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(GZ-7-2022)
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► Bayerische Krisenbewältigung:

 

Hilfe, Sanktionen und Schutz des Landes

Regierungserklärung von Ministerpräsident Söder im Bayerischen Landtag

„Wir sind alle Ukrainer in dieser Zeit“, konstatierte Bayerns Ministerpräsident Dr. Markus Söder bei seiner Regierungserklärung im Bayerischen Landtag. Vor dem Hintergrund des andauernden Krieges in der Ukraine und seinen immer spürbareren Folgen für das Leben der Menschen in Bayern zeigte sich Söder beeindruckt von der Solidarität und dem Mitgefühl der Bürger, die Spenden und Hilfsgütertransporte organisierten und auch hier vor Ort den Geflüchteten in jeder erdenklichen Weise Unterstützung zukommen ließen. Ebenso dankte er den Kommunen für ihren großen Einsatz bei der Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge.

Ministgerpräsident Dr. Markus Söder während seiner Regierungserklärung im Plenarsaal des Bayerischen Landtags. Bildarchiv Bayerischer Landtag/Foto: Rolf Poss
Ministgerpräsident Dr. Markus Söder während seiner Regierungserklärung im Plenarsaal des Bayerischen Landtags. Bildarchiv Bayerischer Landtag/Foto: Rolf Poss

Der Ministerpräsident machte deutlich, dass er auch den Bund in der Verantwortung sieht. Neben dem Kostenersatz für die unmittelbare Unterbringung der Geflüchteten gelte das vor allem für die Wirtschaft. Söder stellte sich ausdrücklich hinter die beschlossenen Sanktionen, verwies aber auf die Verantwortung für die soziale Lage im eigenen Land.

Nach seinen Worten fußt die Handlungsstrategie Bayerns auf drei Säulen: Hilfe, Sanktionen und Schutz des Landes. Besonders die Sanktionen im Finanz- und Energiesektor träfen Russland hart. Dies habe aber auch Konsequenzen für Deutschland. Ziel sei es, in der Energiefrage komplett unabhängig von Russland zu werden. Daher müsse der Bund einen Energie-Notplan vorlegen, um einen realistischen Weg zum energiepolitischen „Independence Day“ einzuschlagen. Topografisch und geografisch sinnvoll sollten die erneuerbaren Energien ausgebaut und darüber hinaus die Laufzeiten der noch am Netz befindlichen deutschen Kernkraftwerke verlängert werden.

500 + x neue Windräder

Im Rahmen eines Windgipfels werde sich die Bayerische Staatsregierung auch der Frage des Windenergieausbaus in Bayern widmen. 500 + x neue Windräder wolle man auf den Weg bringen, betonte Söder, wandte sich aber zugleich gegen die pauschale Kritik an den bayerischen Abstandsregeln. „10 H ist eine Form der Bürgerbeteiligung“, so der Ministerpräsident, der zudem darauf hinwies, dass 61 Prozent der Klagen gegen Windkraftanlagen von Umwelt- und Naturschutzverbänden kämen.

Topthema Energie

Da Energie das Topthema für die Bürgerinnen und Bürger sei, forderte Söder die Ampelregierung in Berlin erneut zu klarem Handeln auf: „Keine Mini-Pakete, sondern eine deutliche Entlastung.“ Der Spritpreis müsse sinken, es brauche eine Entlastung um rund 50 Cent bei Benzin und Diesel. Darüber hinaus sei es notwendig, die Pendlerpauschale zu erhöhen, die Stromsteuer zu senken, einen Industriestrompreis einzuführen und den Heizkostenzuschuss für sozial Schwächere zu verdoppeln.

Zu den Lehren der Krise gehöre auch, eine neue Wertschätzung für die heimische Lebensmittelproduktion zu zeigen. Flächen müssten erweitert werden, aber es sei ebenso notwendig, die Landwirtschaft von den Betriebsgrößen her neu zu denken. Das Credo laute: Familienbetriebe statt Agrarfabriken! Söder erneuerte dabei den Vorstoß, regionale Lebensmittel auch in der Mehrwertsteuer besser zu stellen.

Ausdrücklich begrüßt wird seitens der Bayerischen Staatsregierung die Ankündigung, 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr zur Verfügung zu stellen. Das Geld müsste dezidiert dafür verwendet werden, mahnte Söder und erteilte anderen Verwendungsideen eine Absage. Unmissverständlich forderte er die Bundesregierung auf, bereits in der Vergangenheit gegebene Zusagen einzuhalten und sich klar zu Bayern als wichtigem Standort der Bundeswehr zu bekennen: „Pacta sunt servanda - das gilt auch für die Ampel.“

„Energiepolitisch müssen wir uns vom Tropf Russlands lösen und Bayerns Wohlstand nicht länger dem Gutdünken eines Autokraten im Kreml ausliefern“, betonte Dr. Fabian Mehring, Parlamentarischer Geschäftsführer der Freie Wähler-Landtagsfraktion, in der anschließenden Aussprache. „Unsere Antwort darauf, dass Putin die Uhr der Geschichte zurückdrehen will, darf sich nicht im Rückfall in die energiepolitische Vergangenheit des letzten Jahrhunderts erschöpfen.“ Vielmehr bedürfe es eines Turbos für die Erneuerbaren Energien, um Wertschöpfung und Versorgungssicherheit zurück ins Land zu holen.

Energiepolitik ist auch Sicherheitspolitik

Laut der Grünen-Fraktionsvorsitzenden Katharina Schulze „führt uns der Ukraine-Krieg gerade vor Augen, dass Energiepolitik nicht nur Klimaschutz bedeutet, sondern auch Sicherheitspolitik ist. Wind und Sonne können nicht von Diktatoren vereinnahmt werden, sie gehören uns allen. Kein Bundesland kann sich bei bestimmten Energieträgern rausziehen, man muss bei jedem Fleckchen schauen, welcher erneuerbarer Energieträger Sinn macht und da ist in Bayern noch viel Potenzial für mehr Windkraft!“

Statt Bayern zu einem Vorzeigeland für die Energiewende zu machen und den Anspruch zu formulieren, auch die bayerische Industrie vollständig mit klimaneutraler Energie zu versorgen, sei der Freistaat unter der CSU das Bundesland mit der höchsten Abhängigkeit von russischem Öl und Gas und plädiere für längere Laufzeiten der Atomkraftwerke, stellte SPD-Fraktionsvorsitzender Florian von Brunn fest. Die Bundesregierung habe dies sorgfältig geprüft und objektiv und transparent gezeigt, dass es nichts bringt. „Solche Vorschläge sind unseriös“, so von Brunn.

Um die Menschen bei den gestiegenen Energiekosten zu entlasten, verwies er auf die vielfachen Hilfen und Erleichterungen, die die Bundesregierung bereits beschlossen habe - etwa die Abschaffung der EEG-Umlage, eine Einmalzahlung für Grundsicherungs-Empfänger und eine Erhöhung der Pendlerpauschale. Dies seien gezielte Entlastungen für die hart arbeitenden Menschen in diesem Land. Bei den höheren Spritkosten forderte der Fraktionschef, zum Beispiel über Einmalzahlungen nachzudenken oder die Extra-Gewinne von Energieunternehmen jetzt abzuschöpfen, wie es bereits in Frankreich praktiziert werde. „Dass der Porsche Cayenne-Fahrer jetzt einen staatlichen Zuschuss zum Tanken bekommt, ist nicht einzusehen“, machte von Brunn deutlich.

Wo bleibt der Krisenstab?

„Ehrenamtliche und Wohlfahrtsverbände krempeln seit dem ersten Tag die Ärmel hoch, kümmern sich um Geflüchtete. Daran sollte sich die Staatsregierung ein Beispiel nehmen“, meinte die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Julika Sandt und fragte: „Wo ist der Krisenstab für die Verteilung der Geflüchteten in Bayern? Wer koordiniert, dass die Menschen, die in den Großstädten ankommen, weiterverlegt werden in Gemeinden, die Aufnahmekapazitäten haben? Wieso unterstützt die Staatsregierung nicht die Privathaushalte, die bis zu acht Personen aufnehmen und auf den Kosten dafür sitzen bleiben?“

In solchen Ausnahmesituationen erwarte sie proaktives und pragmatisches Handeln, erklärte Sandt. Ministerpräsident Söder mokiere sich lieber über den Bund, anstatt selbst zu schauen, was man in Bayern machen kann. „Anpacken, zupacken – das erwarte ich auch von der Bayerischen Staatsregierung. Beenden sie den Behördendschungel, um den Geflüchteten schnell und unkompliziert zu helfen.“

„Während wir für den bewährten Strommix aus konventionellen Kraftwerken, Kernenergie und erneuerbaren Energien eintreten, hat die Staatsregierung dafür gesorgt, dass die Energiepreise allmählich unbezahlbar werden“, äußerte sich der stellvertretende Vorsitzende der AfD-Fraktion, Gerd Mannes. Es sei jetzt dringend geboten, die Mehrwert- und Energiesteuern zu senken, die CO2-Abgabe abzuschaffen und die Stromsteuer sowie die EEG-Umlage zu streichen.

DK

 

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