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(GZ-11-2020)
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► dena-Studie:

 

Sichere Stromversorgung auch 2050 möglich

 

Die Klimaschutzziele für 2050 können – entsprechende Anstrengungen vorausgesetzt – erreicht und dabei die Nachfrage nach Energie zuverlässig gedeckt werden. Dies haben in den vergangenen Jahren diverse Studien gezeigt. Damit auch die Versorgungssicherheit weiterhin bis 2050 gewährleistet werden kann, muss neben der Bereitstellung der benötigten Energiemengen auch ein zuverlässiger Betrieb der Stromnetze sichergestellt werden. Auf diesen Aspekt einer sicheren und zuverlässigen Stromversorgung – die sog. Systemsicherheit – legt eine aktuelle Studie der Deutsche Energie-Agentur (dena) ihr Augenmerk.

„Die Versorgungssicherheit ist ein zentrales energiepolitisches Ziel. Die Diskussion um eine sichere und zuverlässige Energieversorgung fokussiert allerdings zu sehr darauf, wie benötigte Energiemengen bereitgestellt werden können. Das greift zu kurz. Auch der Betrieb des Systems muss trotz steigender Komplexität reibungslos funktionieren“, erklärt Andreas Kuhlmann, Vorsitzender der dena-Geschäftsführung.

„Die dena-Studie zeigt erforderliche technische Weiterentwicklungen von dezentralen Anlagen und Prozessen auf. Eine besondere Herausforderung ergibt sich durch die lange Nutzungsdauer von Anlagen im Stromnetz. Damit sichergestellt ist, dass Anlagen, die in den kommenden Jahren ans Netz gehen, die Fähigkeiten für eine zukünftige Systemsicherheit mitbringen, müssen technische Vorgaben und regulatorische Rahmenbedingungen vorausschauend definiert werden.“

Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen, dass vom Zieljahr 2050 aus betrachtet ein sicherer Systembetrieb technisch möglich ist. Die hierfür erforderlichen Weiterentwicklungen heutiger Technologien und Prozesse sind nach Einschätzung der dena-Plattform Systemdienstleistungen realisierbar. Voraussetzung dafür, dass künftige Netznutzer die erforderlichen technischen Eigenschaften mitbringen, ist die vorausschauende Anpassung der regulatorischen Rahmenbedingungen und technischen Anschlussrichtlinien.

Komplexe Aufgabe

Das integrierte Energiesystem der Zukunft zu betreiben, wird auch eine komplexe Koordinationsaufgabe. Das Verhalten einer großen Anzahl von dezentralen Erzeugungsanlagen muss mit den Anforderungen des Systems in Einklang gebracht werden. Darüber hinaus gewinnt die netzebenenübergreifende Zusammenarbeit an Bedeutung, weil potenzielle Erbringer von Systemdienstleistungen zunehmend in den Verteilnetzen angeschlossen werden.

Das Blindleistungsangebot nimmt in den Übertragungsnetzen aufgrund des Kernenergie- und Kohleausstiegs bereits vor 2050 erheblich ab. Die Untersuchung zeigt, dass 2050 theoretisch das Potenzial besteht, die stationären Blindleistungsbedarfe der Übertragungsnetze aus Quellen in den Verteilnetzen zu decken.

Voraussetzung dafür ist, dass Wirkleistungsengpässe durch Netzausbau weitgehend beseitigt werden und die dezentralen Erzeugungsanlagen im Verteilnetz in der Lage sind, unabhängig von ihrer Einspeisung Blindleistung bereitzustellen. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass die identifizierten Potenziale nur zu Teilen abgerufen werden können, wenn die Stromnetze künftig für einen höheren Stromtransport optimiert werden.

Mehr Gaskraftwerke vonnöten

Der Netzwiederaufbau wird in Zukunft komplexer werden, da das Verhalten von einer Vielzahl dezentraler Anlagen netzebenenübergreifend einbezogen werden muss. Gleichzeitig werden langfristig zusätzliche Gaskraftwerke benötigt, um die Stromnachfrage zu decken. Da diese Kraftwerke für den Netzwiederaufbau genutzt werden können, kann dena zufolge an den bestehenden Konzepten für den Netzwiederaufbau prinzipiell festgehalten werden.

Je nachdem, in welcher Spannungsebene die schwarzstartfähigen Kraftwerke angeschlossen sein werden, müssen bestehende Konzepte allerdings weiterentwickelt werden. Es besteht die Möglichkeit, dass künftig inselnetzfähige Bereiche für die lokale Wiederversorgung entstehen. Ob diese technischen Fähigkeiten sinnvoll für den überregionalen Netzwiederaufbau genutzt werden können, sollte Gegenstand weiterer Forschung sein.

Mit Blick auf Frequenzhaltung und -stabilität zeigt die Studie, dass 2050 ein kleiner Anteil der Windkraft- und Photovoltaikanlagen sowie flexible Lasten ausreichend Leistung für die Frequenzrückführung durch Sekundär- und Minutenregelleistung bereitstellen könnten. Hierfür sind die notwendigen Rahmenbedingungen und Anreize zu schaffen.

Die Frequenzstabilisierung durch Primärregelleistung ist auf einen Kraftwerksausfall von 3 GW ausgelegt. Bis 2050 müssen aus dena-Sicht weitere Maßnahmen ergriffen werden, damit in einer solchen Situation der Normalbetrieb aufrechterhalten werden kann. Die Studienergebnisse zeigen, dass hierfür keine zusätzliche Momentanreserve erforderlich wäre.

Prinzipiell können dezentrale Energieanlagen (Erzeuger, Speicher und Lasten) Momentanreserve bereitstellen, allerdings nur, wenn sie mit netzbildenden Umrichtern ausgestattet werden. Die entsprechenden Konzepte und erforderlichen Technologien sind vorhanden, müssen aber noch weiterentwickelt werden. Auch die Potenziale einer regionalen Optimierung von Angebot und Nachfrage, um Leistungssprünge bei einem System Split zu begrenzen, sind noch nicht ausreichend untersucht. Gleiches gilt für eine mögliche Nutzung von HGÜ-Leitungen, um Leistungsdifferenzen zwischen Teilnetzen teilweise auszugleichen.

 DK

 

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