Kommunalverbändezurück

(GZ-20-2018)
gz bayerischer landkreistag

► 50. Landrätetagung des Bayerischen Landkreistags in Berlin:

 

Versorgung in der Fläche sichern

 

Der Einsatz für den ländlichen Raum bestimmte die diesjährige Landrätetagung des Bayerischen Landkreistags in Berlin. Vor Ort gab es reichlich Gelegenheit zum Gespräch mit hochkarätigen bundespolitischen Verantwortungsträgern wie Finanzminister Olaf Scholz, Gesundheitsminister Jens Spahn, Entwicklungsminister Dr. Gerd Müller und Verkehrsminister Andreas Scheuer. Themen des Austausches waren die gleichwertigen Lebensverhältnisse im ländlichen Raum, die Entwicklung der Gesellschaft, die Fachkräftezuwanderung und der Zustand des Finanzmarktes.

Zum Erfahrungsaustausch mit Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel und verschiedenen Mitgliedern ihres Kabinetts waren die bayerischen Landräte nach Berlin gereist.
Zum Erfahrungsaustausch mit Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel und verschiedenen Mitgliedern ihres Kabinetts waren die bayerischen Landräte nach Berlin gereist.

Stichwort Umsatzsteuergesetz: Die Neuregelung des § 2b UStG, die für die Landkreise ab 1.1.2021 gilt, führt zu einem Systemwechsel in der Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand. Damit wird die kommunale Steuerpflicht auf z. B. Hilfsgeschäfte (Verkauf von Kopien, Mobiliar, Fahrzeugen), wettbewerbsrelevante hoheitliche Tätigkeiten (Überlassung von Parkplätzen), Tätigkeiten im Rahmen von nicht begünstigten Beistandsleistungen und Tätigkeiten mit geringem Umfang ausgeweitet.

Win-win-Situation für alle Beteiligten

Das trifft vor allem auch die bisherige Zusammenarbeit der Landkreise mit den örtlichen Sportvereinen. Diesen konnten bisher durch ein geringes Entgelt die Schulsporthallen zur Verfügung gestellt werden. Eine Win-win-Situation für alle Beteiligten. Denn so wurden die Hallen rund um die Uhr genutzt.

Enormer Verwaltungsaufwand

Die bisherige Aufgriffsgrenze für Betriebe gewerblicher Art von 35.000 Euro ist für die umsatzsteuerliche Würdigung nicht mehr relevant. Die ab 1.1.2021 geltende Grenze von 17.500 Euro erscheint dem Bayerischen Landkreistag viel zu gering und verursacht demnach bei der öffentlichen Hand einen enormen Verwaltungsaufwand. Im Gemeinnützigkeitsbereich gelte nach wie vor eine Grenze von 35.000 Euro, die sogar noch angehoben werden soll.

Landkreistagspräsident Christian Bernreiter (Deggendorf) rief Bundesfinanzminister Olaf Scholz dazu auf, die Aufgriffsgrenze auf 35.000 Euro anzuheben, damit die Landkreise den örtlichen Vereinen gegen geringes Entgelt weiterhin ihre Schulsporthallen zur Verfügung stellen können, ohne gleich in die Umsatzsteuerpflicht zu fallen. Auch gehe es darum, einen enormen Verwaltungsaufwand für die Landkreise und die Finanzämter zu verhindern.

Stichwort Grundsteuer: Nach Ansicht der bayerischen Landräte ist die heutige Grundsteuer ohne Reform Ende 2020 verfassungswidrig. Für die Kommunen sei das deswegen so brisant, weil die Einnahmen aus der Grundsteuer eine unverzichtbare kommunale Finanzierungsquelle sind. Entsprechend vehement fordern sie vom Bund, dass das neue Gesetz bis Ende 2019 beschlossen sein muss. Wie Präsident Bernreiter feststellte, betragen die Einnahmen aus der Grundsteuer in Bayern 1,8 Mrd. Euro und stellen eine unverzichtbare Finanzierungsquelle der Kommunen dar. Bundesweit sind es 14 Mrd. Euro. Aus diesem Grund bat er den Bundesfinanzminister, bis Ende 2019 gemeinsam mit den Kommunen ein Modell für die Erhebung der Grundsteuer auf den Weg zu bringen.

Aus Sicht der bayerischen Landräte blockiert der Streit um das richtige Grundsteuer-Modell seit vielen Jahren die angestrebte Reform der Grundsteuer. Ob nun das Bodenwert-Modell, das Kostenwert-Modell oder das von Bayern, Baden-Württemberg und Hessen favorisierte Flächenmodell bevorzugt werden: Bis Ende 2019 muss das neue Gesetz beschlossen sein, ansonsten ist die Erhebung der Grundsteuer verfassungswidrig.

Ende der Mitfinanzierung der Deutschen Einheit

Im Gespräch mit Minister Scholz wurde zudem ein Ende der Mitfinanzierung der Deutschen Einheit durch die Kommunen gefordert. Nach Ansicht des Landkreistagschefs entlastet das Auslaufen des kommunalen Beitrags zur Mitfinanzierung der Deutschen Einheit durch eine erhöhte Gewerbesteuerumlage ab 2020 die Kommunen bundesweit um jährlich 3,5 Mrd. Euro und die bayerischen Kommunen um 800 Mio. Euro. Diese Mittel müssten ab 2020 wieder für Schulen, Kindertageseinrichtungen, Krankenhäuser, ÖPNV-Investitionen und Straßen vor Ort zur Verfügung stehen.

Bernreiter: „Das kommunale Sonderopfer darf nicht willkürlich fortgeführt werden. Die Kommunen müssen sich auf das gesetzlich fixierte Ende verlassen können.“

Hintergrund für diese Forderung sind Vorstöße aus einzelnen Bundesländern auf eine willkürliche Fortführung der erhöhten Gewerbesteuerumlage über 2019 hinaus. Dabei wurde in Art. 6 des Solidarpaktfortführungsgesetzes vom 20.12.2001 das gesetzliche Ende der erhöhten Gewerbesteuerumlage ab 2020 bereits fixiert. Die bayerischen Landräte erwarten deswegen von Bundesminister Scholz, dass er anderen Bestrebungen eine deutliche Absage erteilt, zumal die Finanzierungsverantwortung für den Länderfinanzausgleich bei den Bundesländern liegt und der Bund diesen ab 2020 zusätzliche Mittel in Höhe von 4 Mrd. Euro zukommen lässt.

Probleme bei der medizinischen Versorgung

Über die Probleme des ländlichen Raums bei der medizinischen Versorgung informierten die bayerischen Landräte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. Dabei ist für sie eines entscheidend: die Grund- und Regelversorgung in der Fläche für ihre Bevölkerung aufrechterhalten zu können. Wenn Menschen im ländlichen Raum medizinische Hilfe benötigen, sollen sie diese wohnortnah bekommen. Für eine auskömmliche Betriebskostenfinanzierung durch die Kassen ist aus Sicht des Landkreistags der Erhalt der Krankenhäuser unerlässlich.

Die sog. Schere zwischen Kosten und Erlösen, also den Tarifsteigerungen im Personalbereich, die von den Kassen nicht ausgeglichen werden, sei eine der größten Hürden, um die Krankenhäuser in der Fläche zukunftsfähig aufzustellen. Ursprünglich im Koalitionsvertrag vereinbart war ein vollständiger Ausgleich dieser Kosten. Jetzt heißt es aber seitens des Bundesgesundheitsministers, dass sich dieser Ausgleich nur auf die Pflegekräfte bezieht. Diese sind aber längst nicht der größte Personalkostenblock in den Krankenhäusern. Deswegen forderte Bernreiter, die von der Bundespolitik bereits zugesicherte Berücksichtigung der Tarifsteigerungen bei der Betriebskostenfinanzierung der Krankenhäuser nicht allein auf die Pflegekräfte zu beziehen. Auch Tarifsteigerungen für andere Berufsgruppen an Krankenhäusern müssten ausgeglichen werden, da andernfalls weitere Betriebskostendefizite anfielen.

Mit Blick auf die im kommenden Jahr erneut anstehende Qualitätsdiskussion bekannte sich Spahn dazu, nicht pauschal zwischen großen und kleinen Krankenhäusern unterscheiden zu wollen. Nicht die Größe eines Hauses und die Menge der erbrachten Leistungen seien allein ausschlaggebend für die Qualität. Für die Patienten komme es letztlich darauf an, dass die Qualität der medizinischen Leistung im Ergebnis stimmt. Hierzu plant der Minister, Kriterien zu entwickeln, die nachvollziehbar und messbar sind.

Gespräch mit der Kanzlerin

Ausgiebig Zeit für die Anliegen der bayerischen Landräte nahm sich auch Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel. Präsident Bernreiter bedankte sich bei ihr, dass sie gerade gegenüber den Landkreisen immer Wort gehalten habe, indem sie sich unter anderem im Rahmen der Flüchtlingskrise erfolgreich für eine Erstattung der Unterkunftskosten einsetzte. Merkel bat ihrerseits um Verständnis, dass der Bund im kommunalen Bereich oft nur Zufinanzierer sei und nicht die Möglichkeiten habe, die man oftmals bei ihm vermute. Weitere Themen des Austausches waren die gleichwertigen Lebensverhältnisse im ländlichen Raum, die Entwicklung der Gesellschaft, die Fachkräftezuwanderung und der Zustand des Finanzmarktes.

DK

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