Kommunalverbändezurück

(GZ-3-2017)
gz deutscher landkreistag
► Präsidiumssitzung des Deutschen Landkreistags:
 
Wegmarken für 2017
 
Für eine weitere Beschleunigung der Asylverfahren und eine konsequente Abschiebung abgelehnter Asylbewerber hat der Deutsche Landkreistag bei seiner Präsidiumssitzung im Landkreis Fulda plädiert. Laut Präsident Landrat Reinhard Sager „müssen wir die Bedingungen zur erleichterten Rückkehr von Ausreisepflichtigen verbessern, gerade um uns auf diejenigen mit guter Bleibeperspektive zu konzentrieren und das Vertrauen in den Rechtsstaat zu bewahren. Bei Abschiebungen von Personen ohne Bleiberecht leiden wir unter einem zum Teil erheblichen Umsetzungsdefizit, etwa im Zusammenhang mit konsequenten Rückführungen in sichere Herkunftsländer.“

Der Kommunalverband sprach sich für die Einrichtung von Transitzonen an den Grenzen aus. Sager zufolge „sollten darin insbesondere die Asylverfahren von Antragstellern aus sicheren Herkunftsländern, aus Ländern mit einer geringen Anerkennungsquote sowie von wiedereinreisenden Folgeantragstellern abschließend entschieden werden. Die Rückführung abgelehnter Antragsteller sollte direkt aus den Transitzonen erfolgen.“

Erstaufnahmeeinrichtungen

Eine Verteilung von Asylbewerbern ohne Bleibeperspektive auf die Landkreise werde auf diese Weise von vornherein vermieden, betonte der Präsident. „Wie bereits für Asylbewerber aus sicheren Herkunftsländern ist deshalb auch für andere Asylbewerber ohne Bleibeperspektive verpflichtend vorzusehen, dass sie bis zum Abschluss ihres Asylverfahrens und ihrer Rückführung zumindest in den bereits vorhandenen Erstaufnahmeeinrichtungen und Ankunftszentren der Länder zu verbleiben haben.“ Die Abschiebung abgelehnter Asylbewerber müsse generell effizienter ausgestaltet werden. So sollten beispielsweise Asylbewerber, von denen eine Gefahr für die nationale Sicherheit ausgeht („Gefährder“), in Haft genommen werden können.

Auf der anderen Seite werde der Integration von Flüchtlingen mit Bleibeperspektive eine weiter wachsende Bedeutung zukommen. Wichtig ist nach Sagers Auffassung, dass die Landkreise Integration bereits jetzt strategisch angehen, organisieren und gestalten, um aus jedem zugewanderten Menschen eine Chance für den Landkreis und unser Land zu machen. Ebenfalls notwendig seien Freiräume zur eigenverantwortlichen Gestaltung. Nur wenn politische, gesellschaftliche, rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen stimmen, könne Integration gelingen. In diesem Zusammenhang müsse kommunale Verantwortung gestärkt werden, z. B. im Hinblick auf zu verbessernde Möglichkeiten der Landkreise, den Einsatz von Sprachkursen zu koordinieren.

Kommunalfinanzen

Mit Blick auf das vergangene Jahr wies der Kommunalverband darauf hin, dass auf Bundesebene viel für die Landkreise erreicht worden sei. Nach Sagers Worten betrifft dies vor allem die Stärkung der Kommunalfinanzen um jährlich 5 Mrd. Euro ab 2018. „Wir freuen uns, dass der Bund Wort gehalten und dieses für die Kommunen zentrale Vorhaben der Koalitionsvereinbarung nun unter Dach und Fach gebracht hat. Wir können mit diesem Ergebnis zufrieden sein, obgleich in struktureller Hinsicht noch viel für die Kommunalfinanzen erreicht werden muss.“ So zeige diese milliardenschwere Unterstützung vor allem auch, dass es um die finanzielle Ausstattung der Landkreise, Städte und Gemeinden im Kern nicht gut bestellt ist. Daher sei es an der Zeit, über diese einzelnen Hilfeleistungen hinaus endlich strukturell etwas für die Kommunen zu erreichen, statt immer wieder nur punktuell die größten Löcher zu stopfen.

Umsatzsteuerverteilung

„Wir wollen nicht weniger als eine aufgabengerechtere Umsatzsteuerverteilung, die nicht nur die Kommunen begünstigt, die wirtschaftsstark sind. Die Steuermittel müssen endlich auch so verteilt werden, dass finanzschwache Kommunen mehr davon erhalten“, fuhr der Präsident fort. Dies müsse ausdrücklich auch die Landkreise mit einbeziehen, die bislang keinen Umsatzsteueranteil erhalten, aber im kommunalen Bereich den größten Anteil der Sozialausgaben zu tragen haben. Sager bezeichnete dies als „eine Unwucht, die unbedingt besser heute als morgen angegangen werden muss. Alles andere bleibt letztlich – so gut und richtig Finanzspritzen immer sind – Stückwerk. Das hilft uns strukturell nicht weiter und mündet früher oder später doch nur wieder darin, dass die Kommunen auf zusätzliches Geld von Bund und Ländern angewiesen sind. Es geht uns perspektivisch darum, diesen Zyklus zu durchbrechen, indem wir für eine Stärkung der Kommunalfinanzen auf der Einnahmeseite eintreten.“

Steigende Sozialausgaben

Bezogen auf die vielfache finanzielle Unterstützung des Bundes meinte der DLT-Chef: „Ich bin zuversichtlich, dass uns das vor Ort ein ganzes Stück weiterhelfen wird, gerade in Anbetracht weiter stark aufwachsender Sozialausgaben, kommunaler Investitionserfordernisse etwa bei Schule und Digitalisierung sowie Gestaltungsaufgaben wie bei der Integration von Flüchtlingen. Gerade die Integration wird den Landkreisen mehr und mehr abverlangen – konzeptionell, personell und finanziell. Daher ist die ebenfalls beschlossene Übernahme der flüchtlingsbedingten Unterkunftskosten von 2016 bis 2018 durch den Bund ein wichtiger Beitrag zur Freihaltung der Haushalte der Landkreise von diesen Zusatzkosten. Wir vertrauen insoweit der Zusage der Bundeskanzlerin, zu gegebener Zeit auch über 2018 hinaus für eine entsprechende Kostenübernahme zu sorgen.“

Sager appellierte freilich auch an die Länder, ihrer Verantwortung gegenüber den Landkreisen gerecht zu werden: „Das 5 Milliarden-Bundespaket enthält nämlich auch 1 Milliarde Euro für die Länder zur Weiterleitung an die Landkreise, Städte und Gemeinden. Wir gehen fest davon aus, dass die Länder diese Milliarde wie zugesagt vollständig weiterleiten.“

Zudem hätten die Länder allein im vergangenen Jahr mehr als 7,5 Mrd. Euro zusätzlich aus dem Umsatzsteueraufkommen des Bundes zur Bewältigung der Kosten der Asylverfahren und für Integrationsleistungen erhalten: „Wir fordern die Länder daher aus diesem Anlass erneut nachdrücklich auf, ihrer Pflicht zur aufgabenangemessenen Finanz-ausstattung ihrer Kommunen auch im Integrationsbereich nachzukommen. Dazu sind sie nach der erheblichen Finanzspritze des Bundes auch in der Lage“, urteilte Sager.

Bildung bleibt Ländersache

Als hilfreich für die Landkreise benannte er auch die vom Bund beschlossenen 3,5 Mrd. Euro für den Bildungsbereich, allerdings dürfe dieses Vorgehen nicht die Regel werden. „Es ist kontraproduktiv, wenn der Bund in diesem originären Zuständigkeitsbereich von Ländern und Kommunen tätig wird. Bildung ist keine Zuständigkeit des Bundes. Deshalb haben wir klar gesagt, dass es ein solches Geldgeschenk nicht noch ein zweites Mal geben darf.“ Ebenso klar sei aber auch, dass Investitionen in die Schulen dringend benötigt würden. „Das wollen wir keineswegs in Abrede stellen. Allerdings sehen wir hier eindeutig die Länder in der Pflicht.“

Für aufgabenangemessene Finanzausstattung

Sinnvoller als einmalige Geldgeschenke sei ein neuer Schlüssel zur Verteilung der Steuermittel, der endlich für eine aufgabenangemessene Finanzausstattung der Kommunen sorge. „Darum wird es dem Deutschen Landkreistag auch und gerade im Wahljahr 2017 zentral gehen.“

Leider befördere die Einigung zu den Bund-Länder-Finanzen eine Entwicklung in die falsche Richtung, da sich die Länder noch abhängiger vom Bund machten und diesem teilweise erhebliche Mitgestaltungsbefugnisse einräumten: „Wir wollen aber eine tragfähige dauerhafte Finanz-ausstattung aller staatlichen Ebenen zur Erfüllung der jeweiligen Aufgaben ohne wechselseitige Einflussnahmen. Aber wir sehen auch, dass einige besonders zentralisierende Aspekte mittlerweile abgemildert worden sind: Das betrifft die etwas offenere Ausgestaltung der Bundeskompetenzen bei der Verbesserung der Digitalisierung von Verwaltungsleistungen oder die ursprünglich drastischen Interventionsmöglichkeiten des Bundes gegenüber den Ländern bei Investitionshilfen“, stellte der Präsident fest.

Seine kritische Haltung bekräftigte der Deutsche Landkreistag indes zur beabsichtigten Novellierung des Unterhaltsvorschusses und schlug in diesem Zusammenhang eine Vereinfachung vor. Wie Reinhard Sager erläuterte, „sollten Empfänger von Leistungen nach dem SGB II keinen Unterhaltsvorschuss beantragen müssen. Dieser Vorschuss wird nämlich vom Jobcenter ohnehin als Einkommen berücksichtigt, so dass es für die Hartz IV-Empfänger stets ein ‚Nullsummenspiel’ ist. Wir würden den alleinerziehenden SGB II-Empfängern den doppelten Behördengang ersparen. Für die Betroffenen käme es zu keiner Verschlechterung: Sie erhalten denselben Betrag wie heute, aber künftig ausschließlich vom Jobcenter. Das wäre für alle Beteiligten eine Vereinfachung.“

Im Oktober 2016 hatten Bund und Länder im Rahmen ihrer Einigung zu den Finanzbeziehungen verabredet, ab 2017 die Altersgrenze für Kinder, für die Unterhaltsvorschuss gezahlt wird, von zwölf auf 18 Jahre anzuheben und die Dauer der Zahlungen in Zukunft nicht mehr zeitlich zu beschränken. „Wir lehnen diese überstürzte und für die Landkreise als Unterhaltsvorschussstellen kostspielige Novelle in der vorliegenden Form ab, da sie weder personell noch organisatorisch so kurzfristig umsetzbar ist. Zudem würde dadurch das Nebeneinander von Unterhaltsvorschussstellen und Jobcentern verstärkt“, hob Sager hervor. Dies gelte, auch wenn der Deutsche Landkreistag die Aufhebung der Altersgrenze und die Entfristung an sich grundsätzlich nicht in Frage stelle.

Mehrbelastungen

Durch die Aufhebung der Befristung des Leistungsbezuges und die Ausweitung des Kreises der Anspruchsberechtigten würden sich die Fallzahlen möglicherweise sogar mehr als verdoppeln, was derzeit noch nicht absehbare finanzielle Folgewirkungen hätte, warnte der Präsident. „Wir erwarten daher, dass die finanziellen Mehrbelastungen der Kommunen sowohl bei den Zweckausgaben als auch bei der Verwaltung vollständig ausgeglichen werden.“

Der Deutsche Landkreistag fordert in diesem Zusammenhang, bei SGB II-Leistungsberechtigten künftig generell nicht auch noch zusätzlich die Unterhaltsvorschussstellen einzuschalten. „87 % der Leistungsbezieher von Unterhaltsvorschuss erhalten auch SGB II-Leistungen vom Jobcenter. Der Unterhaltsvorschuss wird vom Jobcenter als Einkommen angerechnet und geht somit in der Leistung des Jobcenters auf. Damit handelt es sich um den klassischen Fall von Doppelbürokratie. Der Bürger muss zwei Anträge bei zwei Behörden stellen, erhält im Ergebnis aber nur eine Leistung, nämlich die des Jobcenters“, legte Sager dar.

Doppelte Bearbeitung

Diese doppelte Bearbeitung und Zahlung von Unterhaltsvorschussstelle einerseits und Jobcenter andererseits würde durch die Reform weiter ausgeweitet. „Deshalb müssen wir zu einer deutlichen Entbürokratisierung kommen, indem wir den Unterhaltsvorschuss auf die kleine Gruppe von Alleinerziehenden konzentrieren, die nicht parallel Leistungen des Jobcenters erhalten“, machte der DLT-Präsident deutlich. „Die Betroffenen erhalten dasselbe Geld wie heute, aber wir ersparen ihnen und uns den doppelten Behördengang.“

Die Unterhaltspflichtigen – also in der Regel die Väter – würden dadurch nicht besser gestellt: „Das Signal an die sich ihren elterlichen Verpflichtungen entziehenden Personen ist keineswegs: ‚Ihr kommt davon’. Vielmehr treiben Jobcenter und Unterhaltsvorschussstellen den ausstehenden Unterhalt ein. Es ist kein Kavaliersdelikt, sich seiner Unterhaltsverpflichtung zu entziehen: Wer dies tut, macht sich strafbar.“

Durch diese gesetzestechnisch leicht umsetzbare Änderung im Unterhaltsvorschussgesetz könnte nach Sagers Einschätzung die seit langem kritisierte Doppelbürokratie beseitigt und überdies vermieden werden, dass die kommunalen Behörden zeitlich, personell und finanziell überfordert werden.

DK

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