baptiste Colbert, der erfolgreiche Finanzminister Ludwig XIV. von Frankreich: „Steuern eintreiben heißt, die Gans so zu rupfen, dass man möglichst viel Federn mit möglichst wenig Gezische bekommt“.

Ihre Sabrina

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