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(GZ-6-2021)
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► Null Toleranz gegen Kindesmissbrauch:

 

Kinderschutz in Europa

Online-Konferenz der CDU/CSU-Gruppe in der EVP-Fraktion gemeinsam mit der FU der CDU Deutschlands und der FU Bayern

 

„Null Toleranz gegen Kindesmissbrauch! Gemeinsam für (digitalen) Kinderschutz in Europa“ lautete der Titel einer Online-Veranstaltung der CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament gemeinsam mit der Frauen Union der CDU Deutschlands und der Frauen-Union Bayern. Die prominent besetzte Konferenz mit mehr als 300 Teilnehmern zeigte, dass der Kinderschutz bei dem politischen Stellenwert angekommen ist, der ihm gebührt.

Aktuell sind zwischen zehn und 20 Prozent der Kinder in Europa sexuellen Angriffen ausgesetzt. In jeder Schulklasse in Deutschland sitzt statistisch gesehen ein missbrauchtes Kind. Kindesmissbrauch und dessen sexualisierte Darstellung im Internet haben ein alarmierendes Ausmaß erreicht. Jeden Tag stoßen Ermittler auf Videos, in denen Kindern Unvorstellbares angetan wird. Die COVID-19-Krise hat das Problem zudem verschärft. Was für die Täter mit ein paar Mausklicks einhergeht, hat für die Opfer lebenslange Folgen.

Wie Marion Walsmann und Lena Düpont, die federführend für die CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament für das Thema zuständig sind und durch die Veranstaltung führten, betonten, habe die Europäische Kommission im Sommer 2020 ihre „EU-Strategie für eine wirksamere Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern“ vorgelegt. Auch habe die CDU/CSU-Gruppe in der EVP-Fraktion innerhalb des Europäischen Parlaments eine Positionierung zum Kampf gegen Kindesmissbrauch formuliert, die die unterschiedlichen Ebenen im Europäischen Parlament zusammenbringt.

Resilienztrainings

Nach Ansicht von Marion Walsmann, die auch Thüringer Landesvorsitzende des Weißen Rings ist, muss vor allem an der Prävention gearbeitet werden:

„Dazu gehören Resilienztrainings in der Schule genauso wie abschreckende Strafen. Die Mitgliedstaaten sollten für den sexuellen Missbrauch von Kindern und den Besitz sowie die Verbreitung von Kinderpornographie ein nationales Strafmaß von mindestens einem Jahr Freiheitsentzug einführen.“

Des Weiteren müssten neben kindgerechten Strafverfolgungs- und Justizpraktiken in Kindesmissbrauchsfällen auch die Ermittlungsbehörden besser ausgestattet werden. Die Mitgliedstaaten sollten in spezialisierte Polizeieinheiten mit entsprechender Ausbildung und technischer Ausrüstung investieren.

In diesem Zusammenhang ist für die CDU/CSU-Gruppe die Stärkung des Europolmandats eine wichtige Antwort im Kampf gegen Kindesmissbrauch, wie Vorsitzender Daniel Caspary und Co-Vorsitzende Prof. Dr. Angelika Niebler unterstrichen.

Die Vorschläge der EU-Kommission sehen vor, mit Hilfe des Einsatzes von künstlicher Intelligenz die Polizeibehörde der Europäischen Union in die Lage zu versetzen, große Datenmengen zu filtern und dadurch den Nutzen der übermittelten Daten zu steigern. Zudem solle die Zusammenarbeit und der Austausch mit Drittstaaten bei Strafverfolgung und Datenaustausch erleichtert und zügiger gestaltet werden.

Darüber hinaus würde Europol ermächtigt, künftig Daten in das Schengener Informationssystem einzuspeisen, die die Agentur für Drittstaaten erhalte. Neben der Aufgabe, das Bewusstsein zu schärfen und präventive Maßnahmen zu ergreifen, sprach sich Carla Neisse-Hommelsheim, stellvertretende Bundesvorsitzende der Frauen Union der CDU Deutschlands, auch für gesetzliche Strafverschärfungen aus.

Ulrike Scharf, Landtagsabgeordnete und Landesvorsitzende der Frauen-Union Bayern, stellte das Schutzbedürfnis voran. Laut Bayerischer Verfassung seien Kinder „das köstlichste Gut eines Volkes“.

„Für ihren Schutz müssen wir alles tun: verstärkt, konsequent und wirksam!“, forderte Scharf. Insbesondere die Covid-Krise verdeutliche, welche Entwicklungen sich im Netz abzeichnen und welche explodierenden Zahlen bei der pornografischen Gewalt gegen Kinder zu verzeichnen sind. Maßnahmen wie eine erweiterte Strafverfolgung, Welthandelsverpflichtungen oder eine konsequente und umfassende Täter- und Netzverfolgung sind aus ihrer Sicht selbstverständlich.

Bereits 2017 startete Europol eine Kampagne gegen sexuelle Erpressung von Kindern im Internet mit dem Titel „Say No“. In einem Video werden nicht nur die unterschiedlichen Indikatoren aufgezeigt, um entsprechendes Verhalten frühzeitig zu erkennen, sondern auch Mittel und Wege vorgestellt, wie Eltern und Kinder sich in konkreten Verdachtsfällen verhalten sollten und wo sie Hilfe finden.

Laut Europol-Vizedirektor Jürgen Ebner führte Europol frühzeitig eine Analyse durch, die das erhöhte Gefährdungspotenzial seit Beginn der Corona-Pandemie bestätigt habe. Mit Verweis auf den nicht erkennbaren Rückgang bei den Fallzahlen forderte Johannes-Wilhelm Rörig, Unabhängiger Beauftragter für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs der Bundesregierung, verstärkte Anstrengungen auf allen Ebenen.

Wichtig sei zum Beispiel die Unterstützung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum Jugendmedienschutz, mit dem die Kommunikationsrisiken für Kinder und Jugendliche eingedämmt werden, wenn sie online sind oder Onlinespiele spielen. Auch sprach sich Rörig für eine EU-rechtskonforme Vorratsdatenspeicherung aus, d.h. mindestens die Speicherung der Quell-IP’s und eine Verlängerung der Mindestspeicherdauer, um nicht die Spur der Täter zu verlieren.

Politisches Thema und gesellschaftliches Thema

Thorsten Nowak, Vorstand der Stiftung Kinderschutzallianz und im Innenministerium Niedersachsen tätig, betrachtet das Thema sexualisierte Gewalt gegen Kinder nicht nur als politisches Thema, sondern auch als gesellschaftliches.

Die Kinderschutzallianz, die aus dem 2009 gegründeten Bündnis White IT entstanden ist, besteht aus über 100 Partnern aus Politik, Wissenschaft, Verbänden und Industrieunternehmen. Dabei engagieren sich die Partner gemeinschaftlich bei den Themen Prävention, Strafverfolgung und Opferhilfe.

Ein aus der Kinderschutzallianz hervorgegangenes Projekt namens „Kinderschutzinseln“ soll Nowak zufolge Schutzmöglichkeiten für Kinder bieten: auf dem Schulweg, auf dem Weg zum Sport oder zu Freunden. Partner sind neben Handelsketten auch Autohäuser, Handwerksunternehmen und Sportstätten. Voraussetzungen dafür sind die Besetzung des Schutzorts mit mindestens zwei Personen, ein hinweisender Aufkleber auf Augenhöhe sowie ein öffentlich einsehbarer Raum.

Bereits seit 1999 beschäftigt sich das internationale Netzwerk Innocence in Danger mit digitalen Themen und sexueller Gewalt in den Medien und rückt die Betroffenen in den Vordergrund. Neben Prävention und Aufklärung sieht Vorstand Julia von Weiler Nachholbedarf bei der psychosozialen Versorgung der Kinder: in der Kinder- und Jugendhilfe vor Ort, bei den Lehrkräften, von Nachbarn, von Eltern und Großeltern. Dabei verwies sie auf eine Studie des Canadian Center for Child Protection, an der Innocence in Danger beteiligt war.

Das Ergebnis: „82 Prozent der Betroffenen organisierter sexueller Gewalt sagten, Eltern bzw. ein Familienmitglied seien beteiligt gewesen.“

Langfristige Finanzierung

Von Weiler rief dazu auf, die Versorger wie beispielsweise Jugendämter langfristig finanziell so auszustatten, dass sie den Mitteilungen nachgehen können, und so gut geschult sind, dass sie keine Angst haben, dem Thema nachzugehen und mit den Strafverfolgungsbehörden zusammenzuarbeiten. Sobald die betroffenen Kinder identifiziert seien, müssten ausreichend lange Therapie- und Beratungsmöglichkeiten für die Betroffenen bereitgehalten werden. Auch plädierte von Weiler dafür, die Provider stärker in die Pflicht zu nehmen.

DK

 

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