Kommunalverbändezurück

(GZ-18-2021)
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Bundeswehr und Kommunen

 

Seit Gründung der Bundeswehr 1955 arbeiten Städte und Gemeinden in Deutschland eng mit den Streitkräften zusammen. Hier, vor Ort, ist die Bundeswehr zuhause, hier finden Soldatinnen und Soldaten ihre Heimat, hier entstehen Bindungen. Und deswegen überschneiden sich auch hier, an den Standorten, die Interessen der Bundeswehr mit denen der Städte, Gemeinden und Ortschaften. Die neue DStGB-Dokumentation „Bundeswehr und Kommunen“ hebt gute Beispiele der Zusammenarbeit von Bundeswehr und Kommunen hervor und möchte zu weiteren engeren Kooperationen ermutigen.

Beispiel Kempten: Wenige Monate nach Einführung der Wehrpflicht ereignete sich in der Stadt Kempten im Allgäu ein Unglück, das die noch junge Bundeswehr für immer prägte: Bei der Durchquerung des Flusses Iller im Juni 1957 verunglückten 15 Rekruten tödlich. Damals schlug die Geburtsstunde des Soldatenhilfswerks, das als „Hilfsaktion Iller“ die Hinterbliebenen der verstorbenen Soldaten mit Spenden unterstützte. Bis zum heutigen Tag ist das Soldatenhilfswerk die Selbsthilfeorganisation aller Soldatinnen und Soldaten in der Bundeswehr, die in Situationen hilft, in denen staatliche Hilfe nicht oder nicht schnell genug zur Verfügung steht.

Hohe Verantwortung der Vorgesetzten

Heute gedenken die Stadt Kempten sowie Angehörige der Bundeswehr in jedem Jahr gemeinsam der Verstorbenen. Gäste sind auch die letzten Überlebenden des Unglücks. Wie Kemptens Oberbürgermeister Thomas Kiechle darlegt, stehe das Illerunglück dafür, bewusst zu machen, welch hohe Verantwortung Vorgesetzte tragen – im militärischen Bereich und überall, wo Menschen zusammenarbeiten. „Wenn durch dieses Bewusstsein mehr Rücksichtnahme, mehr Verständnis und mehr Miteinander im beruflichen und im persönlichen Bereich entstehen und uns leiten, dann haben die 15 Rekruten, die auf so tragische Weise ihr Leben verloren haben, dies nicht vergebens getan. Ihr Andenken in Ehren zu halten, ist der Stadt Kempten Auftrag und Verpflichtung.“

Verlässlichkeit und Zusammenhalt

Beispiel Berchtesgaden: Wie Bürgermeister Franz Rasp in seinem Dokumentationsbeitrag betont, werde der Januar 2019 der Region um Berchtesgaden in Erinnerung bleiben: Zum einen, was die Herausforderungen bei der Bewältigung von extremen Schneefällen angeht, zum anderen, was die Verlässlichkeit und das Zusammenhalten – auch dank der Bundeswehr – vor Ort angeht.

Rasp zufolge kam es damals in Berchtesgaden zu anhaltenden Schneefällen. Bis dahin war der 8. Januar ein ganz normaler Werktag mit Schulbetrieb, als am Vormittag mehrere Straßensperrungen beschlossen werden mussten. Davon betroffen war auch der Ortsteil Buchenhöhe, der auf rund 1.000 Metern Seehöhe liegt und ein Schulzentrum beherbergt, das sich auf die Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit Atemwegserkrankungen spezialisiert hat.

Nun stellte sich die Aufgabe der Versorgung und des Transports der von der Außenwelt abgeschnittenen Schüler, Lehrer und Anwohner. Die Entfernung der die Straße gefährdenden Bäume und die Freigabe der Straße würden mindestens noch 48 Stunden dauern. Einen Lösungsansatz hatte Rasp schnell gefunden: Vielleicht konnte die Bundeswehr mit ihren gepanzerten Kettenfahrzeugen aushelfen. Ein solches „Hägglund“ müsste den Aufprall eines Baumes eigentlich aushalten können.

Hilfe mit dem Hägglund

Also schnell zum Telefonhörer gegriffen und beim Kommandeur unseres Gebirgsjägerbataillons 232 im Nachbarort angerufen. Nach einer kurzen Bedenkzeit kam von Oberstleutnant Sonneberger militärisch knapp und präzise die Antwort, dass er innerhalb von einer Stunde in der Lage sei, mit „Hägglunds“ auszuhelfen. Gesagt, getan:

An diesem Nachmittag konnten die Schülerinnen und Schüler mit gepanzerten Fahrzeugen von der Schule abgeholt werden. Was für die Jugendlichen ein kleines Abenteuer war, verstetigte sich noch in den folgenden Tagen zu einem Pendelbetrieb für die notwendigen Lebensmittellieferungen der eingeschlossenen Bewohner der Buchenhöhe. Aus Sicht des Rathauschefs „war diese Entscheidung eines verantwortlichen Offiziers im Nachhinein die wohl beste Werbung für die Bundeswehr überhaupt“. Der gesamte Einsatz verlief unfallfrei und in dem folgenden Katastrophenfall war die Bundeswehr wertvoller Partner beim Abschaufeln der einsturzgefährdeten Dächer.

„Auch wenn das nur eine unter Bundeswehrmaßstäben vergleichsweise kleine Aktion war, so zeigt sie mir die Selbstverständlichkeit, mit der wir mit unserem Bundeswehrstandort in der Strub und seinen Soldatinnen und Soldaten zusammenleben“, erläutert Rasp.

„Patenschaft ist hier bei uns nicht nur ein symbolischer Akt, sondern ein gelebtes Miteinander von Geben und Nehmen, geprägt von persönlichem Kontakt, gegenseitiger Wertschätzung und kurzen Entscheidungswegen. Es ist gut zu wissen, dass wir uns gegenseitig aufeinander verlassen können und ich freue mich auf die weitere Zusammenarbeit.“

An der Seite der Menschen in Zeiten der Not 

Wie Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer in ihrem Vorwort betont, seien die Formen der Zusammenarbeit und des Miteinanders auf kommunaler Ebene besonders eindrücklich in Zeiten der Not. Dies sei so bei den Bundeswehreinsätzen während des Hochwassers an Oder und Elbe 1997 und 2002 gewesen. Und auch in der Corona-Pandemie seit 2020 stehe die Bundeswehr den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort zur Seite. „Seit Ausbruch der Pandemie galt: Dort, wo zivile Strukturen unter Druck geraten, ist die Bundeswehr bereit schnell und unbürokratisch zu helfen“, so Kramp-Karrenbauer.

Bis Mitte 2021 habe die Bundeswehr rund 6500 Hilfeleistungsanträge mit über 75.000 Soldatinnen und Soldaten im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie bundesweit durchgeführt. Dabei unterstützten die Frauen und Männer in Uniform insbesondere bei der Kontaktnachverfolgung in den Gesundheitsämtern der Bundesländer, in Alten- und Pflegeheimen oder etwa beim Transport und Lagerung von Schutzausrüstung und Impfstoff. Zudem unterstütze die Bundeswehr mit Ärztinnen und Ärzten, Sanitätspersonal und sogenannten helfenden Händen in den Testzentren und bei der Impfkampagne.

Corona-Einsatz

Bereits heute stehe fest: „Der ‚Corona-Einsatz‘ unserer Soldatinnen und Soldaten ist der längste und größte Unterstützungseinsatz in Deutschland in der Geschichte der Bundeswehr.“

Neue Stationierungskonzepte und das Aussetzen der Wehrpflicht haben laut Dr. Gerd Landsberg, Geschäftsführendes Präsidialmitglied des DStGB, dazu geführt, dass die Bundeswehr nicht mehr in jeder Region und in jeder Familie verwurzelt ist, wie es in der Vergangenheit überwiegend der Fall war. Umso wichtiger sei es, sich aktiv für die Integration der Bundeswehr und ihrer Angehörigen in die Gesellschaft einzusetzen. Auch sei sicherzustellen, dass die Bundeswehr eine Armee zum Anfassen und mit den Menschen an ihren jeweiligen Standorten gesellschaftlich und sozial eng verbunden ist.

Solidarität und Wertschätzung

Es gebe viele Möglichkeiten für die Kommunen, ihre Solidarität und Wertschätzung für die Soldatinnen und Soldaten zum Ausdruck zu bringen, so Landsberg. Sei es die Idee der Gelben Schleifen, bei der diese etwa an Rathäusern als Symbol der Verbundenheit sichtbar platziert werden, oder eine Patenschaft zwischen einer Kommune und einem Truppenteil. Gemeinsame Veranstaltungen, insbesondere gemeinsame Feste, aber auch Diskussionsformate seien wichtig, um einander kennenzulernen und zu verstehen. Aber auch das Arbeiten an gemeinsamen Herausforderungen, wie etwa Kooperationen bei Kindertagesstätten, könnten die Verbindung zwischen Bundeswehr und Gesellschaft vor Ort stärken.

DK

 

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