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(GZ-6-2022)
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► Gefahr für die Demokratie:

 

Hate Speech-Bilanz 2021

41 Prozent mehr Netzangriffe als 2020

Bayerns Justiz hat im vergangenen Jahr 2.317 neue Verfahren wegen Hass und Hetze im Internet eingeleitet. Das sind 41 % mehr als 2020, teilte Justizminister Georg Eisenreich in München mit. Bei einem Großteil der Verfahren (1.881) sei der mutmaßliche Täter bekannt. Hate Speech im Netz habe sich zu einer echten Gefahr für die Demokratie entwickelt.

In 450 Verfahren wurde Eisenreich zufolge öffentliche Klage erhoben, darunter 112 Anklageerhebungen, 300 Anträge auf Erlass eines Strafbefehls sowie 38 Anträge im vereinfachten Jugendverfahren. Dies bedeutet gegenüber dem Vorjahr eine Steigerung von 84 Prozent. 2020 waren es 116 Anklageerhebungen inkl. Anträge im vereinfachten Jugendverfahren und 129 Anträge auf Erlass eines Strafbefehls. In 332 Verfahren erging ein Urteil oder Strafbefehl, 269 sind bereits rechtskräftig.

Zahlreiche Angriffe religiös motiviert

Von den 2.317 Verfahren waren 347 Taten fremdenfeindlich motiviert, 46 islamfeindlich, 25 behindertenfeindlich und sechs christenfeindlich. In 218 Verfahren wurde eine antisemitische Tatmotivation festgestellt – Tendenz steigend. In 86 Verfahren wurden die Opfer wegen ihrer sexuellen Orientierung oder sexuellen Identität angegriffen. „Die Zahlen belegen: Jeder kann Opfer von Hass und Hetze werden. In vielen Verfahren kann die Motivation nicht eindeutig festgestellt werden“, unterstrich Eisenreich.

Sexualisierte Beleidigungen

Hass und Hetze richten sich auch in 280 Verfahren gegen Frauen. Eisenreich zufolge wurden 83 Ermittlungsverfahren wegen frauenfeindlicher Hate Speech geführt. Nach den Erfahrungen des Hate Speech-Beauftragten richtet sich der Hass oftmals gegen Politikerinnen. Sie werden von überwiegend männlichen, deutschen Tätern mit sexualisierten Beleidigungen angegriffen.

Gefährdete Lehrerinnen und Lehrer

Ansonsten ergibt sich ein sehr vielschichtiges Bild: Beispielsweise werden auch Lehrerinnen Opfer von Hate Speech. Sie werden von männlichen Jugendlichen im Netz beleidigt. Die erfassten Straftaten richteten sich u. a. auch gegen Youtuberinnen und Fernsehmoderatorinnen. Auch alleinlebende Männer der sog. Incel-Bewegung greifen Frauen im Netz verbal an. „Wir nehmen den Schutz von Mädchen und Frauen sehr ernst. Ich möchte Mädchen und Frauen ausdrücklich ermutigen: Zeigen Sie Hasskommentare an“, so Bayerns Justizminister.

Zur effektiven Bekämpfung von Hate Speech hat das bayerische Justizministerium Online-Meldeverfahren für Online-Straftaten mit verschiedenen Kooperationspartnern eingerichtet. So schützt die Justiz u.a. Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker sowie Abgeordnete des Landtages, des Bundestages und des Europaparlaments. Seit September 2020 können kommunale Mandatsträger und Abgeordnete in einem Online-Meldeverfahren schnell und einfach Anzeigen und Prüfbitten an die Generalstaatsanwaltschaft München übermitteln.

Online-Meldeverfahren

Nach Eisenreichs Angaben nutzen bislang 160 Kommunalpolitikerinnen und -politiker sowie Abgeordnete das Meldeverfahren. Bis zum 15. Februar 2022 gab es 140 Prüfbitten, 19 Anklagen und Strafbefehle, sowie 18 Urteile mit Geldstrafen bis zu 95 Tagessätzen. Für alle bayerischen Bürger arbeite die Justiz derzeit an einem Online-Meldeverfahren. Dazu stehe das Justizministerium in Kontakt mit der baden-württembergischen Meldestelle „respect!“.

Wie Eisenreich abschließend darlegte, seien Facebook und Co. im Kampf gegen Hasskriminalität oft nicht hilfreich gewesen, weshalb er die Betreiber von sozialen Netzwerken stärker in die Pflicht nehmen wolle:

„Wir können die Urheber von Hate Speech nur effektiv verfolgen und bestrafen, wenn wir sie identifizieren können. Deshalb müssen Auskunftsersuchen unserer Strafverfolgungsbehörden von Netzwerkbetreibern ohne Wenn und Aber beantwortet werden.“

DK

 

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