Kommunalverbändezurück

(GZ-9-2020)
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► Wir brauchen Geduld:

 

Krise als Chance

Kommunale Spitzenverbände zu den Ergebnissen des Bund-Länder-Gesprächs über die Lockerung der Corona-Beschränkungen

 

Die kommunalen Spitzenverbände begrüßen unisono die gemeinsame bundesweite Grundlage für behutsame Lockerungen der Corona-Beschränkungen. Aus Sicht von Burkhard Jung, Präsident des Deutschen Städtetages und Oberbürgermeister der Stadt Leipzig, ist es „ein kluger Weg, Kontakte weiterhin zu beschränken und gleichzeitig Signale der Öffnung und Lockerung auszusenden“. Bund und Länder machten damit deutlich, dass die Gesundheit der Menschen und besonders der Risikogruppen sehr hohe Priorität behalten muss. Auch nähmen sie die Erwartungen der Bevölkerung und der Wirtschaft ernst, erste Schritte zurück in die Normalität zu gehen.

„Eine verantwortungsvolle Entscheidung ist von uns gefordert, wenn es in Zukunft um das Tragen von Mund-Nase-Schutzmasken im ÖPNV und in Geschäften geht“, unterstrich Jung. „Das wird unseren Alltag und auch das Bild in unseren Städten verändern. Aber wir werden uns daran für einige Zeit gewöhnen müssen. Denn wir können so besser andere Menschen vor Infektionen schützen, wenn das öffentliche Leben wieder stärker erwacht. Und wir wollen ja mehr Lebendigkeit in unseren Innenstädten.“

Die im Beschluss von Bund und Ländern angesprochenen Veränderungen beim Schulunterricht und Kitabetrieb müssen aus Jungs Sicht gut vorbereitet werden. „Wir müssen zum Beispiel Schülerverkehr anders organisieren und das Einhalten von Hygiene- und Abstandsregeln in den Räumen von Schulen und Kitas sicherstellen. Das muss passen, sobald wieder mehr Kinder und Jugendliche in den Unterricht kommen und betreut werden. Deshalb ist es gut, dass es jetzt Vorbereitungszeit für diese Schritte gibt.“

Wir brauchen Geduld

In den Kommunen werde in den nächsten Wochen und Monaten noch keine Normalität einkehren. Jedoch habe die überwältigende Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger bereits großes Verständnis gezeigt und ihr Verhalten angepasst, erklärte der Städtetagschef. Mit guter Kommunikation von Bund, Ländern und Kommunen müsse der Kampf gegen die Pandemie weiter begleitet werden, damit Infektionsschutz und schrittweise Rückkehr zur Normalität parallel funktionieren. „Wir brauchen Geduld, weil die Schritte nur behutsam sein können. Aber die Geduld lohnt sich, wenn unser Gesundheitssystem und unsere Gesellschaft diese Bewährungsprobe bestehen. Dafür sind wir auf einem gutem Weg.“

Die Entscheidung von Bund und Ländern, die Kontaktbeschränkungen bis zum 3. Mai fortzusetzen, ist aus Sicht des Deutschen Städte- und Gemeindebunds richtig. „Die Menschen werden das verstehen und akzeptieren, da sie die Erfahrung gemacht haben, dass die Maßnahmen wirken“, betonte Hauptgeschäftsführer Dr. Gerd Landsberg und ergänzte: „Bisher ist unser Gesundheitssystem nicht überlastet, trotz hoher Infektionszahlen. Die ersten Lockerungen im Hinblick auf Einzelhandelsgeschäfte unter strengen Hygienevoraussetzungen sind ein positives Signal zur Wiederbelebung der Städte. Den damit verbundenen Kontrollaufwand werden die Kommunen meistern.“

Corona-Föderalismus ist kein Hindernis

Bei der Öffnung von Kitas und Schulen werde es ein unterschiedliches Verfahren in den Ländern, aber insgesamt ein abgestuftes Vorgehen ab dem 4. Mai geben. Dieser „Corona-Föderalismus“ sei kein Hindernis, sondern eine Chance. Landsberg: „Die Infektionslage ist von Land zu Land und teilweise von Region zu Region unterschiedlich. Deshalb ist es angemessen, darauf auch differenziert zu reagieren. Ein gutes Beispiel aus der Vergangenheit ist der Kreis Heinsberg, wo man bereits Schulen geschlossen hatte, bevor bundesweit darüber überhaupt diskutiert wurde.“

Herkulesaufgabe Öffnung von Schulen und Kindergärten

Die Aufnahme eines teilweisen Betriebs in Schulen und Kindergärten stellt aus Sicht des DStGB eine Herkulesaufgabe für die Kommunen mit Blick auf die Organisation, die Sicherung der notwendigen Hygienevorschriften (Abstand zwischen den Kindern bzw. Schülern), die Desinfektionsmöglichkeiten und die räumlichen Voraussetzungen dar. Die zu klärenden Fragen seien derart vielfältig – von der Schülerbeförderung über die räumliche Veränderung in den Schulen, bis hin zur Frage, welche Lehrpersonen nicht eingesetzt werden können, weil sie zu Risikogruppen gehören – dass die Kommunen als Schulträger ausreichend Zeit benötigten.

Zusätzliche Instrumente

„Wir müssen uns darauf einstellen, dass es lokal immer wieder neue Ausbrüche von Infektionen gibt. Um diese Infektionsketten vor Ort schnell und gezielt aufzuklären, brauchen wir zusätzliche Instrumente. Es muss viel mehr Testverfahren geben mit denen möglichst in wenigen Stunden nicht nur der Infizierte, sondern auch seine Kontaktpersonen erfasst und getestet werden können. Dabei kann die geplante App einen wichtigen Beitrag leisten.

Sie wäre eine deutliche Entlastung für die Gesundheitsämter. Notwendig ist dafür ein bundesweites Kommunikationskonzept, um die Menschen zu überzeugen, diese App auch tatsächlich zu nutzen“, bekräftigte Landsberg. Die angekündigten schrittweisen Lockerungen müssten in ihren Folgen genau beobachtet werden, um sicherzustellen, dass es keine neue Infektionswelle gibt.

Gesundheitsschutz steht an erster Stelle

Landkreistagspräsident Landrat Reinhard Sager kommentierte das Ergebnis der Videokonferenz der Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin wie folgt: „Das ist ein erster richtiger Schritt, auch für die Landkreise.

Da der Gesundheitsschutz an erster Stelle stehen muss, sollte es im weiteren Zusammenspiel beispielsweise mit dem Tragen von Masken im öffentlichen Raum, klar definierten Abstandsregeln und einer Handy-App zur Verfolgung des Infektionsgeschehens weitere Schritte in Richtung einer Ausstiegsstrategie geben. Ziel muss es sein, absehbar stufenweise zur Normalität zurückzukehren.“

Sager begrüßte ein schrittweises Vorgehen: „Besonders freut es mich, dass wir Geschäfte und Kultureinrichtungen mit geringem Infektionsrisiko dabei unterstützen, wieder in Kontakt mit den Menschen zu treten.“

Behördenkontakte im gebotenen Rahmen

Ebenso könnten Behördenkontakte im gebotenen Rahmen ermöglicht werden. „Damit würden auch wieder etwa Jobcenter und Zulassungsstellen leichter in persönlichen Kontakt mit den Menschen kommen können.“ Daneben müsse weiterhin ergänzend auf digitale Lösungen zurückgegriffen werden, hob der Verbandschef hervor. „Hier liegen auch Chancen der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung. Darauf kann nach Bewältigung der Krise aufgebaut werden.“

Wesentlich sei, zu flächendeckenden Lösungen zu gelangen: „Das ist aus Akzeptanzgründen in der Bevölkerung geboten. Wir brauchen in dieser Sondersituation ein abgestimmtes Vorgehen aller Bundesländer. Das sichert die Nachvollziehbarkeit der zu treffenden Regelungen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt in der Krise. Denn wir werden noch über einen längeren Zeitraum durchhalten müssen. Corona wird ein Marathon, kein Sprint.“

105 mobile Teams für die Gesundheitsämter

Positiv wertet der Deutsche Landkreistag auch die Ankündigung der Bundeskanzlerin, die kommunalen Gesundheitsämter mit 105 mobilen Teams bei der Nachverfolgung von Infektionsketten zu unterstützen.

Hauptgeschäftsführer Prof. Dr. Hans-Günter Henneke zufolge sind die Landkreise gut aufgestellt. Wichtig sei deshalb, dass die Gesundheitsämter als zuständige Behörden vor Ort bei Bedarf auf diese zusätzlichen mobilen Einheiten zugreifen und deren Einsatz steuern können.

Über die konkrete Umsetzung bedürfe es zwingend unmittelbarer Gespräche der Bundesregierung mit den kommunalen Spitzenverbänden. „Wir können derzeit noch nicht absehen, wie sehr uns die Eindämmung der Pandemie noch fordern wird. Insofern ist das eine gute Maßnahme, um auf eine zweite Welle vorbereitet zu sein.“

Der Krise gewachsen

Die Landkreise fühlten sich der Krise gewachsen, „auch deshalb, weil wir in der Lage sind, Personal aus anderen Teilen unserer Verwaltung abzuziehen und im Gesundheitsbereich für helfende Tätigkeiten einzusetzen. Aber jede Hilfe – so auch die personelle Unterstützung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes – macht es noch besser und sicherer.“ Die Schwierigkeit bestehe nämlich auch darin, dass niemand genau wisse, wie sich die Lage in den nächsten Wochen entwickeln werde. Hinzu kämen regional unterschiedliche Entwicklungen mit möglichen Belastungsspitzen in einzelnen Landkreisen. 

Dank an Ärzte, Pflegekräfte und freiwillige Helfer „Die Ärzte und Pflegekräfte in unseren Krankenhäusern, die Mitarbeiter in den kommunalen Gesundheitsämtern und die vielen freiwilligen Helfer leisten bewundernswerte, harte Arbeit. Dafür danken wir ihnen täglich und sollten diese Anerkennung auch öffentlich machen“, betonte Henneke. Vor diesem Hintergrund könne die angekündigte Kontaktstelle beim Robert Koch-Institut einen zusätzlichen Beitrag leisten, um das Vorgehen der Verantwortlichen vor Ort mit dem RKI noch besser zu verzahnen.

DK

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