Politikzurück

(GZ-23-2019)
gz landespolitik

► Kommunaler Finanzausgleich 2020:

 

Schallmauer durchbrochen

 

Im kommenden Jahr steigt der kommunale Finanzausgleich auf ein neues Rekordhoch von fast 10,3 Milliarden Euro. Darauf verständigten sich Vertreter der Staatsregierung und der kommunalen Spitzenverbände in München. Dies bedeutet ein sattes Plus von 3,2 Prozent. Im laufenden Jahr fließen 9,97 Milliarden Euro vom Land an die bayerischen Städte, Gemeinden, Landkreise und Bezirke. „Wir bleiben ein verlässlicher Partner der Kommunen“, stellte Finanzminister Albert Füracker fest.

V.l.: Franz Löffler, Präsident des Bayerischen Bezirketags, Christian Bernreiter, Präsident des Bayerischen Landkreistags, Dr. Kurt Gribl, Vorsitzender des Bayerischen Städtetags, Albert Füracker, MdL, Bayerischer Staatsminister der Finanzen und für Heimat, Joachim Herrmann, MdL, Bayerischer Staatsminister des Innern für Sport und Integration, Stv. Ministerpräsident und Bayerischer Staatsminister für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie, Hubert Aiwanger, MdL, Josef Zellmeier, MdL, Vorsitzender des Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen im Bayerischen Landtag sowie Dr. Uwe Brandl, Präsident des Bayerischen Gemeindetags. Bild: stmfh
V.l.: Franz Löffler, Präsident des Bayerischen Bezirketags, Christian Bernreiter, Präsident des Bayerischen Landkreistags, Dr. Kurt Gribl, Vorsitzender des Bayerischen Städtetags, Albert Füracker, MdL, Bayerischer Staatsminister der Finanzen und für Heimat, Joachim Herrmann, MdL, Bayerischer Staatsminister des Innern für Sport und Integration, Stv. Ministerpräsident und Bayerischer Staatsminister für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie, Hubert Aiwanger, MdL, Josef Zellmeier, MdL, Vorsitzender des Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen im Bayerischen Landtag sowie Dr. Uwe Brandl, Präsident des Bayerischen Gemeindetags. Bild: stmfh

„Es ist phänomenal, was wir heute vereinbart haben. Der Freistaat unterhält den kommunalfreundlichsten Haushalt aller Länder“, teilte Innen- und Kommunalminister Joachim Herrmann mit. Dass die Einnahmen der Kommunen in den vergangenen zehn Jahren von knapp 29 Milliarden Euro auf über 43 Milliarden Euro gestiegen sind und gleichzeitig die Verschuldung der Kommunen von 13 Milliarden Euro um 1,7 Milliarden Euro auf 11,3 Milliarden Euro abgebaut werden konnte, sei ein gutes Zeichen für die Zukunft. „Das zeugt von einer positiven finanziellen Entwicklung in den Gemeinden. Wir schaffen weiterhin gemeinsam gute Rahmenbedingungen für 2020.“

Größter Posten sind wie immer die sog. Schlüsselzuweisungen, über die die Kommunen frei verfügen können. Diese steigen nächstes Jahr um 3,9 Prozent auf mehr als vier Milliarden Euro. Ein starkes Signal setzt der kommunale Finanzausgleich 2020 laut Füracker erneut bei den Investitionen. Die Mittel zur Förderung des kommunalen Hochbaus, insbesondere von Schulen und Kindertageseinrichtungen, werden 2020 um 50 Millionen Euro auf nun 600 Millionen Euro erhöht. Dies entspricht einem Zuwachs von 9,1%.
Des Weiteren können die Mittel für die Krankenhausfinanzierung (643 Millionen Euro) und die allgemeine Investitionspauschale (446 Millionen Euro) auf dem erreichten hohen Niveau fortgeführt werden.

500 Millionen Euro für ÖPNV

Für den Öffentlichen Personennahverkehr erhalten die Kommunen Zuweisungen zu den Betriebskosten in Höhe von 94,3 Millionen Euro und Investitionsmittel in Höhe von 143,4 Millionen Euro. Insgesamt erhalten die Kommunen damit innerhalb und außerhalb des kommunalen Finanzausgleichs rund 500 Millionen Euro für den Öffentlichen Personennahverkehr.

Die Straßenausbaupauschalen, die der Staat den Gemeinden nach der Abschaffung der Straßenausbaubeiträge gewährt, werden von 35 Millionen Euro auf 85 Millionen Euro erhöht (plus 142,9%) und fließen ab 2020 an alle Gemeinden. Zusammen mit den Mitteln für die Spitzabrechnung nach KAG stehen für die Kommunen im Jahr 2020 150 Millionen Euro zur Verfügung. Das ist deutlich mehr, als die Kommunen bisher an Straßenausbaubeiträgen eingenommen haben. Das Sonderbaulastprogramm (u.a. Ortsumfahrungen, Radschnellwege) wird auf dem Vorjahresniveau von 40 Millionen Euro fortgeführt. Insgesamt stehen für den kommunalen Straßenbau und -unterhalt im Jahr 2020 innerhalb und außerhalb des kommunalen Finanzausgleichs damit über 700 Millionen Euro zur Verfügung.

Der Ansatz für Bedarfszuweisungen und Stabilisierungshilfen wird 2020 mit 120 Millionen Euro dotiert; durch die in Aussicht gestellte Übertragung von Haushaltsresten stehen im Jahr 2020 voraussichtlich rund 140 Millionen Euro zur Verfügung.

Stärkung der Einnahmebasis

Die Landratsämter erhalten zur Erfüllung ihrer staatlichen Aufgaben außerhalb des kommunalen Finanzausgleichs 2020 weitere 70 neue Stellen. Auch die eigene Einnahmebasis der bayerischen Kommunen wird im Jahr 2020 massiv gestärkt. Ab dem
1. Januar 2020 fällt die erhöhte Gewerbesteuerumlage weg. Allein dadurch haben die bayerischen Kommunen zusätzlich rund 800 Millionen Euro in der Kasse. Der Freistaat hat entsprechend weniger Einnahmen. Er verzichtet jedoch auf eine Kompensationsleistung und stellt damit abermals eindrücklich seine Kommunalfreundlichkeit unter Beweis.

Aus Sicht des Vorsitzenden des Bayerischen Städtetags, Augsburgs Oberbürgermeister Dr. Kurt Gribl, erzielten die Verhandlungen über den kommunalen Finanzausgleich 2020 unter Berücksichtigung der Erwartungen von zusätzlichen Leistungen außerhalb des Finanzausgleichs ein akzeptables Ergebnis. Der Freistaat werde beim vierten Investitionsprogramm zur Finanzierung der Kinderbetreuung noch erhebliches finanzielles Engagement zeigen. Dem Bayerischen Städtetag war es wichtig, mit Blick auf die rückläufigen Steuereinnahmen die Schlüsselzuweisungen zu stärken.

Gerechte Verteilung

Das Ergebnis der Verhandlungen zum Finanzausgleich 2020 sei auch im Zusammenhang mit der im Januar zum FAG 2019 erfolgten Zusage des Finanzministers zu sehen, dass der Freistaat den Kommunen die deutlichen Entlastungen durch den Wegfall der erhöhten Gewerbesteuerumlagen in Höhe von 33,5 Prozentpunkten ab dem Jahr 2019 belässt. Das Entlastungsvolumen beläuft sich auf rund 800 Millionen Euro pro Jahr.

Bedingt zufrieden zeigte sich Gemeindetagspräsident Dr. Uwe Brandl mit dem Verhandlungsergebnis: „Obwohl das Steueraufkommen insgesamt nochmals gestiegen ist, waren es schwierige Verhandlungen darüber, wie die Mittel gerecht verteilt werden sollen. Während wir guten Willen gezeigt haben, hat sich der Freistaat nur bedingt bewegt und damit leider die enormen Anstrengungen der Kommunen, die sie für Bayerns Bürgerinnen und Bürger erbringen, kaum ausreichend gewürdigt.“

Dass die Schlüsselzuweisungen um 150 Millionen auf 4,17 Milliarden Euro gestiegen sind, ist laut Brandl sehr erfreulich. Dies komme vor allem den finanzschwachen Gemeinden in Bayern zugute. Nicht ganz zufrieden ist der Präsident mit den gestiegenen Investitionsfördermitteln für den Bau von Schulen und Kindertageseinrichtungen: „Es wäre dringend mehr Geld nötig gewesen. Wir haben unseren Beitrag geleistet; leider konnte der Freistaat nicht dazu bewegt werden, eigene Haushaltsmittel einzusetzen.“

Bereits im Jahr 2019 wurde vereinbart, dass ab dem Jahr 2020 der Freistaat Bayern keine Gewerbesteuerumlage mehr von den Städten und Gemeinden bekommen wird. Für die Kommunalen Spitzenverbände sei es ein großer Erfolg gewesen, dass dieser Wegfall nicht aus Mitteln des kommunalen Finanzausgleichs kompensiert werden muss. Daran hält der Freistaat fest. Brandl: „Dies ist Ausdruck gelebter Partnerschaft zwischen Freistaat und Kommunen.“

„Wegen der sich tendenziell verschlechternden Finanzlage der Haushalte, wenig optimistischen Steuerschätzungen des Finanzministeriums und den großen Investitionen des Freistaates in den zurückliegenden Monaten waren wenig Spielräume für brennende Themen der Kommunen vorhanden“, konstatierte der Präsident des Bayerischen Landkreistags, Landrat Christian Bernreiter.

Schlüsselzuweisungen erhöht Positiv hervorzuheben sei zunächst die Erhöhung der Schlüsselzuweisungen. Daneben sei es trotz herausfordernder Verhandlungsumstände gelungen, Schwerpunkte zu setzen. Dies gelte insbesondere für kommunale Baumaßnahmen und die Aufstockung der Hochbaufördermittel (Art. 10 FAG). „Die Kommunen gehen hier in Vorleistung und stärken damit die erforderlichen Investitionen in Schulen und Kindergärten“, betonte Bernreiter.

Positiv sei auch, dass im Bereich des ÖPNV und der Kommunalstraßenförderung über 2019 hinaus trotz weggefallener Zweckbindung der Bundesmittel an der Förderung der Kommunen in gleichem Umfang festgehalten wird. Bernreiter stellte jedoch klar, dass die Förderung der Verkehrsverbünde außerhalb des kommunalen Finanzausgleichs erfolgen muss. Daneben sei „für den Bereich ÖPNV- und Straßenbauförderung ebenso wie bei der Krankenhausförderung eine verlässliche Mittelfristplanung notwendig“.

Notwendige Personalaufstockung

Eine der wichtigsten Forderungen des Bayerischen Landkreistags außerhalb des kommunalen Finanzausgleichs 2020 war die Aufstockung der Personalausstattung der Landratsämter. 2018 wurde erstmals öffentlich bekannt, dass die Landkreise aus ihren Haushalten zu Lasten der Kreisumlage etwa 1.450 Stellen für die Erfüllung staatlicher Aufgaben finanzieren. Der Freistaat hatte darauf in einem ersten Schritt mit 70 neuen Stellen in den Fachabteilungen in 2019 geantwortet und für 2020 weitere 70 Stellen zugesagt. „Wir sind dem Freistaat dankbar, dass er sich an diese Zusage hält. Auch in den Jahren 2021 und 2022 muss dann ebenfalls eine Fortsetzung folgen“, so der Verbandschef.

Pflege und Eingliederung

Für die bayerischen Bezirke nahm insbesondere die künftige Finanzierung der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung sowie der Hilfe zur Pflege einen hohen Stellenwert ein, sorgt doch vor allem die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) durch die dritte kommunale Ebene ab dem kommenden Jahr dort weiterhin für erheblich steigende finanzielle Belastungen. Präsident Franz Löffler mahnte daher mit Blick auf das in der Bayerischen Verfassung verankerte Konnexitätsprinzip die Verantwortung des Freistaats an, für die sich bereits abzeichnenden und in noch größerem Maße zu erwartenden Kostensteigerungen einen staatlichen Ausgleich zu regeln. Vor allem sei in diesem Zusammenhang der Bund in deutlich höherem Maße gefordert.

Künftige Mehrbelastungen

Löffler zufolge sind in den Sozialhaushalten der Bezirke ab dem kommenden Jahr weitere Mehrbelastungen durch das vom Deutschen Bundestag bereits beschlossene Angehörigenentlastungsgesetz zu erwarten. Diese seien bisher weder durch den Bund, noch durch den Freistaat Bayern refinanziert. Auch wenn die Mehrkosten aus den angesprochenen zusätzlichen Belastungen im kommenden Jahr in einigen, jedoch nicht allen Bezirken noch einmal durch vorhandene Rücklagen mit abgefedert werden könnten, drohten den Umlagezahlern künftig deutlich steigende Umlagesätze, die auf eine möglicherweise verhaltene Steuereinnahmeentwicklung bei den Gemeinden treffen.

Vor diesem Hintergrund ist die unveränderte Festschreibung der staatlichen Zuweisungen an die Bezirke in Höhe von 691,5 Millionen Euro auf dem Niveau des Jahres 2019 aus Sicht des Bayerischen Bezirketags ein Zwischenschritt, dem zwingend weitere, für die Bezirke positive strukturelle Veränderungen im Finanzausgleichssystem folgen müssen.

DK

GemeindeZeitung

Politik

AppStore

TwitterfacebookinstagramYouTube

Google Play

© Bayerische GemeindeZeitung