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(GZ-24-2021)
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► Neues Telekommunikationsgesetz in Kraft:

 

Mehr Tempo beim Netzausbau

Zum 1. Dezember 2021 trat das neue Telekommunikationsgesetz (TKG) in Kraft. Es schafft einen maßgeschneiderten und zukunftsorientierten Rechtsrahmen für den deutschen Telekommunikationsmarkt, stärkt die Rechte der Endkunden und beschleunigt den Ausbau von Glasfaser- und Mobilfunknetzen.

Dr. Stephan Albers, BREKO Bundesverband Breitbandkommunikation e.V. Bild: BREKO
Dr. Stephan Albers, BREKO Bundesverband Breitbandkommunikation e.V. Bild: BREKO

Stärkere Verbraucherrechte sind ein wichtiges Anliegen des neuen TKG. Künftig gibt es mehr Rechte bei Störungen, Anbieterwechsel, Rufnummernmitnahme und wenn weniger geleistet wird, als vertraglich vereinbart. Die neuen Regelungen zu Entstörung, Anbieterwechsel und Rufnummernmitnahme sehen pauschale Entschädigungen vor und ermöglichen es, Ansprüche einfacher geltend zu machen. Außerdem können Verträge über Telekommunikationsdienste nach Ablauf der Grundlaufzeit jederzeit mit einer Frist von einem Monat gekündigt werden. Dies gilt auch für Verträge, die vor Inkrafttreten des neuen TKG abgeschlossen wurden.

Um sicherzustellen, dass alle Bürgerinnen und Bürger am wirtschaftlichen und sozialen Leben digital teilhaben können, besteht nun ein Anspruch auf Versorgung mit Telefon und schnellem Internet.

Zuletzt sind die Ausgaben der Unternehmen für den Ausbau digitaler Infrastrukturen deutlich gestiegen, für die Zukunft wurden zusätzliche Investitionen in Milliardenhöhe angekündigt. Der Glasfaser- und Mobilfunknetzausbau hat noch mehr Fahrt aufgenommen, gerade im ländlichen Raum. Das Gesetz setzt weitere Impulse, damit die Unternehmen noch mehr in den erforderlichen Gigabitnetzausbau investieren. Wenn das marktmächtige Unternehmen künftig mit weiteren Marktteilnehmern beim Internetausbau kooperiert, erhält es Regulierungserleichterungen, sofern der offene Netzzugang für Dritte gewährleistet wird. So bleibt der Wettbewerb um Endkunden weiterhin möglich.

Beschleunigte Baumaßnahmen

Die für den Gigabitausbau erforderlichen Baumaßnahmen werden durch das neue TKG weiter beschleunigt, unter anderem durch Vereinfachungen bei Genehmigungsverfahren, die Stärkung alternativer Verlegemethoden wie Trenching oder oberirdische Verlegung sowie Erleichterungen bei der Nutzung von Wegen und Grundstücken. Hierzu soll auch die Zusammenführung von Planungs- und Informationswerkzeugen in einem Datenportal als Grundlage für einen effektiven Netzausbau beitragen.

Der Rechtsrahmen für die Vergabe von Mobilfunkfrequenzen wurde modernisiert und auf eine flächendeckende Versorgung ausgerichtet. In unterversorgten Gebieten, in denen der Ausbau unwirtschaftlich ist, kann die Bundesnetzagentur künftig zudem Vorgaben zum lokalen Roaming und zur gemeinsamen Nutzung von Mobilfunkmasten und anderen Infrastrukturen erlassen.

Vorrang für eigenwirtschaftlichen Ausbau

Nach Ansicht des Bundesverbandes Breitbandkommunikation (Breko) enthält das TKG viele Hebel, um den Glasfaserausbau voranzutreiben und Bürger in der Stadt und auf dem Land noch schneller an das zukunftssichere Glasfasernetz anzuschließen. Die Politik solle die Chancen in der Umsetzung des Gesetzes so nutzen, dass der Glasfaserausbau davon auch wirklich profitiert.

Wie Breko-Geschäftsführer Dr. Stephan Albers erläutert, sei der größte Beschleuniger von allen der eigenwirtschaftliche Ausbau. Diesem den Vorrang einzuräumen, bringe Tempo und weniger Bürokratie. „Die Ansätze der ‘Ampel-Koalition’ gehen in die richtige Richtung. Mit einem echten Glasfaserziel bekennt sie sich als erste deutsche Bundesregierung dazu, dass wir Deutschland nur auf Basis von Glasfaser nachhaltig digitalisieren werden.“

Das im neuen Gesetz verankerte „Recht auf schnelles Internet“ sollte vorrangig durch den eigenwirtschaftlichen Ausbau und ergänzend staatliche Fördermaßnahmen verwirklicht werden und nicht durch einen strukturell bürokratischen Universaldienst.

Denn was sich für den Bürger auf den ersten Blick nach einem Ansatz für echte digitale Teilhabe anhört, stellt sich Albers zufolge in der Umsetzung als Bremse für den Ausbau dar. Der Universaldienst ziehe eine Ausbauverpflichtung nach sich, die die ohnehin schon knappen Ressourcen von geplanten Projekten abzieht und die Marktdynamik durcheinanderbringt. Dadurch komme niemand schneller ans Ziel. Überall dort wo ein Ausbau in den nächsten Jahren, eigenwirtschaftlich oder gefördert, zugesagt ist, werde keine Lösung über den neuen Universaldienst benötigt.

Einsatz von Fördergeldern

„Dort wo auch in den nächsten Jahren kein Potenzial für einen marktgetrieben Ausbau besteht, dürfen und sollen Fördergelder eingesetzt werden“, betont Albers. „Als allererstes, und so sieht es auch der neue Koalitionsvertrag vor, in den sogenannten weißen Flecken, also dort, wo Menschen sehr schlecht mit schnellem Internet versorgt sind. Um besonders schlecht versorgten Haushalten in entlegenen Gebieten die digitale Teilhabe schnell zu ermöglichen, sollten vor dem Einsatz des Universaldienstes unbedingt auch funkgestützte Lösungen wie Satelliteninternet genutzt werden.“

Ein weiteres wichtiges Tool im Werkzeugkasten des neuen Telekommunikationsgesetzes ist das neue Glasfaserbereitstellungsentgelt. Die Möglichkeit der Abrechnung der Kosten des Breitbandanschlusses über die Betriebskosten wird künftig bei Mehrfamilienhäusern an neue Investitionen in Glasfasernetze bis in die Wohnungen gekoppelt. Diese Neugestaltung der bisherigen Umlagefähigkeit des Breitbandanschlusses stellt die Weichen, damit auch Mieter in Mehrfamilienhäusern in den Genuss von schnellem Glasfaserinternet kommen und der Glasfaserausbau sowohl auf dem Land, als auch in den Städten weiter vorankommt. Durch die damit verbundene Open Access-Verpflichtung sind die Mieter außerdem künftig frei in der Wahl ihres TV-Produkts oder weiterer Dienste, die sie über die Infrastruktur nutzen möchten.

Aufklärungspotenzial beim Minderungsrecht

Beim Minderungsrecht, also der neuen Regelung für Entschädigung bei einer schlechten Internetverbindung, sehen sich die Breko-Netzbetreiber in einer guten Position. Durch die hohe Leistungsfähigkeit bei Glasfasernetzen ist das Risiko von verminderten Bandbreiten, die beim Verbraucher angekommen, weitgehend ausgeschlossen. Wichtig sei es allerdings, dass Verbraucher über die Voraussetzungen einer Minderung objektiv informiert werden. Hier kommt es beispielsweise auf die genaue Messmethode, das richtige Messinstrument und Qualität der Messung an, damit überhaupt die Grundlage für eine Minderung besteht. In diesem Bereich sieht der Breko noch erhebliches Aufklärungspotenzial.

Aus Sicht des Breitbandverbands ANGA bietet der neue Rechtsrahmen Chancen, den flächendeckenden Gigabit-Ausbau weiter voranzutreiben. An erster Stelle stehen dabei die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie die Normierung alternativer Verlegemethoden, zu denen sich auch die kommende Ampelkoalition bekennt. Dazu ANGA-Präsident Thomas Braun: „Wir setzen auf politische Unterstützung bei diesen praxisrelevanten Themen, damit wir unsere Netze schnell und effizient weiter ausbauen können.“

Mit dem neuen TKG tritt aber auch das entschädigungslose Sonderkündigungsrecht für Wohnungsunternehmen in Kraft, das im Zusammenhang mit dem Wegfall der mietrechtlichen Umlagefähigkeit für Bestandsnetze aufgenommen wurde. Der Verband sieht diese ungerechte und enteignungsgleiche Neuregelung sehr kritisch:

„Das Kündigungsrecht ist überflüssig, weil das Zivilrecht schon heute eine faire Anpassung bestehender Verträge ermöglicht. Dass die Kündigungen ohne Entschädigung für vom Netzbetreiber getätigte Investitionen erfolgen können, ist völlig unverhältnismäßig. Diese Regelung darf keinen Bestand haben,“ verdeutlicht Thomas Braun.

 

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