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(GZ-5-2020)
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► Studie der ALR:

 

Alltagsversorgung im ländlichen Raum

 

Eine zentrale Aufgabe der bayerischen Kommunen und der Staatsregierung ist die Sicherung der flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung. Gerade weniger mobile Bevölkerungsgruppen sind auf eine wohnortnahe Bereitstellung von Gütern und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs angewiesen. Seit Jahrzehnten finden jedoch Prozesse statt, die zu einer Ausdünnung des Versorgungsangebots in der Fläche führen, worunter die Qualität des Lebens im ländlichen Raum leidet.

Im Auftrag der Bayerischen Verwaltung für Ländliche Entwicklung untersuchten die Technische Universität München und die Universität Bayreuth die räumlichen Bedingungen für die Sicherung der Alltagsversorgung in Bayern. Aufbauend auf den Ergebnissen wurden Empfehlungen und Handlungsmöglichkeiten abgeleitet, die zur Herstellung und Sicherung einer guten Versorgung der Bevölkerung im ländlichen Raum sowie zur Entwicklung besserer räumlicher Strukturen beitragen sollen.

Kritisch zu bewertende Strukturen

Die Ergebnisse zeigen eine sehr ausdifferenzierte räumliche Struktur der Versorgungssituation. Nicht nur in dünn besiedelten Räumen, sondern auch in dichter besiedelten Gebieten in der Nähe von Ballungsräumen sind kritisch zu bewertende Strukturen zu finden. Andererseits weist manch peripher gelegener, ländlich geprägter Raum auch eine sehr gute flächige Versorgung auf.

Darüber hinaus wird die Relevanz der inneren Struktur von Gemeinden für die Versorgung deutlich. Die Hälfte der Einwohner, die innerhalb von drei Kilometern Luftlinie keinen Lebensmitteleinzelhandel erreichen, lebt in Gemeinden, die zwar im Kernort einen Versorgungsstandort aufweisen, deren Gemeindefläche allerdings so groß ist, dass für die Bevölkerung in den Ortsteilen sehr weite Wege entstehen.

Häufig sind dies kleine und mittelgroße Städte mit bis zu 20.000 Einwohnern und damit eine Ortskategorie, die typischerweise bei der Bewertung der Alltagsversorgung nicht unter die Lupe genommen wird. Die andere Hälfte der Unterversorgung entsteht in den rund 500 Gemeinden, die gar kein stationäres Angebot aufweisen. Die Mitversorgung dieser Räume verlangt wachsende Aufmerksamkeit.

In weiteren Untersuchungen des Projekts wurde die hohe Relevanz von kleinen Alltagsinfrastrukturen als Orte des sozialen Austauschs und deren Stellenwert für die Vitalität kleiner Ortsteile hervorgehoben. Zudem wurde in Befragungen festgestellt, dass die Wahrnehmung der Versorgungssituation aus Sicht der Gemeinde zum Teil stark von der datenbasierten Erhebung abweicht.

Empfehlungen für die ländliche Entwicklung

Um das neue Wissen in Empfehlungen für die ländliche Entwicklung einfließen lassen zu können, wurden die Ergebnisse aus den beiden Untersuchungsbausteinen in zwei Workshops mit Vertretern der Verwaltung für Ländliche Entwicklung diskutiert und zu Handlungsfeldern für die Sicherung, Unterstützung und Weiterentwicklung der Alltagsversorgung im ländlichen Raum verdichtet: Mitversorgung auf verschiedenen räumlichen Ebenen wurde als wichtiges Thema identifiziert.

Die nahräumliche Erreichbarkeit von Angeboten z.B. aus peripheren Ortsteilen kann häufig bereits auf kommunaler Ebene verbessert werden. Jedoch ist bei Abhängigkeit von benachbarten Städten und Gemeinden ein überkommunaler oder gar (klein)regionaler Blick notwendig.

Vor dem Hintergrund des anhaltenden Rückzugs von Angeboten der Alltagsversorgung aus der Fläche ist diese interkommunale Perspektive mit abgestimmtem Handeln in Partnerschaften laut Studie essenziell, um eine bedarfsgerechte Versorgung für die Bevölkerung im ländlichen Raum zu gewährleisten.

Niederschwellige Angebote für ein attraktives Lebensumfeld

Orte der Alltagsversorgung sind auch Zentralitäten in sozialräumlichen Netzwerken und damit, über die Versorgungsfunktion hinaus, bestimmend für die Lebensqualität im ländlichen Raum.

Lebensmittelläden, Kitas, Grundschulen und auch Hausärzte sind im ländlichen Raum wichtige Treffpunkte für die Dorfgemeinschaft. Steht die Sicherung und Förderung von Angeboten der Alltagsversorgung in kleinen Orten ohnehin im Fokus, bedeutet diese zweite Funktionalität den zwingenden Erhalt und die Entwicklung von weiteren niederschwelligen Angeboten, die zu einem attraktiven Lebensumfeld und zu sozialem Austausch beitragen und damit auch Phänomene der Abwanderung dämpfen.

Ständige Aktualisierung

Fazit: Genaues Hinschauen aus mehreren Perspektiven ist laut Untersuchung notwendig, um Handlungsräume zu finden und spezifische Problemlagen wie z.B. den hohen Anteil der potenziellen Unterversorgung unterhalb der Gemeindeebene sichtbar zu machen und gezielt reagieren zu können. Zudem verändern neue Technologien und Lebensstile radikal die Nutzungsmuster der Strukturen der Alltagsversorgung. Das Wissen zur Funktionsweise des Raums bedarf einer ständigen Aktualisierung. 

DK

 

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