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(GZ-18-2018)
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► Studie des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung:

 

Webbasierte Medien in der Stadtentwicklung 

 

Wenn Bürgerinnen und Bürger bei städtischen Projekten mitdiskutieren oder eigene Initiativen starten, sich über Planungen informieren oder Beschwerde dagegen einlegen, dann geschieht dies heute immer häufiger auch online. Inzwischen ist das Internet in der Stadtentwicklung zu einem wichtigen Medium geworden, das neue Wege in der Kommunikation zwischen Bürgerschaft, Politik und Verwaltung eröffnet hat. Partizipation 2.0, Transparenz 2.0 oder Kollaboration 2.0 sind die Schlagworte in der aktuellen Diskussion.

Mit der Nutzung webbasierter Medien in der Stadtentwicklung und der Frage, welche Auswirkungen ihr Einsatz auf Planungsprozesse, Akteurskonstellationen und Teilhabemöglichkeiten hat, beschäftigt sich eine aktuelle Studie des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR). Sie zeigt Handlungsoptionen auf, wie eine partizipative Stadtentwicklung mittels webbasierter Medien weiter gefördert werden kann.

Empirische Basis dieser Studie waren 40 Referenzbeispiele aus deutschen Städten und Gemeinden sowie acht Fallstudien, in denen webbasierte Medien im Feld der Stadtentwicklung für Partizipation und Teilhabe eingesetzt wurden. Erstere zeigen im Ergebnis, dass webbasierte Medien in vielfältigen Bereichen der Stadtentwicklung eingesetzt werden, um eine Teilhabe an lokalen Gestaltungsprozessen zu ermöglichen. Die zahlreichen Verfahren unterscheiden sich hinsichtlich der beteiligten Akteure, der Ziele, der inhaltlichen Reichweite, des räumlichen Bezugs, der Dauerhaftigkeit, des Mitwirkungsgrades sowie der Originalität ihres Einsatzes. 

Aus der Untersuchung lassen sich folgende wesentliche Erkenntnisse zum Umgang mit webbasierten Medien in der Stadtentwicklung ableiten: Webbasierte Partizipationsprozesse in der Stadtentwicklung sind in der Regel crossmedial angelegt, unabhängig davon, ob sie von Seiten der öffentlichen Hand oder von Seiten der Zivilgesellschaft ausgehen. Sowohl Online-Elemente wie Beteiligungsplattformen im Internet als auch Offline-Formate wie klassische Bürgerversammlungen werden eingesetzt und miteinander verschränkt. Die Akteure gehen dabei vor allem deshalb crossmedial vor, weil sie sich hiervon eine größere Beteiligungswirkung versprechen und auch diejenigen erreichen möchten, denen die Nutzung digitaler Angebote schwerfällt.

Soziale Medien

Die Sozialen Medien spielen mittlerweile eine wesentliche Rolle in der Stadtentwicklung. So wird über städtische Themen und Projekte berichtet und diskutiert, auch wenn die Stadtverwaltung selbst nicht im Netz aktiv ist.

Stadtverwaltungen tun sich jedoch gegenüber zivilgesellschaftlichen Gruppen im Einsatz der Sozialen Medien wesentlich schwerer. Aufgrund ihrer Organisationsstruktur und der hierarchischen Arbeitsweisen können sie nicht immer in dem Maße im Netz präsent sein wie es vielleicht hilfreich wäre.

Öffentliche Verwaltungen sind gegenüber zivilgesellschaftlichen Gruppen unterschiedlich von rechtlichen Vorschriften betroffen. Stärkere Regulierungen der öffentlichen Hand schränken ihre Möglichkeiten, webbasierte Medien einzusetzen, ein. Neben einem sensiblen Umgang mit Datenschutzaspekten sind zum Beispiel das Vergabe- und Arbeitsrecht zu nennen.

Mit dem Einsatz webbasierter Medien geht einher, dass neue intermediäre Akteure im Feld der Stadtentwicklung auftreten. Sie bringen das notwendige Knowhow und die technischen Lösungen zur Organisation crossmedialer Beteiligung mit und werden zur Durchführung solcher Prozesse eingekauft. Diese neuen Intermediäre nehmen durch die Art und Weise, wie sie Vor-Ort-Formate und elektronische Formate entwickeln und miteinander verknüpfen oder durch die Algorithmen, die sie mit ihren Plattformen in ein Verfahren einbringen, erheblichen Einfluss auf die Ausgestaltung partizipativer Prozesse und damit auch auf deren Ergebnisse.

Durch den Einsatz webbasierter Medien entstehen neue Möglichkeiten, Transparenz in Stadtentwicklungsprozessen zu schaffen. Dies kann zu einer besseren Nachvollziehbarkeit von Verfahren beitragen und so dem Bürger ermöglichen, mit Politik und Verwaltung leichter auf Augenhöhe zu agieren.

Die Nutzung webbasierter Medien in der Stadtentwicklung erfordert zusätzliche Ressourcen. Neben technischen Voraussetzungen und finanziellen Aufwendungen bedarf es eines spezifischen Knowhows. Weder bei öffentlichen noch bei zivilgesellschaftlichen Akteuren ist dies jedoch selbstverständlich vorhanden. Technik und Wissen müssen unter Umständen extern eingekauft werden. Werden Aufträge an Dritte vergeben, sind es die neuen intermediären Akteure, die ihr Know-how zur Verfügung stellen.

Schließlich kann der Einsatz webbasierter Medien zugleich Effizienzgewinne mit sich bringen. So hätten etwa die untersuchten zivilgesellschaftlichen Initiativen ohne den Einsatz webbasierter Medien nicht so viele Menschen für ihr Anliegen erreichen können als mit diesem Einsatz bei vergleichbarem Aufwand. Bezogen auf Verfahren der öffentlichen Verwaltung können sich besonders bei standardisierten Verfahren Effizienzvorteile ergeben. Im Fall der Bauleitplanung zeigt sich etwa, dass das Verteilen von Informationen, das Einsammeln von Stellungnahmen und die Dokumentation des Prozesses effizienter umgesetzt werden können.

Fazit: Im Gegensatz zu klassischen Informationskanälen werden webbasierte Medien von vielen Nutzern als ein Instrument zum Dialog wahrgenommen. Beim Einsatz dieser Instrumente wirkt ihre netzwerkartige, hierarchieferne Struktur auf die Organisation der kommunalen Verwaltung zurück. Die Verwaltungen sollten laut Studie diese Wirkungen einer anderen Kommunikationskultur aufnehmen und die eigene Organisation in Richtung Open Government weiterentwickeln.

Neben der Ausstattung mit finanziellen Mitteln können der Bund und die Länder die Kommunen durch die Entwicklung und den Betrieb übergreifender Plattformen unterstützen. Partizipationsplattformen, die bereits in der formalen wie informellen Bürgerbeteiligung eine Rolle spielen, sind hierfür Beispiele.

Durch eine Förderung des digitalen Ehrenamtes könnten Bund und Länder zivilgesellschaftliches Engagement in der Stadtentwicklung forcieren. Direkte Förderungen und steuerliche Erleichterungen, Best-Practice-Studien oder eine Ausweitung des freiwilligen sozialen Jahres digital könnten hier Impulse für eine Stadtentwicklung von unten geben.

Für einen qualifizierten Austausch zwischen den Kommunen, die webbasierte Medien strategisch im Rahmen der Stadtentwicklung einsetzen, wäre neben einer finanziellen Unterstützung von Austauschformaten eine Bestandsaufnahme zum Einsatz webbasierter Medien sowie ein laufendes Monitoring hilfreich. 

DK

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