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(GZ-14-2021)
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► Jahrestagung des Bayerischen Bezirketags in Fürstenfeldbruck:

 

Versorgungsauftrag erfüllt

 

Die Corona-Pandemie hat viele neue Fragen aufgeworfen. Dennoch zeigte sich der Präsident des Bayerischen Bezirketags, Landrat Franz Löffler (Cham), bei der Vollversammlung in Füstenfeldbruck überzeugt: „Auf die Bezirke war vor und während der Pandemie Verlass. Wir werden auch nach dieser besonderen Zeit für die Menschen in Bayern da sein und ihnen die Unterstützung und Hilfe zur Verfügung stellen, die sie in ihrer jeweiligen Situation benötigen.“

V.l.: Staatsministr Klaus Holetschek gemeinsam mit Landrat Franz Löffler, Präsident des Bayerischen Bezirketags. Bild: Bayerischer Bezirketag
V.l.: Staatsministr Klaus Holetschek gemeinsam mit Landrat Franz Löffler, Präsident des Bayerischen Bezirketags. Bild: Bayerischer Bezirketag

„Für uns stand die Versorgung der Menschen, die auf unsere Leistungen insbesondere im Bereich der Psychiatrie, der Eingliederungshilfe sowie Hilfe zur Pflege angewiesen sind, ganz klar im Fokus“, erläuterte Löffler. Doch nun müsse man den Blick in die Zukunft richten und überlegen, wie die Bezirke in Zeiten von sinkenden Einnahmen und angespannten öffentlichen Haushalten sowie immer neuer gesetzlicher Zuständigkeiten ihre Aufgaben auch weiterhin zuverlässig wahrnehmen können.

Mindereinnahmen von rund 100 Millionen Euro

Löffler zufolge hatten die Bezirksverwaltungen im Jahr 2020 allein durch die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes sowie des Angehörigenentlastungsgesetzes Mindereinnahmen von rund 100 Millionen Euro. Gleichzeitig stiegen die Kosten im Bereich der Eingliederungshilfe sowie der Hilfe zur Pflege seit Jahren stetig an. Auch die gerade beschlossene Reform der Pflegeversicherung werde einen weiteren Kostenanstieg im Bereich der Hilfe zur Pflege nicht nachhaltig verhindern.

Spahns Pflegereform führt zu unberechenbaren Kosten

Die Pflegereform von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn ist aus Sicht des Verbandspräsidenten zwar ein Schritt in die richtige Richtung, jedoch gehen ihm die Entlastungen für die Pflegebedürftigen nicht weit genug:

„Dadurch, dass der Eigenanteil für die Pflege nicht gedeckelt wird, bleiben die Kosten für die Heimbewohnerinnen und -bewohner unberechenbar. Bessere Personalschlüssel sowie eine Bezahlung nach Tariflöhnen sind gut und richtig, werden aber die Kosten weiter in die Höhe treiben.“ 

Um pflegebedürftige Menschen und auch die Sozialhilfeträger dauerhaft zu entlasten, müsse der Bund für eine ausreichende Finanzierung der Pflegeversicherung sorgen. „Die Erhöhung des Pflegeversicherungsbeitrags für Kinderlose sowie der Bundeszuschuss von einer Milliarde Euro werden hier nicht ausreichen“, betonte Löffler. 

Auch in der psychiatrischen Versorgung werde den Gesundheitseinrichtungen der Bezirke nach dem Abflauen der Pandemie eine wichtige Rolle zukommen. „Diese Krise ist nicht spurlos an den Menschen vorüber gegangen. Deshalb müssen unsere bezirklichen Gesundheitseinrichtungen gewappnet sein, um auch weiterhin Menschen mit psychischen Erkrankungen zuverlässig und angemessen versorgen zu können“, unterstrich der Präsident.

Bundesschutzschirme

Die Bundesschutzschirme für die Krankenhäuser aus dem Jahr 2020 und 2021 hätten auch die Leistungsfähigkeit der bezirklichen Einrichtungen sichergestellt. Seit 1. Januar 2020 jedoch gelte die Richtlinie zu Personalmindestvorgaben in Psychiatrie und Psychosomatik. Deren teils sehr kleinteilige Vorgaben bei der Personalausstattung und die gleichzeitig eingeführten Sanktionsmechanismen erschwerten eine bedarfsgerechte, patientenzentrierte, flexible und sich weiterentwickelnde Versorgung psychisch und psychosomatisch kranker Menschen in teil- und vollstationären Einrichtungen.

Besonders die Existenz kleinerer Einrichtungen könne dadurch gefährdet werden. „Diese Regelung macht alle unsere Bemühungen für eine dezentrale und wohnortnahe psychiatrische Versorgung zunichte. Hier würden wir uns mehr Flexibilität von den Verhandlungspartnern auf Bundesebene wünschen. Durch die Corona-Pandemie lassen sich zudem die Personalbedarfe in unseren Kliniken nur sehr schwer planen, so dass die Einhaltung der Vorgaben noch schwieriger wird“, stellte Löffler fest.

Laut Bayerns Gesundheits- und Pflegeminister Klaus Holetschek hat die Corona-Pandemie auch für die Bezirke Einschränkungen gebracht. „Sie haben ihre Aufgaben trotzdem als verlässlicher Partner der Staatsregierung gemeistert und durch einen klugen Einsatz des Personals alles dafür getan, den Versorgungsauftrag zu erfüllen. Dafür möchte ich allen Beteiligten herzlich danken.“

Der Freistaat, so der Minister, setze sich vehement dafür ein, dass für die bayerischen Kliniken während der Corona-Pandemie finanzielle Sicherheit besteht. Beim zuständigen Bund sei erreicht worden, dass alle Krankenhäuser wie im Jahr 2020 auch 2021 einen angemessenen Ausgleich von Erlösrückgängen im Vergleich zum Jahr 2019 vereinbaren können.

Sozialpolitische Forderungen

Mit Blick auf die Bundestagswahl am 26. September verabschiedeten die Delegierten aus den Bezirken die sozialpolitischen Forderungen des Bayerischen Bezirketags für die 20. Legislaturperiode des Deutschen Bundestags. In dem Papier heißt es u.a.:

„Inklusion ist eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung. Sie gilt für alle Lebensbereiche, für die Kindertagesstätte wie für Schule und Hochschule oder andere Ausbildungsorte, für das Arbeitsleben wie für die Freizeitgestaltung in Schwimmbädern, Kinos und Theatern, für öffentliche Einrichtungen, Arztpraxen und Krankenhäuser, für Bauherren und den öffentlichen Personenverkehr. Die Bezirke als Träger der Eingliederungshilfe und der Sozialhilfe sind jedoch nicht für alle diese Bereiche verantwortlich.“

„Unsere Aufgabe ist es, immer dann einzuspringen, wenn Menschen mit Behinderungen nicht gleichermaßen am Leben teilhaben können und hierzu erforderliche Leistungen nicht von anderen Stellen erhalten“, unterstrich Präsident Löffler. „Deshalb gilt: Je besser die Inklusion in allen gesellschaftlichen und öffentlichen Bereichen gelingt, desto weniger Sozialleistungen sind erforderlich.“

Besonders dringlicher Handlungsbedarf bestehe bei der Finanzierung der Leistungen im Bereich der Eingliederungshilfe und der Hilfe zur Pflege. Seit Jahren steigen hier die Kosten an. Allein von 2015 bis 2019 sind die Nettoausgaben der Eingliederungshilfe in Bayern von 2,3 auf 2,9 Milliarden Euro gestiegen. Durch die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes wurden in den Bezirken bisher 300 zusätzliche Stellen geschaffen. Auch durch die Pflegereformen sowie durch das Angehörigenentlastungsgesetz sind Mehrbelastungen entstanden.

Die Bezirke fordern daher vom Bund, gemeinsam mit den Ländern geeignete Wege zu finden, wie die Mehrbelastungen in der Eingliederungshilfe und Hilfe zur Pflege vollständig und dynamisch kompensiert werden können.

Steigende Kosten in der Altenpflege

Auch in der Altenpflege werden in den nächsten Jahren die Kosten weiter deutlich steigen. Zum einen wird es immer mehr pflegebedürftige Menschen geben. Zum anderen werden eine verbesserte Personalausstattung sowie höhere Löhne, wie kürzlich in der Reform der Pflegeversicherung beschlossen, den Heimaufenthalt teurer machen. Die finanzielle Belastung von Pflegebedürftigen in Pflegeeinrichtungen beträgt im Bundesdurchschnitt derzeit monatlich rund 2.000 Euro. Dies überfordert viele Pflegebedürftige. Deshalb appelliert der Bayerische Bezirketag an den Bund, die Eigenbeteiligung der Pflegebedürftigen an den pflegebedingten Aufwendungen durch einen nach Ländern differenzierten Festbetrag zu deckeln. Nur so blieben die Kosten für Heimbewohner berechenbar.

Um die Beschäftigungschancen von schwerbehinderten Menschen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verbessern, ist nach Auffassung des Verbandes die Ausgleichsabgabe deutlich zu erhöhen. Arbeitgeber mit mindestens 20 Arbeitsplätzen seien gesetzlich verpflichtet, auf wenigstens fünf Prozent der Arbeitsplätze schwerbehinderte Menschen zu beschäftigen. Wird diese Pflicht nicht erfüllt, so sei eine Ausgleichsabgabe zu leisten, die aktuell monatlich je unbesetztem Pflichtarbeitsplatz zwischen 125 und maximal 360 Euro, abhängig von der Anzahl der nicht besetzten Pflichtarbeitsplätze und der Betriebsgröße, liegt. Eine deutliche Erhöhung der Ausgleichsabgabe soll dazu beitragen, im Sinne der Inklusion mehr Menschen mit Behinderungen die Möglichkeit zu geben, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einen Arbeitsplatz zu finden.

Fachkräftemangel

Auf Bundesebene wird der Fachkräftemangel vor allem im Bereich des medizinischen Versorgungssystems und der Alten-/Seniorenhilfe diskutiert. Der Bereich der Eingliederungshilfe steht dabei nicht im Mittelpunkt. Ein der konzertierten Aktion Pflege (KAP) vergleichbares Instrument sollte aus Sicht des Bayerischen Bezirketags auch für die Eingliederungshilfe geschaffen werden. In der Folge entstehende Mehrkosten müssten vom Bund kompensiert werden.

Hauptamtlichkeit des Bezirkstagspräsidenten

Mit großer Mehrheit sprachen sich die Delegierten schließlich auch dafür aus, dass das Amt des Bezirkstagspräsidenten bzw. der Bezirkstagspräsidentin künftig hauptamtlich ausgeführt werden soll. Allerdings sollen die Bezirkstage zunächst selbst entscheiden können, ob sie ihren Präsidenten haupt- oder ehrenamtlich einsetzen wollen. Die Entscheidung eines Bezirks für die Hauptamtlichkeit des Bezirkstagspräsidenten soll für die Zukunft bindend sein. Danach ist kein Wechsel zwischen der haupt- und ehrenamtlichen Ausübung des Amtes mehr möglich. Für die Einführung einer optionalen Hauptamtlichkeit müssen jedoch erst die gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen werden. Über diese Gesetzesänderungen entscheidet letztlich der Bayerische Landtag.

„Unsere Argumente sind jetzt auf dem Tisch“, erklärte Löffler. In den vergangenen Jahren hätten die Bezirke und ihre Aufgaben enorm an Bedeutung gewonnen. Bayernweit sind rund 4.500 Menschen nur in den Verwaltungen der sieben Bezirke beschäftigt. Hinzu kommen noch einmal rund 25.000 Beschäftigte in den Gesundheitseinrichtungen. Mit der Einführung der Hauptamtlichkeit soll vor allem das Amt an die aktuellen Begebenheiten angepasst werden.

DK

 

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