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(GZ-15/16-2018)
Gastbeiträge

► Chancen für mehr Wohnraum für alle:

 

„Nur was sich rentiert, wird realisiert“

 

Gastbeitrag von Dr. Lore Mühlbauer, Sachgebiet Wohnungswesen an der Regierung von Oberbayern

Mehr bezahlbarer Wohnraum für alle wird allein durch die Diskussion darüber nicht geschaffen. Nur wenn für Entscheidungsträger und Betroffene die Vorteile auf der Hand liegen, wird ein Bauprojekt realisiert. Können wir das Wohnungsproblem lösen?

Der Mangel an Wohnraum ist regional unterschiedlich und nicht nur in Ballungsräumen eklatant. Die durchschnittliche Wohnfläche je Einwohner stieg in Deutschland von 34 m² 1991 auf 47 m² 2017 (www.deutschlandinzahlen.de). Dies führt selbst bei stagnierenden Einwohnerzahlen zu einem steigenden Bedarf an Wohnfläche.

Bauland ist knapp

Im gleichen Zeitraum hat sich die Siedlungs- und Verkehrsfläche in Deutschland von 40.000 km² auf 47.000 km² erhöht. In Bayern werden täglich 9,8 Hektar Fläche verbraucht, 14 Fußballfelder täglich (www.stmuv.de). Um diesen Flächenverbrauch den Wohnungssuchenden zuzuführen, wurde in Städten wie München und Freising versucht, den Baugrund sozialgerecht zu nutzen: Baurecht wird nur erteilt, wenn ein Teil der Flächen für sozialgerechten Wohnungsbau verwendet wird.

Kommunale Potenziale

Kommunen kennen den örtlichen Bedarf am besten und sollten durch den Bau von eigenen Wohnungen steuernd in die Entwicklung vor Ort eingreifen. Dies erfordert Eigeninitiative und eine gut ausgestattete Verwaltung. Im Ergebnis zeigen gute Beispiele vor Ort, dass sich diese Mühen langfristig auszahlen. Hier unterstützt staatliche Förderung fachlich und finanziell, muss aber aktiv angefordert werden. Gefördert werden zudem Architekturwettbewerbe und alternative Planungen, die die Qualität der Architektur sichern und die Möglichkeit bieten, lokale Akteure bereits im Vorfeld einzubeziehen.

Standards und Baupreise

Höhere Energiekosten aber auch Komfortansprüche im Elektro- und Sanitärbereich verteuern das Bauen. Demgegenüber stehen die Einsparpotentiale, die durch serielle Produktionsbauweisen auch im Wohnungsbau möglich sind. Aufwendige Vergabeverfahren für Planungen und Baumaßnahmen schrecken ab, sind aber für öffentliche Auftraggeber insbesondere bei Überschreiten der EU-Schwellenwerte verpflichtend. Bewährt hat sich die Trennung von Planung und Bauausführung, eine professionelle Bauherrenbetreuung und von Anfang an eine gute Planung qualifizierter Architekten.

Wohnungsstandards

Das Rad muss insbesondere im Wohnungsbau nicht neu erfunden werden. Erprobte Standards wie übereinanderliegende Grundrisse, gute Orientierung der Aufenthaltsräume und sparsame Erschließung ergänzen sich mit neuen Anforderungen wie eine durchgängige Barrierefreiheit und dem der Wohnung zugeordnete Freibereich / Balkon. Gesunde und recycelbare Baumaterialien sind in der Anschaffung vielleicht etwas teurer, zahlen sich aber aus. Es gilt einen guten Mix aus Qualität im Entwurf, konstruktiv sinnvollen und bewährten Details und eine angenehme Gestaltung des Wohnumfelds zu finden.

Wohnen für alle

Gut durchdachte und flexibel nutzbare Grundrisse eignen sich für viele unterschiedliche und wechselnde Bewohner. Barriere- und Schwellenfreiheit innerhalb der Wohnung erleichtert das Leben für alle. Durch die Anhebung der Einkommensgrenzen zum 1. Mai 2018 erhalten nun 60% der Bevölkerung in Bayern Zugang zu öffentlich gefördertem Wohnraum. Kommunen sind bei der Belegung ihrer Wohnungen frei und entscheiden selbst. Dennoch ist die Mischung aus frei finanzierten und staatlich oder kommunal geförderten Wohnungen in Hinblick auf die Stabilität im Quartier empfehlenswert.

Attraktive Förderung

Zur besseren Versorgung mit Wohnraum baut der Freistaat Bayern zukünftig mit seiner eigenen Wohnungsbaugesellschaft BayernHeim selbst. Mit dem Kommunalen Wohnraumförderprogramm unterstützt er Städte und Gemeinden beim Bau eigener kommunaler Wohnungen (KommWFP). Während der Laufzeit finanzieren die Mieteinnahmen die Kredite, danach kann die Kommune Gewinn verbuchen.

Private Investoren, Stiftungen oder Genossenschaften kommen in den Genuss der einkommensorientierten Förderung (EOF). Diese besteht aus zwei Darlehensteilen und einem ergänzenden Zuschuss von 300 Euro/m² Wohnfläche. Das objektabhängige Darlehen wird in Form eines Festbetrags je m² geförderter Wohnfläche vergeben. Das belegungsabhängige Darlehen ist abhängig von den Einkommensstufen der Mieterhaushalte bei Erstbezug.

Den Berechtigten kann der geförderte Wohnraum mietpreisvergünstigt zur Verfügung gestellt werden (zwischen 4 und 6 Euro/m²). Durch die Zusatzförderung, welche die Mieter vom Landratsamt erhalten, kann der Vermieter dennoch eine ortsübliche Miethöhe erzielen. Verbesserte Zinskonditionen machen die Kredite der Landesbank seit dem 1.7.2018 noch attraktiver.

Fazit: Der Wohnungsbau kommt in Fahrt. Auch wenn aktuell alle Baufirmen ausgelastet scheinen, mit der Fertigstellung eines Gebäudes kann ein neues begonnen werden. Das Sachgebiet Wohnungswesen der Regierung von Oberbayern hat 2017 ca. 210 Mio. Euro für 1.500 Wohnungen ausgegeben, im ersten Halbjahr 2018 waren es 56 Mio Euro für 400 Wohnungen. Die Verstetigung und Fortführung dieser Entwicklung bedarf der Anstrengung aller Beteiligten.

RED

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