Fachthemazurück

(GZ-12-2019)
gz fachthema

► Schau auf die Rohre:

 

Kanal- und Trinkwassernetze in der Oberpfalz erhalten

 

10 bis 15 Prozent aller Abwasserkanäle und Trinkwasserleitungen in Bayern müssen in den kommenden Jahren saniert werden. Sonst könnte eine Zunahme von Schäden und Rohrbrüchen die Bürgerinnen und Bürger unnötig belasten. Neben den Kommunen und Netzbetreibern muss auch die Bevölkerung für die Leitungsinstandhaltung sensibilisiert werden: Die bayernweite Informationskampagne „Schau auf die Rohre“ machte dazu Station in Burglengenfeld in der Oberpfalz.

Beim Aktionstag „Schau auf die Rohre“ erlebten Schulkinder, die Bevölkerung sowie Kommunalvertreterinnen und Kommunalvertreter fahrbare Roboter, die im Kanalnetz Schäden aufspüren können. Sie erfuhren, wie man durch „Abhören“ Lecks in Wasserleitungen orten kann und wie es möglich ist, ein Rohr zu verlegen, ohne den Boden aufzugraben. Die Informationskampagne „Schau auf die Rohre“ wurde vom Freistaat Bayern gemeinsam mit dem Bayerischen Gemeindetag, dem Bayerischen Städtetag und den Fachverbänden der Wasserwirtschaft für den Erhalt der Trinkwasser- und Abwassernetze ins Leben gerufen.

Rund 215.000 Kilometer öffentliche Kanal- und Trinkwassernetze wurden in den vergangenen Jahrzehnten unter Bayerns Städten und Gemeinden verlegt. Die öffentlichen Leitungsnetze stellen in der Regel das größte Anlagevermögen einer Kommune dar. Wert und Zustand der Leitungssysteme sind jedoch kaum in der öffentlichen Wahrnehmung präsent. Ein Schlagloch in der Straße oder bröckelnder Putz an der Schulfassade werden vom Bürgerauge sofort kritisch wahrgenommen. Die Leitungen im Untergrund und besonders deren Zustand sind für die Bürger dagegen nicht unmittelbar sichtbar.

Begrenzte Lebensdauer

Doch wie bei einem Straßenbelag oder einem Auto ist auch die Lebensdauer von Leitungen begrenzt. Rohre haben ein „Ablaufdatum“ und müssen regelmäßig untersucht und in der Regel spätestens nach 50 bis 80 Jahren – je nach Material und Betriebsbedingungen – erneuert werden. Geschieht das nicht, droht eine Häufung von Schäden und dadurch steigen auch die Kosten.

Im Rahmen der Informationskampagne „Schau auf die Rohre“ werden der bayerischen Bevölkerung mittels Broschüren, Videos und Veranstaltungen die wichtigen Aufgaben rund um den Erhalt des Leitungsnetzes vermittelt. Ein wichtiges Kommunikationsmittel dafür ist die kampagneneigene Website: Von der Prüfung, über die Wartung, bis zur Sanierung und Erneuerung der Netze gibt es unter www.schaudrauf.bayern.de über 150 gute Beispiele aus der Praxis von Kommunen.

Auch ausgewählte Netzbetreiber aus der Oberpfalz zeigen, wie die Instandhaltung von Kanal und Trinkwasserleitungen effizient vorangetrieben werden kann. Zumeist erneuern beispielsweise die Stadtwerke Burglengenfeld Trink- und Abwasserleitungen zusammen mit der Straßenoberfläche. Durch solche Synergien senkt man die Baustellenbelastung und die Kosten für die Bürger.

Zuletzt hat man aber auch einen Kanalabschnitt von 20 Zentimeter Durchmesser saniert ohne die Oberfläche aufzugraben. Dafür wurde ein neues PE-Rohr vorweg gefaltet und konnte so mit einer Winde in die alte schadhafte Abwasserdruckleitung eingezogen werden. Mit heißer Druckluft wurde das neue Kunststoffrohr im alten Kanal aufgefaltet und an die alte Rohrwand gepresst. Nun ist diese Leitung wieder für Jahrzehnte funktionsfähig.

Auch Trinkwasserleitungen können erneuert werden, ohne die Oberfläche aufzugraben. In Neunburg vorm Wald (Zweckverband zur Wasserversorgung der Nord-Ost-Gruppe) machen undichte Rohre aus Asbestzement Probleme. Nun plant man, in solche Leitungen einen Gewebeschlauch (ähnlich einem Feuerwehrschlauch) einzuziehen. Dieser macht die Leitung wieder dicht und das alte Zementrohr sorgt für die nötige Stabilität im Erdreich. In den nächsten zehn Jahren sind beim Verband insgesamt 6,6 Millionen Euro für die Erneuerung des 290 km langen Trinkwassernetzes angesetzt.

Schadenssuche

Um Schäden im Abwassernetz ausfindig zu machen, kommen zum Beispiel in Neunburg vorm Wald fahrbare Roboter mit hochauflösender Kamera zum Einsatz. Über die Schächte wird der Roboter zu den Rohren hinab geseilt. Jeder Kanalabschnitt wird damit einmal in zehn Jahren geprüft. Für die Prüfung von Wasserleitungen kommen solche Roboter aber schon aus hygienischen Gründen nicht in Frage.

In Maxhütte-Haidhof wurde das gesamte Trinkwasserleitungsnetz elektronisch erfasst und mittels Computersimulation nachgebildet. Man führt eine Statistik der Schadensfälle, um jene Abschnitte zu identifizieren, die das Ende ihrer Lebensdauer bald erreicht haben. Um den Zustand der Leitungen genau zu untersuchen setzt man in Einzelfällen ein besonders innovatives Verfahren ein: Per Druckluft wird ein kleiner Fallschirm mit Minikamera durch die Wasserrohre geblasen. Dadurch wird eine präzise Analyse des Zustands der Leitungen von innen ermöglicht. Jährlich investiert man in die Erneuerung des Trinkwasserleitungsnetzes rund 1 Million Euro.

Priorität für Kanalsanierung in Wasserschutzgebieten

Einige Kanäle in Maxhütte-Haidhof haben bereits das Alter von 60 Jahren überschritten und sind sanierungsbedürftig. Die Hälfte der gesamten Stadt liegt innerhalb eines Wasserschutzgebietes. Dort sind undichte Kanäle ein besonderes Risiko: unreines Abwasser könnte in das Grundwasser gelangen. Daher saniert man diese Kanäle vorrangig. In die Rohre werden dabei harzgetränkte Schläuche eingebracht und anschießend mit Heißluft ausgehärtet, wodurch schadhafte Kanalabschnitte von innen abgedichtet werden. Jährlich steht für die Kanalsanierung ein Investitionsvolumen von rund 2 Millionen Euro zur Verfügung, das gänzlich aus den Kanalgebühren finanziert wird.

Beispiel Neusorg

Für kleinere Kommunen, wie die Gemeinde Neusorg, können Sanierungsmaßnahmen zu einer besonderen wirtschaftlichen Herausforderung werden: 3,5 Millionen Euro sind für die Erneuerung von 5 Kilometern im insgesamt 40 km langen Kanalnetz bis 2026 veranschlagt. Dabei setzt man auch auf die Härtefallförderung des Freistaats Bayern, denn um eine unzumutbar hohe finanzielle Belastung aufgrund von Instandhaltungsmaßnahmen abzufedern, vergibt der Freistaat eine eigene Förderung mit einem Gesamtfördervolumen von bis zu 70 Millionen Euro pro Jahr.

 

GemeindeZeitung

Fachthema

AppStore

TwitterfacebookinstagramYouTube

Google Play

© Bayerische GemeindeZeitung