(GZ-1/2-2019) |
► Forschungsbericht des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration: |
Positives Integrationsklima in Bayern |
Die Integration in Bayern funktioniert. Laut einem aktuellen Forschungsbericht des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration bewerten die meisten Befragten das Zusammenleben von Menschen mit und ohne Migrationshintergrund als genauso gut oder sogar besser als im übrigen Deutschland. Erstellt wurde die Expertise im Auftrag des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration.
Das vorliegende Integrationsmonitoring berichtet für den Freistaat Bayern über subjektive Erfahrungen der Bevölkerung mit und ohne Migrationshintergrund mit dem Integrationsalltag und ihre Einschätzungen dazu. Es stützt sich dabei auf eine Sonderauswertung des SVR-Integrationsbarometers. Bisherige Monitorings für Bayern betrachten meist nur strukturelle Aspekte von Integration, z. B. die Teilhabe am Arbeitsmarkt.
Andere Dimensionen von Integration werden i. d. R. nicht berücksichtigt. Das SVR-Integrationsbarometer schließt diese Lücke: Ergänzend zu strukturellen Merkmalen erhebt es erstmals auch systematisch, wie Zuwanderinnen und Zuwanderer in Bayern sozial, kulturell und identifikatorisch integriert sind. Dabei werden auch die Erfahrungen und Einschätzungen der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund berücksichtigt.
Bayern liegt im Bundesdurchschnitt
Im Jahr 2017 lebten in Bayern 3,05 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund, das entspricht 23,8 Prozent der Bevölkerung (Statistisches Bundesamt 2018). Bayern liegt damit im Bundesdurchschnitt (23,6 %). Zwischen 2005 und 2017 ist die Zahl der Menschen mit Migrationshintergrund um knapp 736.000 gestiegen, das entspricht rund 5,2 Prozentpunkten. Diese Statistiken enthalten allerdings noch nicht alle Flüchtlinge, die besonders 2015 und 2016 in großer Zahl auch nach Bayern gekommen sind.
Die Hälfte hat einen deutschen Pass
Von der Bevölkerung mit Migrationshintergrund besitzt etwa die Hälfte die deutsche Staatsbürgerschaft. Knapp 30 Prozent sind in Deutschland geboren und gehören somit der zweiten Zuwanderungsgeneration an. Die beiden größten Herkunftsgruppen waren 2017 Spät-/Aussiedlerinnen und Spät-/Aussiedler (3,4 % der Gesamtbevölkerung Bayerns) und Personen mit einem türkischen Migrationshintergrund (2,6 %). Weitere 10,5 Prozent der Gesamtbevölkerung stammen aus verschiedenen Ländern der Europäischen Union und 12,7 Prozent aus Staaten außerhalb der EU.
Bundesweit sind Menschen mit Migrationshintergrund im Schnitt jünger als die Bevölkerung ohne Migrationshintergrund. Das gilt auch für Bayern: Von den dort lebenden Menschen mit Migrationshintergrund waren 2017 insgesamt 20,4 Prozent unter 15 und fast die Hälfte unter 35 Jahre alt.
Das Zusammenleben wird positiv bewertet
Insgesamt bewerten die Befragten das Zusammenleben in Bayern genauso gut wie das Zusammenleben in Deutschland oder sogar besser. Die Merkmale für soziale, kulturelle und identifikatorische Integration sind positiv ausgeprägt, teilweise positiver als im übrigen Bundesgebiet. Beispielsweise berichten die Befragten seltener von erlebter Diskriminierung, und sie identifizieren sich stärker mit dem Wohnort. Benachteiligung ist dennoch ein Problem: Drei von zehn Befragten haben nach eigenen Angaben Diskriminierung erlebt.
Das Aussehen spielt doch eine Rolle
In Bayern fühlten sich 28 Prozent der Befragten mit Migrationshintergrund in den vorhergehenden fünf Jahren wegen ihrer Herkunft diskriminiert. Auch in der Gruppe der Menschen ohne Migrationshintergrund geben immerhin 6,4 Prozent an, dass sie aufgrund ihrer Herkunft benachteiligt wurden. Vermutlich wurden sie wegen einer bestimmten äußeren Erscheinung diskriminiert, beispielsweise der Hautfarbe.
Immerhin geben zwei von zehn Befragten ohne Migrationshintergrund im Integrationsbarometer an, dass sie „nicht typisch deutsch“ aussehen. Damit erleben die Befragten in Bayern – ob mit oder ohne Migrationshintergrund – etwas seltener Diskriminierung als im übrigen Bundesgebiet (33,2 % bzw. 9,9 %). Gegenüber den Aussagen im Integrationsbarometer 2016 ist das Ausmaß erfahrener Diskriminierung auf gleichem Niveau geblieben.
Die meisten Zuwanderer in Bayern haben häufig Kontakt zur Mehrheitsbevölkerung – häufiger als umgekehrt die Mehrheitsbevölkerung zu Personen mit Migrationshintergrund. Sie bewerten diese Kontakte allgemein positiv. Die Befragten mit Migrationshintergrund attestieren sich zudem gute Sprachkenntnisse, nutzen häufig deutschsprachige Medien und nähern sich in ihren Normvorstellungen denen der Mehrheitsbevölkerung an. Beispielhaft wurden hier die Rollenerwartungen an Mütter und Väter betrachtet.
Sprachkenntnisse sind wichtig
Die befragten Personen mit Migrationshintergrund in Bayern schätzen ihre Sprachkenntnisse überwiegend als „eher gut“ (41,5 %) oder sogar als „sehr gut“ ein (44,9 %). Nur 13,6 Prozent halten die eigenen Sprachkenntnisse für „eher schlecht“ oder „sehr schlecht“. Dabei zeigen sich kleinere Unterschiede zwischen den Herkunftsgruppen: Vor allem Befragte aus der „übrigen Welt“ beurteilen ihre Deutschkenntnisse häufiger als „eher schlecht“ oder „sehr schlecht“ (18,5 %). Zudem zeigen sich solche eher schlechten Selbsteinschätzungen fast nur in der ersten Zuwanderungsgeneration: 15,4 Prozent derer, die selbst nach Deutschland zugewandert sind, beurteilen das eigene Sprachniveau im Deutschen als „eher schlecht“ oder „sehr schlecht“. Bei der zweiten Generation tun das hingegen nur 4,4 Prozent der Befragten.
Emotionale Identifikation
Das Gefühl der Zugehörigkeit zu Deutschland ist bei den Zuwanderinnen und Zuwanderern in Bayern sehr ausgeprägt – wie es auch deutschlandweit der Fall ist: Rund 85 Prozent von ihnen identifizieren sich emotional mit Deutschland. Über die Hälfte der Befragten (51,6 %) stimmt der Aussage „Insgesamt fühle ich mich Deutschland zugehörig“ sogar „voll und ganz“ zu.
Allerdings ist die Identifikation je nach Herkunftsgruppe
unterschiedlich hoch ausgeprägt: Von den Befragten mit Spät-/Aussiedlerstatus fühlen sich Deutschland knapp 92 % „eher“ oder „voll und ganz“ zugehörig; bei den Türkeistämmigen sind es dagegen nur knapp 73 % und bei Zuwanderern aus der EU knapp 84 %.
Hohe lokale Verbundenheit
Schließlich fühlen sich die meisten Befragten mit Migrationshintergrund Deutschland und ihrem Wohnort zugehörig. Tatsächlich zeigt sich hier eine hohe lokale Verbundenheit: Neun von zehn Befragten mit Migrationshintergrund fühlen sich der Stadt, in der sie leben, „eher“ oder „voll und ganz“ zugehörig; 62,6 % bestätigen dies sogar „voll und ganz“. Diese Zustimmungswerte sind bei den Befragten in Bayern höher als im übrigen Bundesgebiet: Dort geben rund 57 Prozent der Befragten mit Migrationshintergrund an, dass sie sich ihrem Wohnort „voll und ganz“ zugehörig fühlen.
Besonders auffällig ist das Gefühl der Zugehörigkeit zum Wohnort bei den Türkeistämmigen: Hier beträgt die Zustimmungsquote 82,1 Prozent, das sind rund 9 Prozentpunkte mehr als bei der empfundenen Zugehörigkeit zu Deutschland insgesamt. Dies verweist auf die Bedeutung der in Bayern stark ausgeprägten Unterstützungsstrukturen und des Engagements in den Kommunen für die Förderung des gesellschaftlichen Zusammenhalts und die Integration von Personen mit Migrationshintergrund.
Kulturelle Annäherung
Dabei zeigt sich eine zunehmende kulturelle und identifikatorische Annäherung über die Generationen: Menschen mit Migrationshintergrund, die in Deutschland geboren sind, sprechen besser Deutsch, vertreten ähnliche normative Ansichten wie jene ohne Migrationshintergrund und identifizieren sich stark mit Deutschland. Die Sonderauswertung des Integrationsbarometers zeigt aber auch Unterschiede zwischen den Herkunftsgruppen. So haben die türkeistämmigen Befragten insgesamt weniger interkulturelle Kontakte – z. B. in der Nachbarschaft –, und sie erleben mehr Diskriminierung als Befragte anderer Herkunftsgruppen.
Wie Integrationsminister Joachim Herrmann bei der Vorstellung der Studie betonte, „zeigen die Ergebnisse, dass wir in Bayern sehr erfolgreiche Integrationsarbeit leisten. Integration hat bei uns einen hohen politischen und gesellschaftlichen Stellenwert. Das trägt Früchte.“
DK