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(GZ-13-2021)
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► Hightech-Medizin fürs Land:

 

Projekt „Brückenschlag“

 

Die Universität geht aufs Land, der Landversorger in die Praxen – wie dieser Ansatz erfolgreich umgesetzt und dadurch die medizinische Versorgung in ländlichen Regionen verbessert wird, zeigt das Kooperationsprojekt „Brückenschlag“. Die Initiative für die Zusammenarbeit des Universitätsklinikum rechts der Isar und des Kreiskrankenhauses Weilheim-Schongau brachte Landrätin Andrea Jochner-Weiß ein. Die Kooperation ist ein erfolgreiches Beispiel dafür, wie Kommunen, Wissenschaft und Bevölkerung Synergieeffekte optimal nutzen können. Gleichzeitig orientiert sich die Versorgung an der Lebenswelt der Patienten.

Wie können Patienten, die auf dem Land leben, besser und schneller von der Expertise eines Universitätsklinikums profitieren? Eine Antwort darauf gibt das Projekt „Brückenschlag“. Ziel dieser Kooperation des Klinikums rechts der Isar der Technischen Universität München (TUM) mit der Krankenhaus GmbH Weilheim-Schongau und dem Ärztlichen Kreisverband Weilheim-Schongau ist es, eine optimale Versorgung von Patienten aus der Region zu erreichen. Schirmherrin dieses Projekts ist Landtagspräsidentin Ilse Aigner. Im Pressegespräch nannte sie gleich drei Gründe, warum sie sich für das Projekt einsetzt: „Ich möchte die geballte Frauenpower, die hinter dem Projekt steht, unterstützen und konnte der Überzeugungskraft von Landrätin Andrea Jochner-Weiß nicht widerstehen.

Zudem komme ich ebenfalls aus einer ländlichen Region und kann nachvollziehen, wie wichtig die medizinische Grundversorgung und der Zugang zu Expertise sind. Und ich bin ein Technikfreak und begeistert von der Roboterchirugie. Ich halte es für entscheidend, dass das Wissen der universitären Medizin und Forschung so vielen Menschen wie möglich zugänglich gemacht werden – nicht nur den Patientinnen und Patienten in der Stadt, sondern gerade auch denen auf dem Land.“ Die wissenschaftliche Begleitung im Forschungsprojekt b4 übernimmt dabei die Technische Universität München. Dadurch werde sichergesellt, „dass die Synergieeffekte später auch von anderen Regionen in Bayern genutzt werden können“, sagte Aigner.

Wie wird die Versorgung verbessert?

Wie die Kooperation im konkreten Fall funktioniert, verdeutlicht folgendes Beispiel: Wer in Weilheim einen Schlaganfall erleidet, wird sofort ins nächstgelegene Krankenhaus in Weilheim gebracht. Die Expertise des Universitätsklinikums rechts der Isar gelangt dabei per Telekonsil, also Videosprechstunde, nach Weilheim. So beraten die Spezialisten die Kollegen auf dem Land zur geeigneten Behandlung. Am Bildschirm bewerten sie dazu computertomografische Aufnahmen aus Weilheim. Per Videoschalte können sie, unterstützt von Kollegen vor Ort, auch einfache klinische Untersuchungen vornehmen. Ist ein Eingriff nötig, der besonders viel Erfahrung erfordert, fährt ein Neuroradiologe nach Weilheim, um diesen selbst durchzuführen. Die Vorteile dieser Behandlungsform lassen sich in Zahlen messen: Dank „Teleskop“ (Telemedizinische Netzwerk kooperierender Kliniken in Bayern) hat sich die Schlaganfallversorgung in den Kliniken Weilheim und Schongau seit Beginn des Jahres 2021 erheblich verbessert.

Medizin aufs Land bringen

Die Idee hinter dem Projekt besteht also darin, ohne großen organisatorischen Aufwand eine Verbindung zwischen den Versorgungsgruppen herzustellen. Prof. Markus Schwaiger, Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums rechts der Isar erläuterte:

„Unser Ziel ist es, damit die Versorgung der Bevölkerung vor Ort zu verbessern – indem wir unterstützend wirken und die Medizin vor Ort durch Ratschläge und telemedizinische Möglichkeiten verstärken.“ Andrea Jochner-Weiß, Landrätin im Landkreis Weilheim-Schongau, legte dabei den Grundstein für die Kooperation und bezeichnete sich im Pressegespräch als „den glücklichsten Menschen“ aufgrund des erfolgreichen Projektstarts in ihrem Landkreis. Jochner-Weiß reiste bereits im Jahr 2018 mit einer Delegation ans Universitätsklinikum rechts der Isar um die Idee zu einer Kooperation vorzustellen:

„Für unser Haus der Grundversorgung geht es natürlich darum, Know-How und hochtechnische, universitäre Medizin aufs Land und damit in die Breite zu bringen. Um die gesundheitliche Daseinsvorsorge zu verbessern haben wir dabei den größten Gestaltungsspielraum mit den kommunalen Krankenhäusern. Und ich bin absolut begeistert, dass wir gemeinsam diesen Weg eingeschlagen haben.“

„Win-win-Situation“ für Ärzte

Maßstäbe setzt das Projekt „Brückenschlag“ im Bereich Wissenstransfer: So hospitieren Ärzte vom Land in der Stadt, um ihre Erfahrung zu erweitern. Umgekehrt kommen Mediziner aus dem Universitätsklinikum rechts der Isar ins Krankenhaus Weilheim, um Routine-Operationen durchzuführen. Auch Schulungen von Experten der Universitätsklinik für Kollegen aus Weilheim stehen auf dem Programm. Dazu zählt beispielsweise der Umgang mit Hightech-Geräten, darunter mit dem OP-Roboter „da Vinci Xi“. So kann die Qualität der chirurgischen Versorgung auch auf dem Land auf universitäres Niveau angehoben, deutlich verbessert und an den aktuellen Stand von Technik und Wissenschaft angepasst werden.

Mit Herzblut dabei

Das Besondere an dem Projekt – so stellten es die Initiatoren heraus – sei die Einbindung niedergelassener Mediziner. Praxisärzte können direkt mit Experten am Universitätsklinikum in München kommunizieren und ihre Patienten mit diesem Wissen selbst vor Ort behandeln. Eine weitere Möglichkeit ist die Überweisung nach München – anschließend kehren die Patienten nach der Behandlung im Universitätsklinikum wieder zu ihnen zurück.

„Unser Gesundheitssystem steht vor großen Herausforderungen“, sagte Dr. Karl Breu, Vorsitzender des Ärztlichen Kreisverbandes Weilheim-Schongau. „Deshalb brauchen wir eine möglichst nahtlose, bedarfsgerechte vernetzte Versorgung, die sich an den Patienten und ihren Lebenswelten orientiert. Mit dem Projekt Brückenschlag sind wir auf dem richtigen Weg.“ Schwaiger sieht das Ziel dann erreicht, wenn der Patient den Übergang von ambulanter zu stationärer Behandlung überhaupt nicht bemerke. Einig waren sich die Beteiligten darin, dass das Projekt deshalb so erfolgreich sei, weil sowohl Ärzte als auch die Akteure aus der Politik „dafür brennen“ und sich auf Augenhöhe begegnen.

„Wenn eine Patientin bereits nach wenigen Tagen auf mich zukommt und berichtet, dass ihre Lähmung weg ist, dann bin ich zu Tränen gerührt, denn das kennen wir so nicht“, sagte Prof. Andreas Knez, Ärztlicher Direktor des Krankenhauses Weilheim-Schongau.

Attraktivität für Pflegeberuf steigern

Knez betonte in diesem Zusammenhang auch die Vorteile für den Bereich der Pflege, die sich aus der Kooperation ergeben: „Wir haben im Landkreis eine Pflegeschule und bieten den Pflegenden jetzt die Möglichkeit, sich an einem universitären Haus weiterzubilden.“ Diese Möglichkeit weckt zusätzliches Interesse an dem Beruf. Davon will auch das Universitätsklinikum profitieren. „Hier hoffen wir, dass der Vorteil auf unserer Seite ist – weil es gerade in München extrem schwierig ist, Pflegepersonal zu rekrutieren“, sagte Schwaiger. Denn besitzen Pflegende bereits zu Beginn ihrer Ausbildung die Chance, sich mit der Arbeit in einem Universitätsklinikum vertraut zu machen, könnte das auch Hemmungen abbauen, sich dort ebenfalls für eine Stelle zu bewerben.

 

 

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