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(GZ-17-2020)
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► Neustart der Wirtschaft unterstützen:

 

Bankenregulierung fit machen

Verbände der bayerischen Real- und Finanzwirtschaft unterzeichnen gemeinsames Positionspapier

 

Die IHK für München und Oberbayern, die Arbeitsgemeinschaft der Handwerkskammer sowie der Bayerische Bankenverband, der Sparkassenverband und der GVB unterzeichneten das gemeinsame Positionspapier „Neustart der Wirtschaft unterstützen – Bankenregulierung fit machen“. Darin unterstützen bayerische Vertreter der Finanz- und Realwirtschaft die Forderung des Genossenschaftsverbands Bayern nach einer Überprüfung der Bankregulierung im Zuge der Corona-Pandemie.

Nach Auffassung der Verbände habe sich in der Pandemie gezeigt, dass die Regulierung für Finanzinstitute prozyklisch wirke und dadurch die Finanzierungsbedingungen für Unternehmen erschwere. Um die Wirtschaft zu unterstützen, sei ein Umdenken bei der Regulierung nötig. Wichtig sei insbesondere, dass kleinere Banken entlastet würden. Auf den Prüfstand gehörten zudem Vorgaben, die in den kommenden Monaten die Finanzierung der Realwirtschaft beschränken, wie beispielsweise die finalen Basel-III Regeln.

Wie es im Papier heißt, „sollte man aus der Corona-Krise jetzt Lehren ziehen und überprüfen, was sich in der Regulierung bewährt hat, welche ad-hoc getroffenen Krisenmaßnahmen dauerhaft fortgeführt werden sollten und auf welche Regelungen verzichtet werden kann“. Um dem Finanzierungsbedarf der Realwirtschaft während und nach der Corona-Krise dauerhaft gerecht zu werden, brauche es einen regulatorischen Rahmen, der dies zulässt.

Orientierungshilfen

Als Orientierung dienen folgende Leitplanken: 

  • Finanzierung der Realwirtschaft sicherstellen. Stärkere Proportionalität bei aufsichtlichen Vorgaben im Kreditgeschäft, Erleichterung bei Sanierungskrediten, Anpassung finaler Basel III-Vorgaben, um die Kreditvergabe zu stützen, Berücksichtigung staatlicher Hilfskredite bei Eigenkapitalunterlegung.
  • Proportionalität in der Regulierung stärken. Entlastung kleiner und mittlerer Kreditinstitute bei bürokratischen Melde-, Offenlegungs- und Berichtspflichten.
  • Deutsches Goldplating vermeiden und praxisnahe Umsetzung ermöglichen.

Die CoronaKrise habe gezeigt, dass die Vorgaben zum Wertpapiergeschäft zu bürokratisch sind. Insbesondere in Krisenzeiten habe das die Beratung und Abwicklung von Wertpapiergeschäften über Internet und Telefon erschwert bzw. stark eingeschränkt. Die Vorschriften sollten daher dauerhaft entbürokratisiert werden.

So könnte die Pflicht zur Aufzeichnung telefonischer Wertpapierdienstleistungen auf Wunsch des Kunden ausgesetzt werden. Zudem wäre es hilfreich, Erleichterungen auch bei der Zusendung von Ex-ante Kosteninformationen und Produktinformationen zu schaffen oder den Kunden zumindest den Verzicht darauf zu ermöglichen. Eine Ausnahme von Aktien und einfacher Anleihen aus den strengen Zielmarktbestimmungen der MiFID, würde zudem die Beratung und Anlage dieser Produkte erleichtern.

Aufgrund der Ausgangssperren in der Corona-Krise hat der Abschluss von Bankgeschäften, die digital und per Telefon getätigt werden („Fernabsatz“), zugenommen. Dabei stoßen Banken laut Positionspapier aber auf regulatorische Hürden, die eine unkomplizierte Bearbeitung verhindern. Um Bankgeschäfte außerhalb der Filiale zu erleichtern, sollte der Abschluss von Verbraucherdarlehensverträgen künftig nicht mehr in Schriftform, sondern auch in Textform möglich sein.

Zusätzliche Informationspflichten im Fernabsatzgeschäft sollten reduziert oder ganz abgeschafft werden. Verbraucher würden durch den gesetzlich garantierten Widerruf sowie die unabhängig vom Vertriebsweg geltenden Pflichtinformationen, insbesondere bei Verbraucherkrediten oder Wertpapiergeschäften, geschützt.

„In der Corona-Krise hat die Aufsicht die strenge Trennung zwischen Bankmitarbeitern im Markt und in der Marktfolge gelockert. Diese Regelung hat sich bewährt“, heißt es weiter. In der Krise konnten die Institute ihre Mitarbeiter nach Bedarf einteilen und verstärkt in der Kundenberatung einsetzen. Eine Lockerungsklausel für Stressphasen, eventuell verbunden mit einer Meldung an die BaFin, sollte künftig fest im Aufsichtsrecht verankert werden, um auf einen geänderten Kundenbedarf reagieren zu können.

Goldplating

Bei der Umsetzung europäischer Vorschriften gehen der deutsche Gesetzgeber und die Aufsicht oftmals über das von der EU geforderte Maß hinaus. Dieses Goldplating belaste die deutsche Kreditwirtschaft und schwäche die Möglichkeiten zur Kreditvergabe. Jüngstes Beispiel hierfür sei der Referentenentwurf für ein Risikoreduzierungsgesetz, der zahlreiche Vorgaben enthält, die nicht im EU-Bankenpaket begründet sind. Beispiele seien neue Anzeigepflichten bei der Bestellung von Geschäftsführern oder striktere Vorgaben an die Eigenkapitalpuffer.

Um Goldplating zu vermeiden, sollten europäische Vorschriften noch konsequenter als bisher nur 1:1 durch den nationalen Gesetzgeber umgesetzt werden. Das Risikoreduzierungsgesetz sollte sich auf die Umsetzung des EU-Bankenpakets beschränken.

In der Corona-Krise wurden die Fristen zur Umsetzung neuer bankaufsichtlicher Vorgaben verlängert. Die Verlängerung war ein wichtiger Schritt, um Banken kurzfristig zu entlasten. Denn oftmals seien neue Gesetzesvorschriften, Rundschreiben, Allgemeinverfügungen sofort anzuwenden oder hätten nur kurze Umsetzungsfristen, betonen die Unterzeichner.

Runder Tisch und „Fitness Check“

Im Anschluss an die Krise sollten Aufsicht und Gesetzgeber den Banken grundsätzlich mehr Zeit für die Umsetzung – insbesondere bei technisch aufwendigen Anforderungen – gewähren. Das würde die Institute deutlich entlasten und Ressourcen für die Kreditbearbeitung und Kundenbetreuung freisetzen. Praxischecks mit den Betroffenen, bei denen neue Vorgaben vor der Umsetzung getestet werden, könnten zudem helfen, den zeitlichen und administrativen Aufwand neuer Maßnahmen seriös abzuschätzen.

Die vielfach durchgeführten Folgen- und Kostenabschätzungen würden diesem Anspruch nicht gerecht. Praxischecks sollten daher standardmäßig in jedes Gesetzgebungsverfahren integriert werden.

Im ersten Schritt sollte nach dem Vorbild der EU-Kommission ein Runder Tisch zwischen Vertretern der Politik, Aufsicht und Kreditinstituten durchgeführt werden, der durch einen „Fitness Check“ der regulatorischen Vorgaben ergänzt wird. Beispiele zeigten, wo Corona-bedingt Lehren gezogen und Bankenregulierung ganz umfassend auf ihre Praxistauglichkeit untersucht werden sollte.


DK

 

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