Kommunalverbändezurück

(GZ-22-2021)
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► Stellungnahme des Sachverständigenrats Ländliche Entwicklung:

 

Für gleichwertige Lebensverhältnisse

 

Mit konkreten Vorschlägen zur Stärkung ländlicher Räume wartet der Sachverständigenrat Ländliche Entwicklung (SRLE), dem u.a. der DStGB angehört, in einer aktuellen Stellungnahme auf. Zentrale Herausforderung für die 20. Legislaturperiode sei es, gleichwertige Lebensverhältnisse zu schaffen und die Digitalisierung ländlicher Räume voranzutreiben. Stärker als bisher sollen die Gemeinden dabei unterstützt werden, ihren Beitrag zum Erreichen der Klimaziele zu leisten.

Konkret reichen die Vorschläge des Sachverständigenrates von einer Verbesserung der Verkehrsanbindung mit nachhaltigen Verkehrsträgern über die Stärkung der Gesundheitsversorgung durch eine sektorübergreifende Versorgungsplanung bis zur Vitalisierung von Ortskernen durch die Förderung der Innenentwicklung.

Mit Blick auf die Energiewende empfiehlt der SRLE, die durch die EEG-Novelle 2020 für Windenergie geschaffene Wertschöpfungsbeteiligung für Kommunen verpflichtend auf alle überregional betriebenen Anlagen für erneuerbare Energien auszuweiten, unabhängig von der Erzeugungsart und der Förderung durch das EEG. Auch sollte die Nationale Wasserstoffstrategie dezentral ausgerichtet werden, um Wertschöpfung und Innovation in der Fläche zu halten bzw. zu erzeugen. Lastenausgleiche müssten die Belange der ländlichen Räume berücksichtigen.

Was deren Stärkung als nachhaltigen Wirtschaftsstandort anbelangt, müssten die politischen Rahmenbedingungen gerade familiengeführten Unternehmen helfen, sich weiterzuentwickeln – „auch als Perspektiven-, Rückkehr-, und Dableibe-Gestalter für Menschen aller Altersgruppen in ländlichen Räumen“. Neben einer bundesweit adäquaten Infrastruktur-, Wirtschafts-, Arbeitsmarkt- und Einwanderungspolitik sollte ein attraktives Wohn- und Lebensumfeld im Vordergrund stehen.

Erforderlich sei auch eine finanziell hinterlegte Nationale Tourismusstrategie, die die besonderen Bedürfnisse der ländlichen Räume fokussiert und die Akteure vor Ort einbindet. Neben der Verbesserung der verkehrlichen und digitalen Erreichbarkeit sei besonders der Fachkräftemangel im Dienstleistungssektor ins Zentrum politischer Maßnahmen zu rücken.

Des Weiteren sollten Vorschläge für eine flächendeckende Gesundheitsversorgung erarbeitet werden, bei der ambulante wie stationäre Angebote im Gesundheits-, Pflege- und Therapiebereich besser miteinander verzahnt sind. Möglichkeiten der Digitalisierung im Gesundheitswesen seien stärker zu nutzen. Die klassische Krankenhausplanung durch die Länder sollte durch eine sektorenübergreifende Versorgungsplanung ersetzt werden. Es wird empfohlen, Lösungen für die Planung und Sicherstellung der medizinischen Versorgung dabei möglichst kleinräumig und unter Einbeziehung der Kommunen gemeinsam zu entwickeln.

Da der motorisierte Individualverkehr in ländlichen Räumen für die Mobilität von Pendlern, Familien und Wirtschaft auch absehbar eine wesentliche Rolle spielen wird, ist aus Sicht des Sachverständigenrats der flächendeckende Ausbau der (Schnell-)Ladeinfrastruktur im Bereich der Elektromobilität erforderlich. Durch die Förderung emissionsarmer Fahrzeuge sei zudem im öffentlichen wie privaten Bereich dafür zu sorgen, dass die Antriebswende auch in den ländlichen Räumen gelingt. Durch einen Förderschwerpunkt autonomes Fahren sollten perspektivisch eine Anbindung an die Zentren bzw. der Übergang zum ÖPNV und SPNV verbessert werden. Eine intelligente digitale Verknüpfung vorhandener wie neuer Mobilitätselemente könne effizienzsteigernd eingesetzt werden.

Stichwort Wohnraumpolitik: „Die Sanierung von Altgebäuden ist dem Neubau hinsichtlich des Ressourcenverbrauchs (unversiegelte Fläche, Energie, Rohstoffe) weit überlegen, eine Grundsanierung spart gegenüber dem Neubau bis zu 80 % an Ressourcen ein“, heißt es.

Sanierung sollte im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung und des Klimaschutzes Priorität haben. Deshalb sei ein umfassendes Bauförderprogramm „Sanierung vor Neubau“ notwendig, um die Sanierung im Bestand zu stärken und gegenüber der bedarfsgerechten Entwicklung von Neubaugebieten am Stadt- oder Dorfrand attraktiver zu machen.

Daneben müsse das Gebäudeenergiegesetz eine flexible Anpassung an eine sinnvolle Umsetzung von Wärmeschutzmaßnahmen ermöglichen. Zugleich bedürfe es einer öffentlichen Diskussion über eine flexiblere Anwendung des Denkmalschutzes unter Berücksichtigung lokaler Gegebenheiten.

Fakt ist, dass die pandemiebedingten Beschränkungen den Rückzug des (Einzel-)Handels, der Gastronomie und kleinerer Gewerbebetriebe aus den Zentren der Dörfer, Klein- und Mittelstädte noch einmal beschleunigt haben. Entsprechender Leerstand von Gewerbeimmobilien vermindert die Attraktivität dieser Kommunen, die als Ankerpunkte der ländlichen Räume eine wichtige Bedeutung haben, dramatisch. Die finanzielle Förderung der Sanierung im Bestand müsse deshalb auch für Gewerbeimmobilien nutzbar sein und mit weiteren Maßnahmen zur Attraktivitätssteigerung der Innenbereiche kleiner Städte und der Dorfkerne flankiert werden.

Hierzu sollten die bestehenden Förderansätze gestärkt und für entsprechende Maßnahmen weiter geöffnet werden. Anknüpfungspunkt hierfür sei neben dem nationalen Strategieplan zur Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP), mit dem der Europäische Landwirtschaftsfonds für die ländliche Entwicklung (ELER) umgesetzt wird, eine Weiterentwicklung der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) mit dem Ziel, Grundversorgungsstrukturen in ländlichen Räumen umfassender als bisher fördern zu können.

Zudem sei im Rahmen der Förderung über die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW) sicherzustellen, dass mehr Mittel für die Sanierung von Gewerbeimmobilien von Handwerkbetrieben bereitstehen. Im Übrigen sollten Städte und Gemeinden auf leerstehende Immobilien in Ortskernen mit ungeklärter Eigentumslage sowie bei Schlüsselimmobilien einen verbesserten Zugriff bekommen. Dies umfasst auch die Möglichkeit des Grunderwerbs oder der Anmietung dieser Immobilien im Interesse der Vitalisierung von Ortskernen und Zentren. Neben einer Stärkung der kommunalen Vorkaufsrechte könnten ein von Bund und Ländern aufgelegter Ortskernfonds, eine Erhöhung der Mittel für die Dorfentwicklung im Rahmen der Integrierten Ländlichen Entwicklung (ILE) sowie eine Aufstockung der Städtebaufördermittel des Bundes weitere Impulse setzen.

Bereits mehrfach hat der SRLE betont, dass die Stärkung der Handlungsfähigkeit ländlicher Räume einer Verbesserung der kommunalen Steuerausstattung bedarf. Konkret spricht sich der Sachverständigenrat gegenüber dem Bund – neben einem Appell an die Länder zur Gewährleistung einer auskömmlichen kommunalen Finanzausstattung – für eine Erhöhung des kommunalen Umsatzsteueranteils und eine Verteilung dieser zusätzlichen Mittel nach Einwohnern aus.

Außerdem sei es dringend angezeigt, dass die Standortgemeinden von Erneuerbaren-Energie-Anlagen, die fast alle in ländlichen Räumen liegen, endlich verpflichtend an der Wertschöpfung dieser Anlagen beteiligt werden. Dies gelte insbesondere für On-Shore-Windkraftanlagen sowie Photovoltaikanlagen.

DK

 

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