Kommunalverbändezurück

(GZ-18-2025 - 25. September)

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► Präsidiumssitzung des Deutschen Städtetags:

Tiefgreifende Reformen nötig

Die deutschen Städte schlagen Alarm: Bei seiner Präsidiumssitzung in Potsdam hat der Deutsche Städtetag die Bundesregierung aufgefordert, den angekündigten „Herbst der Reformen“ zu nutzen, um Kommunen spürbar zu entlasten. Im Mittelpunkt stehen wachsende Sozialausgaben, eine Neuordnung staatlicher Aufgaben sowie ein konsequenter Abbau von Bürokratie. Ohne tiefgreifende Reformen drohten die Haushalte vieler Städte in eine Schieflage zu geraten, warnte der Präsident des Städtetages, Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung.

Die Finanzlage der Kommunen hat sich zuletzt dramatisch verschlechtert. Laut Städtetag erreichten die Defizite im vergangenen Jahr einen Höchststand von 25 Milliarden Euro. Bereits heuer sei mit einem neuen Rekord von über 30 Milliarden Euro zu rechnen. „Die kommunalen Haushalte kollabieren gerade“, stellte Jung fest. „Die Städte haben keine Zeit mehr für Trippelschritte. Jetzt müssen die großen Räder gedreht werden.“

Stark steigende Ausgaben zu wenig Einnahmen

Hintergrund dieser Entwicklung ist eine Kombination aus stark steigenden Ausgaben und fehlender Dynamik bei den Einnahmen. Besonders die Sozialleistungen schlagen in den Haushalten zu Buche und wachsen deutlich schneller als die kommunalen Einnahmen aus Steuern und Gebühren.

Nach Einschätzung des Städtetags wird die Debatte um das Bürgergeld oft verkürzt geführt. „Das Bürgergeld ist in unseren Städten nicht der Haupt-Kostentreiber“, erläuterte der Verbandschef. Deutlich stärker belasteten die Kommunen die Ausgaben in der Kinder- und Jugendhilfe sowie die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung. Beide Bereiche hätten in den vergangenen Jahren sprunghafte Zuwächse verzeichnet.

Gesamtgesellschaftliche Aufgaben

Der Verband verweist darauf, dass es sich dabei um gesamtgesellschaftliche Aufgaben handle, die nicht allein den Städten überlassen werden dürften. Besonders kritisch wird gesehen, dass der Bund mit dem Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung Verpflichtungen geschaffen habe, ohne gleichzeitig eine dauerhafte Finanzierungsregelung mit den Kommunen zu vereinbaren. „Wir brauchen hier Lösungen, wie Bund, Länder und Kommunen solche Aufgaben gemeinsam finanzieren – fair verteilt und dynamisiert“, unterstrich Jung.

Neuordnung der Verwaltungsstrukturen

Ebenso auf der Agenda steht eine grundsätzliche Neuordnung der Verwaltungsstrukturen. Standardisierte Verfahren wie Kfz-Zulassung, Wohngeld- oder BAföG-Anträge könnten nach Auffassung der Städte zentral von Bund oder Ländern erledigt werden. Heute seien noch tausende Kommunen damit beschäftigt, Anträge entgegenzunehmen und weiterzureichen – oft ohne eigene Entscheidungskompetenz.

„Es ergibt keinen Sinn, wenn überall Personal gebunden wird, nur um Formulare zu bearbeiten und abzustempeln“, machte Jung deutlich. Mit einer guten Digitalisierung könnten solche Verfahren zentral und effizient abgewickelt werden. Für die Bürgerinnen und Bürger ergäbe sich dadurch zugleich ein unkomplizierterer Zugang zu Leistungen.

Vereinfachungen gefordert

Auch bei der Vergabe von Fördermitteln fordern die Städte Vereinfachungen. Häufig müssen Kommunen umfangreiche Anträge stellen und komplizierte Nachweise erbringen, um an Gelder aus Bund- oder Landesprogrammen zu gelangen. Stattdessen solle es feste Budgets geben, über die Städte eigenständig verfügen können. „Wir brauchen große Entscheidungsspielräume vor Ort“, betonte der Präsident. Jedes neue Gesetz müsse außerdem von Beginn an mit digitalen Lösungen geplant und auf seine Praxistauglichkeit in den Städten überprüft werden.

Mit Sorge blickt der Deutsche Städtetag zudem auf die steigenden Kosten der Hilfe zur Pflege, die vollständig von den Kommunen getragen werden, wenn Pflegebedürftige ihre Eigenanteile nicht zahlen können. Diese Unterstützung werde immer häufiger beantragt.

„Die Pflegekosten steigen immer dynamischer. Das sollte bei der Bundesregierung die Alarmglocken schrillen lassen“, hob Hauptgeschäftsführer Christian Schuchardt hervor. Der Verband fordert deshalb, die Eigenanteile wirksam zu begrenzen und die Pflegeversicherung zu einer Vollversicherung auszubauen. Damit ließe sich auch das Nebeneinander von Pflegeversicherung und kommunaler Hilfe zur Pflege beenden. Schuchardt spricht von einem notwendigen „Systemwechsel“, der sowohl die Kommunen entlasten als auch Bürokratie abbauen würde.

Ein weiteres Thema der Präsidiumssitzung war die Beamtenversorgung in den Kommunen. Der Saarbrücker Oberbürgermeister und Vizepräsident des Deutschen Städtetages, Uwe Conradt, mahnte, die Debatte sachlich zu führen und die Beamtinnen und Beamten nicht zu Sündenböcken für die Finanzkrise der Kommunen zu machen.

Nur etwa zehn Prozent des kommunalen Personals seien verbeamtet, 90 Prozent arbeiteten als Angestellte. Die Ursache der Finanzprobleme liege daher nicht in der Beamtenversorgung, sondern in der strukturellen Unterfinanzierung der Städte und den stetig steigenden Sozialausgaben.

Conradt plädierte für Bestandsschutz bei den Versorgungsansprüchen und eine Konzentration der Verbeamtung auf klassische hoheitliche Aufgaben, etwa in der Sicherheit, der Ordnung oder im Finanzwesen. Gleichzeitig betonte er die Bedeutung von Anerkennung: „Unsere Beamtinnen und Beamten tragen Tag für Tag Verantwortung für das Funktionieren unserer Städte. Sie verdienen Respekt.“

DK

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