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(GZ-17-2018)
Neues von Sabrina
 

Vom Wert der Heimat

Gestern hat mein Chef gesagt...

„Bayern zieht einfach.“ Nein, mein Chef, der Bürgermeister, wurde nicht für eine Imagekampagne engagiert.

Er kommentierte nur eine kleine Begegnung, die ich vor ein paar Tagen am Marktplatz hatte. Da traf ich eine Gruppe von Damen und Herren in mittlerem Alter, die gerade eine Stadtführung absolvierten. Auffällig: Alle waren in Tracht. Die Damen im Dirndl, die Herren in kurzen Ledernen, was bei einigen, die nicht mehr ganz so stramme Waden vorzuweisen haben, nicht als die glücklichste Wahl gelten konnte. Überhaupt sah man, dass hier nicht Mitglieder eines Trachtenerhaltungsvereins die Schönheiten unseres Städtchens genossen, sondern – wenngleich nicht billige – Konfektionsware umhergetragen wurde, die in Schnitt und Farbgebung eher auf den urbanen Geschmack zielt. Die so gar nicht einheimisch klingenden Stimmen bei der Kommentierung der architektonischen Details der Rathausfassade machten mich neugierig: Die Herrschaften stammten aus dem westlichen Westfalen und gehörten einem Kegelclub an, der seine jährliche Ausflugsfahrt wieder mal „ins schöne Bayernland“ machte. Die Tracht hatten sie sich anlässlich eines Volksfestbesuches vor einem Jahr gekauft. Denn auf ein bayerisches Volksfest nicht in Tracht zu gehen, „dat geht ja gar nich“, wie mir einer der Wortführer mit ernster Miene versicherte.

Nachdem ich mich anerkennend über so viel Identifikation mit dem Gastland geäußert habe, ging es erst richtig los. In Bayern sei so ziemlich alles besser als bei ihnen zu Hause: Die Wirtschaft brumme ungebremst, die neuen Technologien seien im Süden zuhause, während man sich in NRW um die Braunkohle kloppe. Die Flüsse wären sauberer, die Luft reiner, die Natur vielfältiger. Und dann die Sicherheit: In Bayern gäbe es keine Viertel, in die man sich als unbescholtener Mensch nicht mehr trauen könne, anders als in Duisburg, Dortmund oder anderen Städten mit über die Jahre ausgedünnter Polizeipräsenz. „Und gucken Sie sich doch in Ihrer Stadt um, kein einziges Graffito, nirgends. In Berlin haben manche Hausbesitzer es schon aufgegeben, ihre Häuser zu streichen, weil die Haste-nich-jesehen wieder verschmiert werden.

Ich habe mich über diese warme Würdigung meiner Heimat schon sehr gefreut. Schließlich ist Bayern-Bashing bei einigen überregionalen Zeitungen, Zeitschriften und Fernsehmagazinen ja schwer angesagt. „Ach was, Neid der Ahnungslosen“, schallt es mir entgegen. Außerdem: Jetzt gäbe es ja schon Lob für die bayerische Bildungspolitik in der „heute-show“ und die schwachen Leistungen der Schulen in den Nordländern seien ein trauriges Top-Thema in der politischen Diskussion nördlich des Weißwurst-Äquators.

Dann fiel mir ein, dass es um den Ruf Bayerns tatsächlich nicht so schlecht bestellt sein kann, ist doch die Binnenwanderung in unser Land aus anderen Teilen Deutschlands ungebrochen und gehören weite Teile des Freistaats zu den wenigen Regionen mit Bevölkerungswachstum. Ob vielleicht auch meine neuen Bekannten…? Aber die hatten vorher in das Schaufenster eines Immobilienmaklers geschaut. „Hömma (=Ausdruck des Erheischens von Aufmerksamkeit), wer kann sich denn die Mieten und Kaufpreise noch leisten?“ Also doch ein kleiner Makel auf Bayerns Weste? Naja, aber vor allem wären da noch die Familie, die gut eingeführte Praxis, die Freunde, die von einem Umzug abhalten.

Bayern ist also schon so etwas wie das gelobte Land für viele in Deutschland. Aber letztendlich geht es den meisten bei aller Bewunderung für uns doch so, wie uns auch: Man bleibt der Heimat verbunden.

Mein Chef, der Bürgermeister, fühlt sich von der Geschichte genauso geschmeichelt wie ich. Denn schließlich ist das liebens- und lebenswerte Bayern eine Gemeinschaftsleistung, an der auch die Kommunalpolitik ihren Anteil hat. So soll es auch bleiben, ganz im Sinne des Satzes von Charlotte Knobloch: „Nur derjenige, der sich des Wertes seiner Heimat bewusst ist, nur wer sein Land liebt, wird sich für dessen Existenz und Fortentwicklung engagieren.“

Ihre Sabrina

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