Seit vergangenem Herbst unterstützt ein Förderprogramm des Freistaats Bayern den Ausbau der Onlinedienstleistungen in den Rathäusern, auch um die Umsetzung des „Onlinezugangsgesetzes“ in den Gemeinden sicherzustellen. Dieses Gesetz sieht vor, dass bis Ende 2022 alle Verwaltungsleistungen bei Bund, Ländern und Kommunen in Deutschland auch digital angeboten werden. Mit dem Ideenwettbewerb „Kommunal? Digital!“ stellt das Digitalministerium zudem weitere Millionen zur Verfügung für die Entwicklung smarter Best-Practice-Beispiele mit Modellcharakter für Kommunen in ganz Bayern.
Lange Schlangen, Wartezeiten und umständliche Behördenschreiben im Briefkasten sollen in Bayerns Rathäusern und Behörden künftig nicht mehr zum Alltag gehören. Da der Großteil der Verwaltungsleistungen im kommunalen Bereich abgewickelt wird, unterstützt der Freistaat die bayerischen Gemeinden, Landkreise und Bezirke bei der Bereitstellung von neuen Online-Diensten. Damit will Bayern bundesweit Vorreiter sein.
„Wir wollen, dass Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen Verwaltungsleistungen rund um die Uhr als Onlinedienste nutzen können. Deshalb treibt der Freistaat den Ausbau von E-Government weiter voran“, sagten Finanz- und Heimatminister Albert Füracker und Digitalministerin Judith Gerlach bei der Übergabe der ersten Förderbescheide „Digitales Rathaus“ an nordbayerische Kommunen in Nürnberg.
Förderung für Kommunen
Einer von ihnen ist Heiko Hain, erster Bürgermeister der Gemeinde Weißdorf: „Zukünftig werden viele Verwaltungsleistungen online angeboten und können unabhängig von Öffnungszeiten bequem von zu Hause aus genutzt werden. Ich kann mir auch vorstellen, dass wir vielleicht im Weißdorfer Rathaus eine Art Terminal installieren, mit dem z.B. Ältere oder Nicht-Netzaffine unterstützt werden können von Mitarbeitern aus der Verwaltung.“
Gemeinden, Zusammenschlüsse von Gemeinden sowie Gemeindeverbände im Freistaat Bayern können im Rahmen des Förderprogramms für die erstmalige Bereitstellung von Online-Diensten eine staatliche Förderung von bis zu 20.000 Euro erhalten.
Mit dem „digitalen Rathaus“ will der Freistaat Bayern einen Beitrag zur Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes im kommunalen Bereich leisten. Am 1. Oktober 2019 trat die Förderrichtlinie „Digitales Rathaus“ in Kraft. Für das neue Förderprogramm stehen 42,68 Millionen Euro bereit. „Die Digitalisierung hält Einzug in alle Bereiche des Alltags. Unser Förderprogramm ist ein attraktives Angebot an die bayerischen Gemeinden, Landkreise und Bezirke“, versicherte Füracker.
Für alle Antragsteller steht der Förderhöchstbetrag unabhängig vom Zeitpunkt der Beantragung beim Vorliegen der Fördervoraussetzungen während der Laufzeit der Förderrichtlinie zur Verfügung. Außerdem fördert der Freistaat Bayern das Basisseminar „Grundkurs Digitallotse“ der Bayerischen Verwaltungsschule und übernimmt 80 Prozent der Seminargebühren für einen Mitarbeiter pro Gemeinde, pro Landkreis und pro Bezirk.
Die Verwaltungsgemeinschaft Langquaid erhielt im Januar als erste Kommune im Landkreis Kelheim den Förderbescheid des „digitalen Rathauses“. Unter dem Motto „Mit der Maus ins Rathaus“ bietet Langquaid bereits seit einigen Jahren ein Rathaus Service-Portal an, das rund um die Uhr zur Verfügung steht. So können Bürger Behördengänge von zu Hause aus erledigen und das Ausfüllen elektronischer Formulare wird per Dialogfunktion erleichtert. Über 20 verschiedene Anwendungsmöglichkeiten stehen derzeit zur Verfügung und sollen jetzt ausgebaut werden.
Betriebskostenfreies Bayern-Portal
Glasfaser, BayernWLAN und Digitale Verwaltung sollen Bayern attraktiver machen. Das Heimatministerium soll dabei nicht nur die digitale Chancengleichheit stärken, sondern auch für gleichwertige Lebensbedingungen sorgen. Der Bayerische Gemeindetag warnte jedoch bereits im Oktober 2019, dass der Vorstoß verpuffe, weil der Höchstförderbetrag von 20.000 Euro pro Kommune nicht reiche.
„Kleine Gemeinden können damit sicher genug Software einkaufen, um künftig digitale Anwendungen anzubieten“, sagte Gemeindetagssprecher Wilfried Schober. Für größere Städte aber sei der Betrag nur „ein Tropfen auf den heißen Stein“. Füracker beurteilt das anders: „Mit dem Förderprogramm ‚Digitales Rathaus‘, begleitet durch den ‚Grundkurs Digitallotse‘, verfügt Bayern über ein bundesweit einzigartiges Förderangebot für die kommunalen Gebietskörperschaften zum Ausbau ihrer digitalen Verwaltung“.
Mit dem BayernPortal (www.freistaat.bayern), das Informationen zu staatlichen und kommunalen Leistungen in Bayern bereitstellt, und der BayernID, dem bayerischen Nutzerkonto, schaffe sich Bayern eine Basis. Der Freistaat will auf diese Weise Kommunen betriebskostenfrei unterstützen. Aktuell bieten rund 1.850 Gemeinden Online-Dienste im Bayern-Portal an.
Digitalministerin Judith Gerlach betonte in diesem Zusammenhang: „Die Verwaltung muss für unsere Bürger höchsten Service garantieren – einfach, schnell, online. Und das rund um die Uhr, ob bequem von der Couch oder per App von unterwegs. Der neue Führerschein oder der neue Wohnsitz müssen mit wenigen Klicks erledigt werden können, wie es die Menschen auch vom täglichen Surfen und Bestellen im Internet gewohnt sind. Dazu gehört auch, dass die gleichen Daten nur einmal an Behörden übermitteln werden müssen und nicht immer wieder. Egal, ob staatlich oder kommunal: Der Bürger erwartet zu Recht, dass die Ebenen auch digital eng zusammenarbeiten. Wir wollen Hürden zwischen Bürgern und Staat abbauen und einen konkreten Mehrwert schaffen. Mit dem digitalen Rathaus können die Kommunen schnell und direkt mit ihren Bürgern kommunizieren“, sagte sie und bezeichnete das digitale Rathaus als Gesicht der Verwaltung zum Bürger.
Millionen für smarte Ideen
Die Mülltonne wird erst dann geleert, wenn sie voll ist? Das ist eins von vielen Beispielen, wie die Digitalisierung das Leben in den Kommunen leichter und den Service besser machen kann. Das Digitalministerium startet deshalb zusätzlich einen Ideenwettbewerb, bei dem für die Förderung der besten digitalen Lösungen von smarten Kommunen fünf Millionen Euro zur Verfügung stehen.
Digitalministerin Judith Gerlach betonte: „Wir suchen Bayerns „Top Ten“ der smarten Ideen. Unsere Städte und Regionen sollen noch effizienter, lebenswerter und umweltfreundlicher werden. Die Digitalisierung ist dafür der Schlüssel. Wir wollen Bayerns digitale Musketiere finden, die nach dem Motto ‚Einer für alle‘ ihre digitale Idee ausarbeiten, umsetzen und schließlich ganz Bayern zur Verfügung stellen. Von der smarten Mülltonne, über intelligente Laternen bis zur App für organisierte Fahrgemeinschaften ist alles denkbar. Wichtig ist der smarte Kern, das heißt, ein sparsamer Umgang mit unseren wertvollsten Ressourcen: Rohstoffe, Platz und Zeit.“
Best-Practice-Beispiele gesucht
Den Ideenwettbewerb „Kommunal? Digital!“ startet das Digitalministerium offiziell im Frühjahr. Dann sind alle bayerischen Kommunen aufgerufen, am Wettbewerb teilzunehmen. Ziel ist es, digitale Lösungen mit Modellcharakter als Best-Practice-Beispiele zu identifizieren, die von anderen Kommunen übernommen werden können. Die Vorschläge sollen eine nachhaltige Entwicklung der Kommunen ermöglichen unter Berücksichtigung der drei Dimensionen Ökologie, Ökonomie und Soziales.
Gerlach: „Meine Vision ist eine smarte Welt, in der alle vom technologischen Fortschritt profitieren und die Schöpfung bewahrt wird. Unser Wettbewerb soll Anstoß für alle Kommunen sein, vor allem für die, die die Digitalisierung noch stärker zum Wohle der Menschen nutzen wollen. Bürgerinnen und Bürger sowie andere wichtige Akteure sollten in die Bewerbung vor Ort mit eingebunden werden. Die zehn besten Projekte werden dann jeweils mit bis zu 500.000 Euro prämiert.“
Projektdauer von drei Jahren
Der Bewerbungsprozess für „Kommunal? Digital!“ erfolgt dabei in zwei Stufen. Gestartet wird mit einem sechswöchigen Aufruf zur Vorlage von Projektskizzen mit einer Projektdauer von bis zu drei Jahren. Nach einer Vorauswahl muss dann innerhalb von weiteren acht Wochen ein detailliertes Konzept vorgelegt werden, das in Kooperation mit einer wissenschaftlichen Einrichtung erarbeitet wird. Die Preisträger werden von einer Jury bestimmt, die sich aus Vertretern der Kommunalen Spitzenverbände sowie je einem Vertreter aus Wissenschaft und Wirtschaft zusammensetzt. Digitalministerin Judith Gerlach wird die Vorsitzende der Jury sein.
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