Außerdem fordern die beiden Länder eine aufgabengerechtere Finanzierung der Länder und verlässliche eigene Steuermittel für die Länder statt zeitlich befristeter Programmmittel. So sei es etwa eine Möglichkeit, in begrenztem Umfang Hebesätze für die Einkommen- oder Körperschaftsteuer einzuführen. Ebenso wird ausufernden Kontrollrechten des Bundes gegenüber den Ländern eine Absage erteilt. Es gelte zu prüfen, welche Bundesverwaltungen flächendeckend oder im Wege einer Optionsmöglichkeit in einzelnen Ländern wieder in die Landesverwaltung überführt werden können.
Gegen Zentralisierung im Gesundheitswesen
Entschieden wendet sich der Südwesten ferner gegen eine weitere Zentralisierung im Gesundheitswesen sowie eine bundesweite Öffnung der landesunmittelbaren Krankenkassen. Versorgung fände bei den Menschen vor Ort statt. Es müsse mehr Spielräume für die Vertragspartner vor Ort geben. Gefordert werden u. a. die Wiedereinführung der dezentralen Regelung der Heilmittelversorgung und die Regionalisierung der Versorgung mit Hebammenhilfe. Ebenso sollen ein Präventionsbudget auf Länderebene eingeführt und sektorenübergreifende Versorgungskonzepte und Vertragsnormen im Gesundheits- und Pflegebereich erleichtert werden. Darüber hinaus verweisen Bayern und Baden-Württemberg auf die Länderverantwortung in der Krankenhausplanung, die nicht durch Vorgaben der Bundesebene unterlaufen werden dürfe.
Da in der Batteriefertigung wissenschaftliche Exzellenz und Unternehmen aller Wertschöpfungsstufen – vom Rohstofflieferanten bis zum Recycling – in Baden-Württemberg und Bayern konzentriert seien, vereinbarten die beiden Regierungen einen Austausch im Bereich der Batteriezellforschung und -fertigung und die Gründung eines Batterienetzwerks Süddeutschland.
Bund soll Batterienetzwerk unterstützen
Der Bund wird von Baden-Württemberg und Bayern aufgefordert, sich bei Batterieforschung- und -fertigung insbesondere an den Standorten Ulm, Karlsruhe, Augsburg sowie für Forschungsprojekte substanziell bei der Finanzierung zu bewegen. Die Länder Baden-Württemberg und Bayern werden mit dem Bund über eine finanzielle Beteiligung zur geplanten Förderung im Bereich der industriellen Fertigung für mobile und stationäre Energiespeicher (Batteriezellfertigung) im Rahmen eines IPCEI (Important Projects of Common European Interest) verhandeln. Auch die industrielle Demontage und das Recycling von Batterien und Batteriezellen müssten intensiviert werden.
Baden-Württemberg und Bayern sind sich einig, dass die Transformation der Automobilwirtschaft und der Strukturwandel im Mobilitätsbereich nur wirtschaftlich erfolgreich, technologieoffen und sozial verträglich vorangetrieben werden kann. Gegenüber dem Bund setzen sie sich daher mit Nachdruck dafür ein, dass die notwendigen Anpassungen im Wohnungseigentums- und Mietrecht zur Erleichterung des Ausbaus privater Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge zeitnah umgesetzt werden und haben deshalb beschlossen, einen Gesetzentwurf zur Förderung der Elektromobilität in den Bundesrat einzubringen. Gemeinsame Ausbildungskapazitäten für dringend benötigte Zukunftstechnologien und KI-Experten in der Automobilwirtschaft würden ebenso geprüft wie weitere Initiativen der beiden Länder zum automatisierten und autonomen Fahren.
Gemeinsamer Ausbau des SPNV
Baden-Württemberg und Bayern sind darüber hinaus entschlossen, gemeinsam den länderübergreifenden Schienenpersonennahverkehr als Rückgrat der öffentlichen Mobilität auszubauen. Beide Regierungen unterstützen das Projekt Regio-S-Bahn Donau-Iller und finanzieren jeweils ein Sechstel der Kosten der von der Region durchzuführenden Nutzen-Kosten-Untersuchung.
Auch die laufenden Untersuchungen zur S-Bahn von Dombühl nach Crailsheim sollen vorangetrieben werden. Bekräftigt wurden außerdem grenzüberschreitende Kooperationen zum Erhalt der biologischen Vielfalt, des Moorschutzes und des Klimaschutzes. Um den Gewässerschutz zu intensivieren, wurde bereits eine Flussarbeitsgemeinschaft Donau gegründet und erstmals wird ein gemeinsamer Bewirtschaftungsplan für das deutsche Donau-Einzugsgebiet erstellt. Eine engere Zusammenarbeit vereinbarte der Südwesten auch bei der Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen sowie wichtiger Innovationsfelder für das Bauen mit Holz.
Ausbau der Übertragungsnetze
Für den Erfolg der Energiewende seien unter anderem der Ausbau der Übertragungsnetze von Norden nach Süden, wie SuedLink und SuedOstLink, unverzichtbar, hieß es weiter. Beide Regierungen setzen sich zudem unter anderem für einen beschleunigten Ausbau des 65-%-Ziels der Bundesregierung beim Ausbau der erneuerbaren Energien ein. Der 52-Gigawatt-Deckel für die Photovoltaik, bei dessen Erreichen die Förderung nach aktueller Gesetzeslage abrupt enden würde, wirke sich zunehmend negativ auf Investitionsentscheidungen in Photovoltaikanlagen aus. Er müsse deshalb schnell abgeschafft werden.
Wichtig sei auch, einen regional ausgewogenen Ausbau der Erneuerbaren Energien zu gewährleisten, weshalb der Bund die im Koalitionsvertrag auf Bundesebene vereinbarte regionale Steuerung dieses Ausbaus durch einen gesicherten Mindestanteil für die Ausschreibungen im Süden Deutschland zügig umsetzen müsse. Einigkeit besteht zudem darüber, dass der Energieträger Gas auch in einem auf erneuerbaren Energien basierenden Energiesystem eine wichtige Rolle spielen kann. Gas und die Speicherleistung der Gasinfrastruktur sind aus Ländersicht ein wichtiger Baustein für eine planbare, versorgungssichere und sektorenübergreifende Defossilisierung. Bayern und Baden-Württemberg sehen diesbezüglich auch im Energieträger Wasserstoff große Potenziale für die Zukunft.
Verstärkter Austausch und die Vernetzung im Bereich der Künstlichen Intelligenz
Die beiden Länder vereinbarten zudem einen verstärkten Austausch und die Vernetzung im Bereich der Künstlichen Intelligenz. Bio- und Gesundheitsdaten oder auch Daten beispielsweise im Bereich der Materialwissenschaften sollen durch gemeinsame Datenpools ausgetauscht und verstärkt Kooperationen im Bereich des autonomen Fahrens auf den Weg gebracht werden. Der gegenseitige Wissensaustausch solle im Bereich von Cybersicherheit vorangetrieben werden.
„Wir haben heute die Südschiene neu belebt. Der Süden ist das ‚Leistungs-Herz‘ Deutschlands. Wir brauchen Zusammenarbeit, wo Länder Spitzenkompetenzen aufweisen“, erklärte Bayerns Ministerpräsident Dr. Markus Söder. Sein baden-württembergischer Amtskollege Winfried Kretschmann zeigte sich überzeugt: „Baden-Württemberg und Bayern sind wirtschaftliche Lokomotiven und führende Industrie- und Innovationsregionen. Uns verbinden viele Zukunftsthemen, bei denen wir gemeinsam punkten werden.“
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