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(GZ-6-2021)
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► Finanzskandal um die Greensill-Bank:

 

Drohende Verluste für oberbayerische Kommunen

 

Vor kurzem hat der australisch-britische Finanzkonzern Greensill Capital offiziell Insolvenz angemeldet. Zu den potenziell Geschädigten zählen auch rund 50 deutsche Landkreise, Städte und Gemeinden, darunter die oberbayerischen Kommunen Vaterstetten, Pöcking und Puchheim, die bei der Bremer Tochter Greensill Bank jeweils mehrere Millionen Euro angelegt haben. Die Finanzaufsicht Bafin untersagte ihr nun die weitere Geschäftstätigkeit und erstattete Strafanzeige wegen Bilanzmanipulation.

Vaterstetten

Nach Angaben von Vaterstettens Erstem Bürgermeister Leonhard Spitzauer legte seine Gemeinde rund 5,5 Millionen Euro in verschiedenen kurz- und langfristigen Festgeldkonten bei der Greensill Bank an. Dies entspricht ca. 20 Prozent der gemeindlichen Anlagen.

Eine Geschäftsbeziehung mit der Bank, damals noch unter deren Namen NordFinanz Bank AG, bestehe seit 2014. Man habe schon viele Verträge mit der Privatbank abgeschlossen, hohe Summen eingelegt und problemlos wieder abrufen können.

Zustande gekommen sei die Geschäftsbeziehung durch einen regionalen Finanzvermittler, der zahlreiche Kommunen zu seinen Kunden zähle und bei seiner Empfehlung auf die gute Bonität der Greensill Bank hingewiesen habe.

Spitzauer zufolge steht aktuell nicht fest, ob die Bank abgewickelt werden muss und dadurch Vaterstetten ein Schaden entsteht. Rein vorsorglich hat die Gemeinde eine auf Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisierte Münchner Rechtsanwaltskanzlei zur Wahrung der Interessen Vaterstettens eingeschaltet.

Pöcking

Die Gemeinde Pöcking bei Starnberg hatte im Oktober 2020 fünf Millionen Euro langfristig angelegt.

„Die Greensill Bank war zum Zeitpunkt der Festgeldvereinbarungen laut Auskunft eines Geldanlagen-Maklers, mit dem wir seit vielen Jahren gut zusammenarbeiten, im Rating A-/Scope“, heißt es in einer Mitteilung.

Hinweise darauf, dass das Geld dort möglicherweise nicht sicher sei, hat es nach Auskunft von Rathauschef Rainer Schnitzler nicht gegeben, insbesondere nicht von der dafür zuständigen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht.

Der Bürgermeister verweist darauf, dass der für die Geldanlage zuständige Kämmerer breit gestreut habe. Im Fall der Anlage bei der Greensill Bank habe er leider den Maximalbetrag von fünf Millionen Euro, den der Gemeinderat genehmigt hat, ausgeschöpft. Bei allen anderen Banken seien es maximal zwei Millionen Euro.

„Ich fühle mich gerade wie jemand, der ausgeraubt worden ist und die Polizei steht daneben und schaut zu“, erklärte Schnitzler dem BR. Pöcking ist die reichste Gemeinde im Landkreis Starnberg. Mit aktuell 79 Millionen Euro könnten alle Aufgaben und Ausgaben weiterhin geleistet werden – auch für den Fall, dass die gesamten 5 Millionen Euro verloren seien. Die Gemeinde hat nun eine Anwaltskanzlei mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt.

Puchheim

Zwei Millionen Euro hat die Stadt Puchheim bei Fürstenfeldbruck vergangenes Jahr als Festgeld bei der Greensill Bank angelegt. Nach Bekanntwerden des Moratoriums, so teilt die Stadt mit, habe sie unverzüglich das Landratsamt Fürstenfeldbruck als Kommunalaufsichtsbehörde sowie den Bayerischen Kommunalen Prüfungsverband als überörtliches Rechnungsprüfungsorgan informiert.

Mit beiden Behörden sei vereinbart, dass Puchheim die Aufklärung des Sachverhalts in Eigenregie leisten soll. Auch sei empfohlen worden, sich bei der Durchsetzung der Rückzahlungsansprüche anwaltlicher Unterstützungzu bedienen. Zudem wurde der Bayerische Städtetag gebeten, sich auf der Ebene des Deutschen Städtetages für eine gemeinsame Vertretung der voraussichtlich geschädigten kommunalen Anleger einzusetzen.

Erster Bürgermeister Norbert Seidl zeigte sich „schockiert und entsetzt über diese Nachricht“.

Aus seiner Sicht wurden „keine spekulativen Finanzgeschäfte vorgenommen mit undurchsichtigen Produkten, sondern ganz konservativ Festgeld bei einer deutschen Bank angelegt. Offenbar sind nicht nur wir, sondern auch viele andere Sparer und Anleger wohl Opfer krimineller Machenschaften geworden. Die BaFin hat zu lange gezögert.“

Nach Angaben der Stadt wird es von der Höhe des noch vorhandenen Vermögens der Bank und der Höhe der Forderungen anderer Gläubiger abhängen, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe die Forderung Puchheims bedient werden kann.

„Möglich ist also auch ein Totalverlust der Einlage. Genaueres kann aber voraussichtlich erst nach dem Ende des Moratoriums gesagt werden.“

DK

 

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