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(GZ-1/2-2020)
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► Winterklausur in Schwarzenfeld:

 

Freie Wähler sehen sich als „Herzschrittmacher“

Regionale Energiewende ohne Atomkraft, mehr Förderung für die Kommunen beim Hochwasserschutz und die Stärkung des Ehrenamtes: Die Freien Wähler fassten auf ihrer Klausurtagung in der Oberpfalz mehrere Beschlüsse um Kernthemen voranzubringen.

Bei ihrer Winterklausur in Schwarzenfeld hat sich die Freie Wähler Landtagsfraktion mit den Kernthemen ihrer Regierungsarbeit in den kommenden Monaten befasst. Topthemen der Tagung, an der auch der stellvertretende Ministerpräsident Hubert Aiwanger sowie die Minister Prof. Dr. Michael Piazolo und Thorsten Glauber teilnahmen: die Sicherung der Beruflichen Bildung, der Ausbau eines dezentralen Hochwasserschutzes in Bayern und eine sozialverträgliche und ökologische Energiewende.

Dazu fasste die Fraktion den „Wackersdorfer Beschluss“. Er beinhaltet folgenden Dreiklang: Erstens für die Wirtschaft bezahlbare Strompreise zu garantieren, zweitens die Umwelt zu schonen und drittens die Menschen vor Ort mitzunehmen. So wolle man Unternehmer und Stadtwerke überzeugen, „die eigene Energieversorgung in die Hand zu nehmen, sagte Aiwanger. Denn um eine echte Trendwende in der Klimapolitik einzuleiten, sei es wichtig, Stromerzeugung, Wärme und Mobilität zusammenzudenken und mit der Entwicklung intelligenter Speichertechnologien zu kombinieren.

Mit Blick auf die jüngsten Proteste der Landwirte betonte Aiwanger: „Wir lassen nicht zu, dass unsere Landwirte an den Pranger gestellt werden.“ Umweltschutz sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Bei den Freien Wählern herrschen im Zuge der europäischen Düngeverordnung Zweifel, ob die Nitrat-Messstellen immer am richtigen Standort stehen. Umweltminister Thorsten Glauber kündigte daher an, die Zahl der Messstellen im Freistaat zu verdoppeln.

Hochwasserschutz

Voranbringen möchten die Freien Wähler im Freistaat den dezentralen Hochwasserschutz. 25 Millionen Euro stehen hierfür im aktuellen Doppelhaushalt. Die Kommunen erhalten derzeit eine Förderung von 75 Prozent für Wasserschutzmaßnahmen bei Gewässern dritter Ordnung. „Wir setzen uns künftig für eine Förderung von 90 Prozent ein, damit wir die Kommunen noch mehr dabei unterstützen können“, sagte Minister Glauber.

Mehr Bürgerbeteiligung

Ebenfalls auf der Agenda während der Klausurtagung: mehr Bürgerbeteiligung, Stärkung des Ehrenamtes sowie berufliche Bildung. Fraktionsvorsitzender Florian Streibl erwartet, dass in zehn Jahren etwa eine halbe Million Menschen fehlen, die als Fachkräfte dringend gebraucht würden. Deshalb müsse man dringend gegensteuern, „weil davon die Wirtschaftskraft abhängt und der Wohlstand in Bayern gefährdet ist“. Zudem betonte er:

„Die heutigen Grundschüler werden später zu 65 Prozent in Berufen arbeiten, die es heute noch gar nicht gibt.“ Deshalb sei es wichtig, Schülerinnen und Schüler umfassend auf die zunehmend digital vernetzte Welt und ihre Mechanismen vorzubereiten. Gleichzeitig mache es die Digitalisierung noch wichtiger, zwischenmenschliche und soziale Kompetenzen zu stärken. Dafür wolle sich seine Fraktion weiter einsetzen.

In einer Resolution zum Thema Bürgerbeteiligung haben die Freien Wähler bekräftigt, dass sie auf der kommunalen Ebene das Wahlalter absenken wollen. Ziel sei es, dass bei Gemeinde- und Landkreiswahlen junge Menschen aktiv wahlberechtigt sind, wenn sie am Wahltag das 16. Lebensjahr vollendet haben.

Gratis-Bus für Ehrenämtler

Die oberbayerische Abgeordnete Susann Enders betonte, dass es um das soziale Miteinander in Bayern vor allem deswegen so gut bestellt sei, weil es viele Menschen gebe, die sich ehrenamtlich engagierten. Ziel müsse deshalb sein, noch mehr Menschen für ein Ehrenamt zu gewinnen. Die Fraktion verabschiedete eine „Blaulicht-Resolution“, die das Ziel hat, ehrenamtliche Retter stärker zu unterstützen.

„Wir wollen, dass geprüft wird, inwiefern Ehrenamtlichen von „Blaulichtgruppen“, analog den Uniformträgern von Polizei und Bundeswehr, die kostenfreie Nutzung des ÖPNV ermöglicht werden kann“, heißt es in einer Resolution.

Die Freien Wähler fordern zudem mehr Anreize, um Ehrenamtliche zu gewinnen: neben dem Abbau bürokratischer Hürden etwa höhere Steuerfreibeträge und die Anrechnung ehrenamtlicher Tätigkeiten bei der Altersvorsorge. Im Bund wollen sie sich dafür einsetzen, dass das Freiwillige Soziale Jahr für junge Leute noch attraktiver wird – indem sie Rentenpunkte bekommen und ihr Engagement auch bei der Bewerbung an der Uni zählt.

Kontakt mit Kommunen

„Über die Diskussionen hinaus, haben wir den Kontakt mit den Kommunen gesucht“, sagte der kommunalpolitische Sprecher der Freien Wähler, MdL Joachim Hanisch. In Gesprächen mit kommunalen Mandatsträgern sei deutlich geworden, dass die Freien Wähler mit ihrem Kurs, die kommunale Selbstverwaltung zu stärken und Bürokratie abzubauen, richtig lägen. Mit Blick auf den Truppenübungsplatz Grafenwöhr zeigte Hanisch Verständnis für die Anrainergemeinden, die den Auswirkungen der militärischen Übungen ausgesetzt sind.

Kurs in der politischen Mitte

Dr. Fabian Mehring, Parlamentarischer Geschäftsführer der Freien Wähler Landtagsfraktion, betonte zum Abschluss der Pressekonferenz, dass seine Fraktion in ihrer Rolle als Regierungspartner einen immensen Professionalisierungsschub durchlaufen habe. Das belege auch der rasante Anstieg an Mitgliederzahlen. Mehring betonte, dass seine Fraktion sich nicht von grüner Hysterie verbiegen lassen und auch weiterhin Kurs in der politischen Mitte halten wolle. „Das macht uns zum Stabilitätsanker für die Staatsregierung.“ Die CSU möge als Herzkammer der Staatsregierung gelten, „aber der Herzschrittmacher sind wir“.

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