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(GZ-24-2020)
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► Studie zu Cybermobbing:

 

Neue Dimension

 

Cybermobbing hat sich zu einem dauerhaft virulenten Problemfeld in Schulen und im privaten Umfeld der Jugendlichen entwickelt. Dies geht aus der Studie „Cyberlife III – Cybermobbing bei Schülerinnen und Schülern“ hervor, die das Bündnis gegen Cybermobbing in Kooperation mit der Techniker Krankenkasse realisiert hat. An der Erhebung beteiligten sich insgesamt fast 6.000 Schüler, Eltern und Lehrer. Die Ergebnisse der Onlineumfrage geben Einblicke zur Entwicklung des Phänomens, das bereits 2013 und 2017 untersucht wurde.

Laut Untersuchung ist Cybermobbing ein wachsendes Problem. Dazu zählen Beschimpfungen, Beleidigungen, das Verbreiten von Gerüchten und Verleumdungen im Netz. Die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die von Cybermobbing betroffen sind, ist in den vergangenen drei Jahren um mehr als ein Drittel gestiegen.

Waren im Jahr 2017 noch 12,7 Prozent der Schülerinnen und Schüler betroffen, sind es inzwischen 17,3 Prozent, wie aus Aussagen der befragten Kinder und Jugendlichen hervorgeht. Dies entspricht knapp 2 Millionen Schülern. Auch Grundschüler sind zunehmend der Gefahr ausgesetzt. Die Folgen werden immer gravierender: Die Zahl der Betroffenen, die Suizidgedanken äußerten, ist seit 2017 um 20 % und der Anteil, der Alkohol und Tabletten nahm, um fast 30 % angestiegen.

Die phasenweise Umstellung des Schulbetriebs auf Fernunterricht in Folge der COVID-19-Pandemie hat die Wahrscheinlichkeit von Cybermobbing erhöht und zur Zunahme von Cybermobbingfällen beigetragen. Die Pflege von Sozialkontakten haben die Jugendlichen zum Teil ins Internet verlagert.

Besonders gefährdet sind mit ihrer sozialen Alltagssituation unzufriedene Schüler, auch weil diese gerade im Internet nach Kompensation und Bindung suchen. Zudem hat die Studie aufgezeigt, dass eine geringere Lebenszufriedenheit die Resilienz gegen die psychosozialen Auswirkungen von (Cyber-) Mobbing deutlich verringert.

Schüler

Weitere Ergebnisse: Schüler, die andere mobben, sind und oder waren vielfach gleichzeitig Betroffene. Die Täter- und Opferseite kann also nicht scharf voneinander getrennt werden. Auch wird schulische Prävention gegen Cybermobbing von den Jugendlichen kaum wahrgenommen.

Wie die Untersuchung zudem zeigt, fühlen sich die befragten Eltern zunehmend unter Druck und auch überfordert, ihre Erziehungsaufgaben unter Einfluss des allgegenwärtigen, unkontrollierten Internets auszuüben. Sie erkennen deutlich, dass die Anonymität im Internet die allgemeine Gewaltbereitschaft unter Jugendlichen online wie auch offline fördert. Ihre eigenen Kinder sehen sie in immer größerer Zahl von Cybermobbing betroffen.

Eltern

Etwa 44 Prozent der Eltern reglementieren die Internetnutzung ihrer Kinder zwar nach eigenen Angaben streng, indem sie etwa Seiten sperren. Allerdings lassen 70 Prozent der Eltern ihre Kinder auch allein im Web surfen. Schon knapp die Hälfte der Sechs- bis Zehnjährigen (47 Prozent) ist laut der Studie ohne Aufsicht online.

Lehrer

Auch nach Ansicht der befragten Lehrkräfte wird Cybergewalt ein immer größeres Problem an den Schulen. Besonders betroffen sind aus ihrer Sicht die Haupt- und Werkrealschulen. Besonders kritisch zu bewerten sei, dass trotz dieser Entwicklung das Ausmaß von Fachwissen unter den Lehrkräften abnimmt und die Schulen immer weniger Präventionsmaßnahmen durchführen.

Viele Lehrer sehen die Verwendung des Internets im Unterricht kritisch, weil hierdurch pädagogische Zeit verloren geht. Diese fehlt dann auch für die Prävention von Cybermobbing und müsste verstärkt durch institutionelle Lösungen aufgefangen werden.

Präventionsarbeit verstärken

Aus Sicht des Bündnisses gegen Cybermobbing muss die bisherige Präventionsarbeit verstärkt werden und bereits an den Grundschulen beginnen. Kinder müssten den „sozialen Umgang im Internet“ lernen. Eine verbesserte Lehrerfortbildung sei ein weiterer wichtiger Baustein. Wenn notwendig, sollte man auch Experten von außen in die Schulen holen.

Auch die Politik ist gefragt

Eltern sollten sich intensiver mit den Inhalten und Funktionsweisen vom Internet und den Sozialen Medien auseinandersetzen. Hier seien Kommunen, soziale Träger und Schulen gefragt, Eltern mit konkreten Angeboten zu unterstützen. Wünschenswert wären für alle Betroffenen flächendeckende Mobbingberatungsstellen sowie anonyme Hotlines, an die sich Hilfesuchende in Schulen oder im sozialen Umfeld wenden können.

Neben den Schulen und der Gesellschaft müsse auch die Politik ihrer Verantwortung nachkommen. Zum Schutze der Opfer fordert das Bündnis gegen Cybermobbing ein (Cyber-)Mobbinggesetz, das es in Österreich schon seit 2016 gibt. Schließlich müssten Täter und Opfer wissen, dass Cybermobbing kein Kavaliersdelikt ist.

DK

 

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