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(GZ-6-2021)
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► Bayerische Tourismuswirtschaft 2020:

 

Beispielloser Einbruch

 

„Für den Tourismus in Bayern war 2020 mit Ausnahme einiger Sommermonate ein katastrophales Jahr. Zwei Lockdowns haben die Branche stellenweise fast vollständig zum Erliegen gebracht“, betonte Wirtschafts- und Tourismusminister Hubert Aiwanger bei der Vorstellung der Tourismusbilanz 2020. Der Bund sei deshalb gefordert, auch für touristische Einrichtungen eine faire, faktenbasierte Öffnungsperspektive zu erarbeiten.

Alois Brundobler, Vorsitzender des Bayerischen Heilbäder-Verbandes, Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger, Angela Inselkammer, Präsidentin des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes DEHOGA Bayern. Bild: StMWi/E. Neureuther
Alois Brundobler, Vorsitzender des Bayerischen Heilbäder-Verbandes, Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger, Angela Inselkammer, Präsidentin des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes DEHOGA Bayern. Bild: StMWi/E. Neureuther

Aiwanger zufolge leidet die Tourismusbranche besonders stark unter den Corona-Maßnahmen, viele Mitarbeiter kündigen angesichts der Perspektivlosigkeit. Da Tourismus ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in Bayern sei, fordert der Minister von der Bundesregierung Rahmenbedingungen, die den Betrieben ein erfolgreiches Wirtschaften ermöglichen:

„Der Bund muss den steuerlichen Verlustrücktrag auf mehrere Jahre ausweiten und die Spielräume der europäischen Arbeitszeitrichtlinie nutzen. Auch der ermäßigte Mehrwertsteuersatz, der dankenswerterweise jetzt bis Ende 2022 verlängert wurde, muss dauerhaft beibehalten und auf Getränke ausgedehnt werden.“

Städte am stärksten betroffen

Laut Tourismusbilanz ist die Zahl der Gästeankünfte im Vergleich zum Vorjahr insgesamt um 50,4 Prozent eingebrochen. Statt 40 Millionen reisten nur rund 19,8 Millionen Personen an.

Die Zahl der Übernachtungen sank von rund 101 Millionen auf knapp 60 Millionen, das entspricht einem Rückgang von 40,6 Prozent. Dabei entfielen 85,4 Prozent der Gästeankünfte (2019: 74,8 Prozent) und 88,2 Prozent der Übernachtungen (2019: 79,3 Prozent) auf Gäste aus dem eigenen Land.

Von dem Rückgang sind alle bayerischen Tourismusregionen betroffen, die Spannbreite reicht bei den Gästeankünften von minus 42,7 Prozent in Allgäu/Bayerisch-Schwaben bis minus 55,7 Prozent in München-Oberbayern.

Besonders stark war der Einbruch in den Städten, die unter der starken Reduzierung von Geschäftsreisen sowie den Absagen von Messen und Events gelitten haben. Im Gegensatz dazu – eine der wenigen guten Nachrichten des vergangenen Tourismusjahres – konnten vor allem die ländlichen Regionen ein paar ordentliche Sommermonate verbuchen.

Kompensation durch heimische Nachfrage

Aiwanger setzt deshalb auch für dieses Jahr auf eine starke Sommersaison: „Mit dem ‚Urlaub dahoam‘ ist es Bayern schon im vergangenen Jahr gelungen, neue Zielgruppen wie junge Menschen und Familien als Gäste zu gewinnen und so den weggefallenen Auslandtourismus durch heimische Nachfrage teilweise zu kompensieren. Es zahlt sich aus, dass wir schon vor Corona mit den Themen Authentizität, Regionalität und Umweltverträglichkeit auf Zukunftstrends im Tourismus gesetzt haben. Urlaub in Bayern ermöglicht Eintauchen in unsere Kultur und Lebensart in Stadt und Land. Hinzu kommt:

Urlaub in Bayern wird seit jeher als sehr sicher wahrgenommen. Diese Einschätzung der Gäste hat sich in der Corona-Krise bestätigt und ist ein wichtiges Plus im Wettbewerb der Destinationen.“

Die größten Einbußen im Vergleich zum Vorjahr verzeichneten die Regierungsbezirke Oberbayern mit einem Minus von 55,4 Prozent bei den Gästeankünften und minus 44,7 Prozent bei den Übernachtungen sowie Mittelfranken mit 54,5 Prozent weniger Gästeankünften und 47,9 Prozent weniger Übernachtungen hinnehmen.

Auch alle anderen Regierungsbezirke lagen sowohl bei den Gästeankünften als auch bei den Übernachtungen durchgehend im negativen, zweistelligen Bereich. Die geringsten Verluste verzeichnete dabei noch Schwaben (Gästeankünfte: -42,7 Prozent; Übernachtungen: -31,2 Prozent).

Konnten sich im Jahr 2019 noch acht Gemeinden über Übernachtungszahlen oberhalb der Millionengrenze freuen, hat sich deren Anzahl 2020 halbiert.

Lediglich München (7,0 Millionen), Nürnberg (1,5 Millionen), Oberstdorf (1,5 Millionen) und Bad Füssing (1,1 Millionen) knackten noch die Millionengrenze. Dennoch waren auch hier die Einbußen beträchtlich.

Am stärksten traf es die bayerischen Großstädte, allen voran München mit dem größten Minus bei Gästeankünften (-65,8 Prozent) und Übernachtungen (-61,5 Prozent).

Trend zum Camping

Der Krise zum Trotz bleibt der Trend zum Aufenthalt auf Campingplätzen ungebrochen. Dies reichte im Jahr 2020 zwar nicht für eine positive Entwicklung im Vergleich zum Vorjahr, aber immerhin für die vergleichsweise geringsten Rückgänge unter den Betriebsarten (Gästeankünfte: -22,7 Prozent; Übernachtungen: -12,6 Prozent).

Schlechter traf es die Jugendherbergen und Hütten, die die größten Einbrüche verzeichneten (Gästeankünfte: -65,1 Prozent; Übernachtungen: -61,7 Prozent). Klassische Hotels verbuchten ein um 55,1 Prozent niedrigeres Gästeaufkommen (Übernachtungen: -48,9 Prozent).

Die drei Tourismusregionen mit den geringsten Rückgängen bei den Gästeankünften waren das Chiemsee-Chiemgau (-27,3 Prozent; Übernachtungen: -14,4 Prozent), das Fränkische Seenland (-32,1 Prozent; Übernachtungen: -23,1 Prozent) und die Zugspitz-Region (-36,8 Prozent; Übernachtungen: -22,2 Prozent). Die Tourismusregionen Landeshauptstadt München und Münchener Umland verzeichneten dagegen die deutlichsten Einbrüche bei den Gästeankünften.

Schwerste Krise

Wie Angela Inselkammer, Präsidentin des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes DEHOGA Bayern, deutlich machte, „befindet sich das bayerische Gastgewerbe unverschuldet in der schwersten Krise seit dem zweiten Weltkrieg, derzeit sehen über 74 Prozent ihren Betrieb durch die Corona-Krise in seiner Existenz gefährdet, 24 Prozent denken bereits konkret über eine Betriebsaufgabe nach… Umso wichtiger war das Signal, die Reduzierung des Umsatzsteuersatzes auf Speisen zu verlängern. Hier kämpfen wir weiter für eine Entfristung auch nach 2022 und einen Einbezug von Getränken.“

Zugleich bedürfe es jetzt aber auch dringend eines verlässlichen, transparenten Öffnungskonzepts, das Planungssicherheit schafft. Ziel müssten erkenntnisbasierte Kriterien sein, die auch eine Differenzierung auf Basis der vorgehaltenen Hygiene- und Schutzkonzepte ermöglichen. Jetzt sei es an der Zeit, die Rahmenbedingen so zu verändern, dass Unternehmer sich aus eigener Kraft erholen können.

„3,4 Millionen Ankünfte in den bayerischen Heilbädern und Kurorten, das ist ein Minus von 40,7 Prozent; 16,5 Millionen Übernachtungen, das bedeutet einen Rückgang um 32,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das sind dramatische Zahlen für die Heilbäder und Kurorte“, stellte Alois Brundobler, Vorsitzender des Bayerischen Heilbäder-Verbandes, fest.

Weiterentwicklung des Gesundheitstourismus

„Viele Kommunen sind in existenziellen Nöten. Dennoch stecken wir den Kopf nicht in den Sand“, so Brundobler. „Wir arbeiten an der Weiterentwicklung des Gesundheitstourismus mit wissenschaftlich begleiteten und erforschten Gesundheitsangeboten, mit neuen digitalen Projekten, mit Präventionsangeboten, die auf Berufsgruppen zugeschnitten sind. Und wir werden und müssen Rehabilitationsprogramme für Menschen entwickeln, die nach einer Corona-Erkrankung noch lange mit diversen Symptomen zu kämpfen haben. Gesundheitskompetenz ist unser Alleinstellungsmerkmal und die Stärke der bayerischen Heilbäder und Kurorte, das wollen wir behalten.“

DK

 

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