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(GZ-17-2020)
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► Bayerische Volksbanken und Raiffeisenbanken kommen bislang gut durch die Krise:

 

Genossenschaftsbanken bleiben auf Wachstumspfad

 

Weitgehend unberührt von den Folgen der Corona-Krise blieben bislang die Geschäfte der bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken. Wie GVB-Präsident Dr. Jürgen Gros in München bei der Vorstellung der Halbjahreszahlen für die Kreditgenossenschaften im Freistaat darlegte, hätten sich die Geschäfte solide entwickelt. Gleichwohl bleibe der weitere Ausblick von wirtschaftlichen Unwägbarkeiten geprägt.

Dr. Jürgen Gros.
Dr. Jürgen Gros.

„In welchem Maße sich der konjunkturelle Einbruch vom Anfang des Jahres in der zweiten Jahreshälfte beziehungsweise im kommenden Jahr in den Zahlen niederschlagen wird, ist noch nicht absehbar“, stellte Gros fest. Erst 2021 lägen die Jahresabschlüsse der gewerblichen Kunden für das laufende Jahr vor.

Außerdem sei die Entwicklung im Wertpapierbereich schwer abzuschätzen. Viel hänge davon ab, wie sich die Pandemie weiter entwickelt, ob die konjunkturelle Erholung nachhaltig ist und ob es zu einem weiteren Lockdown kommt.

Banken agieren aus Position der Stärke

„Die Volksbanken und Raiffeisenbanken gehen aus einer Position der Stärke in eine unsichere Phase“, unterstrich Gros. Nach derzeitigem Stand erwartet der Präsident für die genossenschaftliche Bankengruppe im Freistaat für das laufende Jahr ein weiterhin deutlich positives Ergebnis – wenn auch unter dem Niveau des Vorjahres, das stark von Sondereffekten geprägt war.

Die gute Entwicklung an den Wertpapiermärkten führte damals zu Zuschreibungen im Depot der Banken sowie zu einem überdurchschnittlichen Provisionsgeschäft. Diese Sondereffekte werden sich 2020 umkehren. Die starken Kursschwankungen und die unklare Pandemieentwicklung lassen keinen gesicherten Ergebnisausblick zu. Gleichwohl bleiben die bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken auf dem Wachstumspfad.

Die Bilanzsumme stieg um vier Prozent oder 7,1 Milliarden Euro von 175,7 Milliarden Euro (Dezember 2019) auf 182,8 Milliarden Euro (Juni 2020). Das Kreditvolumen ist in den ersten sechs Monaten auf Vorjahresniveau gewachsen. Zum Stichtag 30. Juni lag der Kreditbestand bei 112,1 Milliarden Euro – eine Zunahme um 3,3 Milliarden Euro seit 31. Dezember 2019. Die Zunahme liegt mit drei Prozent knapp über dem Wachstum des ersten Halbjahres 2019 (2,7 Prozent).

Bei Firmenkunden stieg die Kreditvergabe um vier Prozent oder knapp 2,3 Milliarden Euro auf rund 59,2 Milliarden Euro. Das Kreditvolumen an Privatkunden wuchs um 1,9 Prozent oder 941 Millionen Euro auf einem Gesamtbestand von knapp 49,5 Milliarden Euro.

Immobilienbranche bisher unbeeindruckt

Wesentlicher Treiber bei der Kreditvergabe waren weiterhin Immobilienkredite. Seit Jahreswechsel haben die Kreditgenossenschaften im Freistaat rund zwei Milliarden Euro (plus 3,3 Prozent) mehr an Krediten für Wohnungsbau ausgereicht. Wohnungsbaukredite an Privatkunden legten um 2,6 Prozent beziehungsweise 1,13 Milliarden Euro auf insgesamt knapp 44 Milliarden Euro zu. Kredite für den Wohnungsbau an Firmenkunden stiegen um 4,7 Prozent beziehungsweise 850 Millionen Euro auf insgesamt knapp 19 Milliarden Euro. „Die Immobilienbranche ist bisher von den Folgen der Corona-Krise weitgehend unberührt geblieben“, kommentierte Gros diese Entwicklung.

Überdurchschnittliches Wachstum bei Förderkrediten

Im zweiten Quartal war ein überdurchschnittliches Wachstum der Förderkredite zu verzeichnen, wobei nicht alle davon Corona-bedingt sind. Die Volksbanken und Raiffeisenbanken in Bayern sind traditionell stark bei der Vergabe von Förderkrediten.

Das Volumen der Anträge auf Corona-Hilfen von KfW (rund 90 Prozent) und LfA (etwa zehn Prozent) belief sich auf insgesamt rund 1,1 Milliarden Euro. Weitere Kreditanfragen mit einem Gesamtvolumen in Höhe von rund 300 Millionen Euro sind derzeit noch in Bearbeitung. Zum Vergleich: Im ersten Halbjahr 2019 hatten die bayerischen Kreditgenossenschaften Förderkredite von LfA und KfW an Firmenkunden im Volumen von rund 500 Millionen Euro vergeben.

Kunden setzen bei Einlagen auf Flexibilität

Gewachsen sind die bayerischen Genossenschaftsinstitute auch auf der Einlagenseite. Der Zuwachs an Kundengeldern belief sich in der ersten Jahreshälfte auf 2,2 Milliarden Euro beziehungsweise 1,6 Prozent auf jetzt 138,8 Milliarden Euro. Das Einlagenwachstum fand ausschließlich im Bereich der liquiden Sichteinlagen statt, die auch durch Umschichtungen aus anderen Anlageklassen um 4,1 Prozent beziehungsweise 3,6 Milliarden Euro auf knapp 91 Milliarden Euro steigen.

„Die Kunden wollen in unsicheren Zeiten ein Maximum an Flexibilität erhalten“, sagte dazu Verbandspräsident Gros.

Hausbankprinzip bewährt sich

Während der Corona-Krise hat das Hausbankprinzip eine weitere Bewährungsprobe bestanden.

„Die Nähe zu den Kunden und den Märkten hat sich als große Stärke und als vertrauensstiftend erwiesen“, sagte Gros. „Die Banken haben ihre Kunden umfänglich beraten, auch zu staatlichen Hilfsprogrammen, und sie haben mit individuellen Lösungen bei Krediten und Stundungen ihren Privat- und Geschäftskunden verlässlich zur Seite gestanden. Das zeigt: Das Vertrauen in die Hausbank ist ungebrochen.“ Zudem sei die Versorgung mit Bankdienstleistungen und Bargeld jederzeit gewährleistet.

Regulatorik muss auf den Prüfstand

„Die Banken waren in der Krise eine wichtige Stütze für die Realwirtschaft“, stellte der GVB-Präsident fest. Jedoch habe sich die Regulatorik nicht als krisenfest erwiesen. „Sollte es erneut zu einer Krise kommen, müssen die Banken arbeiten können, ohne sich mit ständigen Anpassungen des regulatorischen Rahmens befassen zu müssen.“

Ruf nach Fitnesscheck

Gros wiederholte seine Forderung nach einem Fitnesscheck. „Es muss auf den Prüfstand, was sich an regulatorischen und gesetzlichen Vorgaben bewährt hat und was nicht. Es kann nicht darum gehen, jetzt einfach zu sagen, ‚wir müssen die regulatorischen Zügel wieder anziehen‘. Entscheidend ist, eine zukunfts- und krisenfeste Regulatorik zu bekommen.“ Dazu müssten alle an einen Tisch: Politik, Aufsicht, Banken und Realwirtschaft. Zudem müsse verhindert werden, die Banken fortwährend mit neuen regulatorischen Anforderungen zu belasten. „Was zum Beispiel unter dem Deckmantel ‚Green Finance‘ auf die Kreditinstitute zukommt, bedeutet aber eine erhebliche Mehrbelastung“, mahnte Gros abschließend.

 

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