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(GZ-22-2021)
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► Integrationspreise Oberbayern und Niederbayern 2021:

 

Beispiele, die Schule machen

 

Einzelpersonen und Initiativen, die sich kreativ, engagiert und leidenschaftlich um Integration in Ober- und Niederbayern bemühen, sind mit dem Integrationspreis 2021 ausgezeichnet worden. Insgesamt wurden zehn vorbildliche Projekte mit einem Preisgeld von 5.000 Euro gewürdigt.

Integrationsbeauftragte Gudrun Brendel-Fischer, Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich (links), Regierungspräsident Rainer Haselbeck und stv. Landrat Plenk (rechts) freuen sich mit den Preisträgerinnen Kathrin Kuchler und Linda Langer (von links). Bild: Regierung von Niederbayern
Integrationsbeauftragte Gudrun Brendel-Fischer, Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich (links), Regierungspräsident Rainer Haselbeck und stv. Landrat Plenk (rechts) freuen sich mit den Preisträgerinnen Kathrin Kuchler und Linda Langer (von links). Bild: Regierung von Niederbayern

„Mit Ihren Initiativen und beeindruckenden Engagement tragen Sie dazu bei, dass Menschen, die neu zu uns kommen, sich in unserer Gesellschaft einbringen und willkommen fühlen. Sie sind Vorbilder für uns alle“, betonte Innen- und Integrationsminister Joachim Herrmann, der gemeinsam mit Regierungspräsidentin Maria Els die Integrationspreise der Regierung von Oberbayern verlieh. Dabei hob er auch den unermüdlichen Einsatz unter erschwerten Bedingungen zu Corona-Zeiten hervor. „Unsere Ehrenamtlichen haben alles getan, um das Unterstützungssystem am Laufen zu halten.“ Regierungspräsidentin Els ergänzte: „Wir zeichnen Ihr Engagement zugleich stellvertretend für die vielen weiteren Integrationsprojekte in Oberbayern aus, die eindrucksvoll zeigen, wie Integration vor Ort gelingen kann.“

In der Kategorie „Umwelt“ wurden Martin Raps (Altmannstein/Landkreis Eichstätt) sowie Mirela Mitrenko und die 8. Klasse Kurs Wirtschaft (Grund- und Mittelschule Grassau/Landkreis Traunstein) ausgezeichnet. Martin Raps setzt sich für Asylbewerber ein, seitdem die ersten in die Gemeinde Altmannstein kamen. Schnell erkannte er, dass Mobilität im ländlichen Raum für die Asylbewerber sehr wichtig ist und gründete eine Fahrradwerkstatt im Stadel seines elterlichen Anwesens. Bürger spenden ihre alten Räder.

Die Räder werden abgeholt oder gebracht, auf Verkehrstauglichkeit überprüft und aufgebessert. Einzelne Ersatzteile werden über das Internet geordert, mit Spendengeldern oder auf Eigenkasse von Raps finanziert. Daneben begleitete Raps zahlreiche Menschen auf ihrem Weg in die Integration, unterstützte bei Deutschkursen, bei der Beschaffung von Arbeitsplätzen, spendete gebrauchte Laptops für Sprachkurse und stellte sein Elternhaus als Unterkunft zur Verfügung.

Die 8. Klasse Kurs Wirtschaft ist während des Lockdowns im März mit ihrer Lehrkraft per Videokonferenz zusammengetreten, um ein gemeinsames Projekt zu starten, „das uns und unsere Umwelt trotz des Distanzunterrichts nicht distanziert, sondern zusammenbringt“. Das Nachhaltigkeitsprojekt sollte die Schüler für eigene Fähigkeiten und Stärken sensibilisieren. Bei dem Projekt konnte sich jeder Schüler einbringen, Herkunft und sprachliche Fähigkeiten spielten keine Rolle. Um Gegenstände weiter im Kreislauf zu halten, brachten die Schüler Gegenstände von zu Hause mit, die ein „neues Zuhause“ erhalten sollten, wurden Durchsagen im Schulhaus und eine Werbekampagne im Ort initiiert (Handzettel), Artikel im Schulhaus ausgestellt sowie telefonisch Bestellungen aufgenommen und ein Abholtermin organisiert.

In der Kategorie „Soziales“ behielten das Bayerische Rote Kreuz und der Internationale Bund e. V. – IB-Wohnungslosenhilfe Bayern mit Sitz in München die Oberhand. Der „Mütterkurs“ des BRK in Burghausen/Landkreis Altötting richtet sich speziell an Asylbewerber-Mütter mit kleinen Kindern. Das Angebot entstand aus der Erkenntnis, dass Mütter mit kleinen Kindern an üblichen Deutschkursen nicht teilnehmen können, da die Kinder den Unterricht stören. Es entstand so die Idee eines „Mütterkurses“, bei dem sich die Frauen auf den Deutschkurs konzentrieren können, während die Kinder in einem separaten Raum betreut werden und doch nahe bei den Müttern sind. Lehrerinnen sowie Kinderbetreuerinnen rekrutieren sich aus Burghauser Ehrenamtlichen. Bereits seit November 2015 kommen Mütter mit insgesamt 40 Kindern zwischen 0 und 5 Jahren – überwiegend 2 Tage pro Woche für 1,5 Stunden zum Mütterkurs. Derzeit sind 6 Lehrerkräfte und 6 Kinderbetreuer im Einsatz.

Das ebenfalls preiswürdige IB-Ferienprogramm richtet sich an wohnungslose Kinder und Eltern, die in von der IB-Wohnungslosenhilfe Bayern betreuten Beherbergungsbetrieben leben. Der Großteil dieser Familien hat Migrations- oder Fluchthintergrund. Ziel ist es, den Kindern und ihren Eltern sinnvolle Freizeitbeschäftigungen in ihrer neuen Heimat aufzuzeigen, gemeinsam den Sozialraum zu „erkunden“ und Begegnungen mit anderen Kindern und Eltern außerhalb der Notunterkunft zu ermöglichen.

Organisiert wird das Ferienprogramm von Erzieherinnen und Erziehern. Durch Aushänge, Infobriefe oder im persönlichen Gespräch werden die Familien über die Angebote informiert und motiviert, daran teilzunehmen. Die Ausflüge finden in und um München statt und sind allenfalls mit geringen Kosten verbunden. Das angebotene Programm hilft, Hemmschwellen und Unsicherheiten abzubauen und fördert Eigeninitiative von Kindern und Eltern.

Die Liberale Jüdische Gemeinde Beth Shalom e. V. gewann in der Kategorie „Kultur“ (1.000 Euro). Beth Shalom wurde im September 1995 mit 90 Mitgliedern gegründet, um liberalen Juden in München wieder eine eigene Heimstätte zu bieten, verpflichtet der Gleichberechtigung von Frau/Mann/Divers, der Gleichwertigkeit aller Lebensformen und sexuellen Orientierung sowie der Integration nicht-jüdischer Lebenspartner. Inzwischen ist die Gemeinde auf über 600 Mitglieder angewachsen und leistet einen nachhaltigen Beitrag zu mehr gegenseitiger Verständigung und Miteinander in einer pluralistischen Stadtgesellschaft.

Eckpunkte sind Bildungsarbeit, interkulturelle und interreligiöse Zusammenarbeit und Sozialarbeit auf ehrenamtlicher Basis. Es gab bereits diverse Projekte für Jugendliche, mit Geflüchteten, Jesiden, dem Volkstheater, der Münchner Aidshilfe, diversen Obdachheimen und dem Sozialen Dienst Psychiatrie. Des Weiteren besteht ein Angebot an Seelsorge, Krankenbesuchen und Hilfe im Trauerfall.

In der Kategorie „Wirtschaft“ siegte KIMAT (Konzept zur Integration von Migranten in den Arbeitsmarkt und die Teams) der REWE Markt GmbH in Eching/Landkreis Freising. KIMAT hat die gleiche Bedeutung wie ein jesidischer Name und steht für wertvoll. REWE Süd sieht das Konzept als ein wertvolles und langfristiges Projekt, um die Integration von Geflüchteten und Migranten voranzutreiben. Integration bedeutet für das Unternehmen nicht nur die Einstellung, sondern auch die langfristige Bindung der neuen Mitarbeiter durch Integrationsinstrumente wie Sprachkurse, gesondertes Einstellungsverfahren für Migranten, Patenschaftsprogramm, Beratung der Führungskräfte (Förderung des interkulturellen Verständnisses), internes REWE-Kombimodell (Hinführung zur externen IHK-Prüfung), und soziale Integration der Migranten (u. a. Wohnungssuche, Schuldenfragen, Traumata).

Einen Sonderpreis ohne Dotierung erhielt der Landkreis Weilheim-Schongau. Mit seinem Integrationskonzept stellt er sich der Verantwortung für dieses wichtige Thema. Das Motto lautet: „Vielfalt leben – Chancen nutzen – Zukunft gestalten“. Das Integrationskonzept ist ein Handlungsleitfaden speziell für den Landkreis Weilheim-Schongau und bildet die Grundlage für interkulturellen Dialog und Bürgerbeteiligung. Da Integration dabei als ein dynamischer Prozess zu verstehen ist, wird das Konzept laufend überprüft und fortgeschrieben. Das Projekt startete Ende Juli dieses Jahres.

Getragen wird das Integrationskonzept von der Zusammenarbeit der Vertreter von Behörden, Städten und Gemeinden, Sozialverbänden, kirchlichen Einrichtungen, Migrantenorganisationen, Bildungsträgern, Schulen, Kindergärten und Vereinen. Bereits umgesetzt werden verschiedene Maßnahmen wie mehrsprachige Formulare zu Unterstützungsangeboten, Bestandserhebung Integration an den Schulen im Landkreis, digitales bürgerschaftliches Engagement für Migranten, Patenschaftsprogramm für Auszubildende, Fortbildungsangebote sowie Coaching für Migranten.

„Die Projekte der Preisträger zeigen, dass durch ehrenamtliches Engagement vor allem Begegnungen gefördert werden, die Alltagskompetenz und Zusammengehörigkeitsgefühl vermitteln. Dabei werden trotz unterschiedlicher kultureller Herkunft Gemeinsamkeiten erkannt und Vorurteile abgebaut“, unterstrich die bayerische Integrationsbeauftragte Gudrun Brendel-Fischer in ihrer Festrede zur Verleihung des Niederbayerischen Integrationspreises 2021. Dieser ging an das „Netzwerk für kulturelle Vielfalt e.V.“ (Preisgeld 2.000 Euro), Schule am Weinberg, Sonderpädagogisches Förderzentrum Regen (1.500 Euro) und den Fußballverein Sierra Leone FC (1.500 Euro).

Das „Netzwerk für kulturelle Vielfalt“ bringt Menschen aus unterschiedlichen Nationen, Kulturen und Religionen zusammen, es vernetzt Akteure und Interessensvertretungen, sammelt Ideen und ruft die unterschiedlichsten kulturellen und gesellschaftlichen Projekte ins Leben. Seit sieben Jahren setzt sich der Verein beispielhaft für ein friedliches, buntes und lebendiges Miteinander ein.

Das Projekt „Pfadfinder-AG“ in Regen richtet sich besonders an Kinder mit Migrationshintergrund. Einmal wöchentlich fahren die Pfadfinder im Rahmen der Ganztagsschule zu einem Bauernhof, kümmern sich dort gemeinsam um den Obst- und Gemüseanbau, die Ernte und versorgen die Hoftiere. Neben der Arbeit bleibt genügend Zeit für Lagerfeuer, Angeln, Kochen oder einfach gemeinsames Spielen.

Im Oktober 2020 rief Georg Giftthaler den Fußballverein „Sierra Leone FC“ ins Leben. Asylbewerber aus Sierra Leone treffen sich und spielen gemeinsam Fußball. Mit seinem Engagement bereitet Giftthaler vielen Menschen fröhliche, gemeinsame Stunden.

DK

 

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