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(GZ-10-2022)
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► Erschließungsträger Bayerngrund zeigt, was möglich ist:

 

Meisterstück Jugendstil-Park Haar

Der Bezirk Oberbayern hat im Jahr 2010/2011 das ca. 22 ha umfassende, auf dem Gebiet der Gemeinde Haar im Landkreis München gelegene Areal „Jugendstil-Park Haar“ des Isar-Amper-Klinikums München-Ost an Investoren veräußert. Mit den Investoren wurde 2015 ein Städtebaulicher Vertrag über die Entwicklung des Geländes geschlossen. Der Vertrag enthält u.a. die Vereinbarung, einen Erschließungsträger zu beauftragen. In einer europaweiten Ausschreibung, in der der Erschließungsvertrag bereits vorgegeben war, hat die Gemeinde Haar mit der Bayerngrund einen Dienstleister gefunden, der die Herstellung der Erschließungsanlagen und der ökologischen Ausgleichsflächen übernahm. Die GZ informierte sich vor Ort bei Bayerngrund-Geschäftsführer Franz Schonlau und seinem Stellvertreter Harald Baumann über die Herausforderungen, die dieses Großprojekt mit sich brachte. Das Modell Erschließungsträger beinhaltet, die Erschließungsleistungen auf eigene Kosten herzustellen und ausschließlich mit den Investoren abzurechnen. Auch das Honorar war von den Investoren zu tragen. Der Vorteil für die Gemeinde als Vergabestelle ist, dass sie sich von einer Erschließungsverpflichtung und der daraus resultierenden Kostenbelastung befreit.

Jugendstilpark Haar.
Jugendstilpark Haar.

„Der bereits in der Ausschreibung enthaltene Erschließungsvertrag setzte uns einen sehr engen Rahmen und basierte auf teilweise überholten Vorplanungen und Kostenschätzungen“, stellt Schonlau die Ausgangssituation vor und Baumann ergänzt: „Sowohl von der Aufgabenstellung als auch von der Konstellation der beteiligten Grundstückseigentümer ist die Erschließungsmaßnahme Jugendstilpark Haar nicht mit dem Standard der Erschließungsträgerschaft vergleichbar.“ Nachdem der Großteil der Arbeiten erledigt ist, blicken beide stolz auf die Gesamtleistung zurück.

Bauen im Bestand parallel zum Hochbau

Der vorhandene Gebäude- und Grünbestand setzte den Erschließungsarbeiten enge Grenzen. Gleichzeitig wurde mit dem Bau neuer Wohnhäuser begonnen. Das Nebeneinander von Erschließung und Hochbau erforderte eine intensive Baustellenlogistik. Die Errichtung von Tiefgaragen entlang der Erschließungsanlagen machte Spundwände und einen hohen Sicherheitsaufwand erforderlich. Zudem mussten Vorkehrungen getroffen werden, damit die neu hergestellten Erschließungsanlagen im Baustellenbetrieb nicht beschädigt und bei dennoch erfolgten Beschädigungen, diese von den Schadensverursachern beseitigt werden. Die feststehenden Grundstücksgrenzen ließen wenig Spielraum für Erschließungsanlagen zu. Dies erschwerte u.a. die Aufstellung der Straßenbeleuchtung zusätzlich.

Gestaltungsbeirat

Die Gemeinde hat für die planerische Entwicklung und die Sicherung einer hohen städtebaulichen Qualität einen Gestaltungsbeirat eingebunden. Dieses Gremium aus Fachleuten bewertete alle Planungen und forderte oftmals Änderungen und Anpassungen ein. Umfangreiche Materialabstimmungen waren somit erforderlich.

Bayerngrund erfüllte hier oft die Rolle des Mediators und vermittelte zwischen den Belangen des Denkmalschutzes, des Gestaltungsbeirates, den Vorstellungen der Gemeinde sowie der Investoren. Dabei mussten die Vorschriften der Straßenverkehrsordnung berücksichtigt und der Betrieb vorhandener Einrichtungen (Theater, Fischerei, Kirche und Kindergarten mit Cateringservice) sichergestellt werden.

Baulogistik

Die Erreichbarkeit der öffentlichen Einrichtungen erforderte eine intensive Baulogistik zur Vermeidung von Gefahren für den öffentlichen Verkehr. Zudem mussten insbesondere für den Kindergarten Kanalbauarbeiten vorgezogen werden, um die durchgehende Versorgung sicherzustellen. Die Nutzung des Theaters mit Fernsehübertragungen stellte ebenfalls eine besondere Herausforderung dar. Auch Einsatzübungen der Polizei und weitere Dreharbeiten führten zu mancher Überraschung im Bauablauf.

Natur- und Baumschutz

Der vorhandene Baumbestand sollte möglichst erhalten werden. Das heißt, dass Straßen- und Wegeführung neben dem Erhalt der historischen Strukturen auch um vorhandene Bäume herumgeführt werden und dabei das ausladende Wurzelwerk alter Baumbestände nicht beschädigen. Das gelang mittels Handschachtungen und einer naturfachlichen Begleitung der Arbeiten. Die Entwässerung der öffentlichen Flächen erfolgt über Rigolen, die zusätzlich in den öffentlichen Grünflächen untergebracht werden mussten und sich häufig mit Bestandsbäumen und anderen Leitungen oder Kanälen überlagerten. Aufwendig dabei war, dass sich das Gelände im Quarantänegebiet des asiatischen Laubholzbockkäfers befindet und gefällte Bäume einer besonderen Behandlung bedürfen.

Artenschutz

Für den Artenschutz wurden, bevor mit den Baumaßnahmen begonnen wurde, Nistkästen im gesamten Gebiet sowie im Kirchturm aufgestellt. Diese werden dauerhaft gewartet.

Spielplatzkonzept

Das Spielplatzkonzept im Gebiet sollte verschiedenen Altersgruppen gerecht werden und auch Inklusion möglich machen. Daher wurde eine eigene Planung für die Spielplätze durch ein spezialisiertes Unternehmen erstellt.

Verschiedene Spartenträger

Im Bauablauf waren diverse Spartenträger zu koordinieren. Der Erschließungsträger war für die Kanal- und Straßenbauarbeiten sowie Grünflächen zuständig. Daneben wurde die Wasser- und Stromversorgung, die Fernwärmeversorgung sowie die Telekommunikationsversorgung von anderen Unternehmen errichtet. Im gesamten Bauablauf waren diese Sparten aufeinander abzustimmen und mussten sich im Bauablauf ergänzen. Ein zügiger Bauablauf und die anschließende Schließung der Baustellen war u.a. wegen der fortlaufenden Nutzung von Einrichtungen (u.a. Kindergarten, Theater und Wohnungen) erforderlich.

Denkmalschutz

Bei allen Planungen waren die historischen Strukturen zu berücksichtigen (u.a. Kurvenradien, Randsteine usw.). Eine besondere Herausforderung stellte die Aufbereitung der alten Leuchten aufgrund historischer Fotografien dar. Die Rekonstruktion der historischen Leuchten auf vorhandenen Masten und die Erarbeitung eines Lichtkonzepts für das Gesamtgebiet gestalteten sich als sehr aufwendig. Ein bestimmendes Thema der Freiflächengestaltung war zudem auch der Erhalt der ‚forensischen Mauer‘. Diese in den Grünflächen befindlichen Mauerteile sollten Großteils erhalten bleiben. Dennoch mussten Lösungen zur Öffnung für einen Fußweg und zur Erreichung einer gewissen Durchlässigkeit gefunden werden.

Ökologische Ausgleichsfläche

Für die Erfüllung der Auflagen zur Umsetzung des Bebauungsplans waren auch drei ökologische Ausgleichsflächen durch den Erschließungsträger herzustellen und zu pflegen. Dabei handelt es sich um eine Aufforstungsfläche, eine Streuobstwiese sowie um Biotope jeweils im Gemeindegebiet von Haar. Diese wurden in enger Abstimmung mit dem Bezirk Oberbayern und dem Umweltamt der Gemeinde Haar nach den erforderlichen Vorgaben geplant, erstellt und die Entwicklungspflege durchgeführt.

50 Jahre Bayerngrund

Spezialisiert auf den treuhänderischen Grunderwerb hat sich Bayerngrund seit Gründung mehrfach neu erfunden und inzwischen eine breite Dienstleistungspalette im Angebot. Für (fast) alle Aufgabenstellungen der kommunalen Infrastruktur werden praktikable Lösungen angeboten. Dazu gehören Baulandentwicklung vom Grundstücksankauf über die Bauleitplanung bis zur Erschließung, kommunaler Hochbau (Kindergarten, Feuerwehrhaus, kommunaler Wohnungsbestand, etc.) sowie Tiefbau (Ver- und Entsorgungseinrichtungen nach KAG) und die gesamte Breite der Stadtentwicklung (Städtebauliches Projektmanagement inkl. Fördermittelbearbeitung). Ende Juni feiert Bayerngrund nun den 50. Geburtstag, und zwar im Theater auf dem Gelände des Jugendstil-Parks Haar.

Lesen Sie auch: GZ-Gespräch mit Dr. Andreas Bukowski, Bürgermeister der Gemeinde Haar: Jugendstilpark-Haar kurz vor Fertigstellung - Ein neuer Stadtteil entsteht

CH

 

Erster Bürgermeister der Gemeinde Haar, Dr. Andreas Bukowski. Bild: Gemeinde Haar
Erster Bürgermeister der Gemeinde Haar, Dr. Andreas Bukowski. Bild: Gemeinde Haar

 

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