Fachthemazurück

(GZ-13-2017)
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► 9. Bayerische Immissionsschutztage in Augsburg:
 
Konzepte zur Reinhaltung der Luft
 

Wichtige Neuerungen in der Umweltgesetzgebung und im technischen Regelwerk bildeten den Schwerpunkt der 9. Bayerischen Immissionsschutztage im Bayerischen Landesamt für Umwelt in Augsburg, veranstaltet vom KUMAS – Kompetenzzentrum Umwelt. Die Verbesserung der Umweltqualität und die Harmonisierung der europäischen Binnenmärkte sind dabei die wesentlichen Treiber.

Mit dem sog. Sevilla-Prozess sollen in allen Mitgliedsländern einheitliche Anforderungen an den Einsatz bestverfügbarer Technik im Anlagenbetrieb geschaffen werden. Auf welchem technischen Stand Deutschland ist und wie weit die Novelle der hierfür einschlägigen Technischen Anleitung (TA) Luft gediehen ist, darüber berichteten hochkarätige Referenten aus dem Umweltbundesamt, dem Bayerischen Landesamt für Umwelt sowie der Industrie.

Podiumsdiskussion zu Mobilitätskonzepten

Die Podiumsdiskussion „Konsequenzen aus der Rechtsprechung zur Luftreinhaltung – lösen intelligente Mobilitätskonzepte die Probleme?“ nahm Bezug auf die Klage der Deutschen Umwelthilfe gegen verschiedene deutsche Städte.

Mögliche Fahrverbote können letztlich keine Dauerlösung sein und für eine rigorose und kurzfristige Umstellung auf Elektromobilität steht weder die Infrastruktur zur Verfügung, noch ist der dazu notwendige Strukturwandel in der Zulieferindustrie in kurzen Zeiträumen sozialverträglich leistbar. Städte und Gemeinden können im Verbund mit den Ländern die Probleme sicher nicht alleine lösen, vielmehr müssen wohl konsequent bundesweit einheitliche Regelungen getroffen werden. Die Expertenrunde beschäftigte sich mit diesen und weiteren Fragen.

TA Luft

Rechtliche Aspekte der TALuft wie der Umgang mit Grenzwerten, neue Anforderungen an Umweltmanagementsysteme sowie innovative Emissionsminderungstechniken zur Reduzierung von Stickstoffoxiden und Quecksilber standen ebenso auf dem Programm. Fachbeiträge zum Lärmschutz bei heranrückender Wohnbebauung und ein Überblicksvortrag zu aktuellen Änderungen im Lärmschutz rundeten das umfangreiche Programm ab.

Lärm stellt – wie zahlreiche Studien belegen – eine der am stärksten empfundenen Umweltbeeinträchtigungen überhaupt dar. Die Auswirkungen von Lärmbelästigungen auf die Lebensqualität und das Wohlbefinden kann von jedermann subjektiv wahrgenommen werden. Daneben beeinträchtigt der Lärm aber auch die öffentliche Gesundheit in erheblichem Maße, wie Stefan Bauer vom Bayerischen Landesamt für Umwelt, Augsburg, erläuterte.

Höhere Lärmbelastung

Die dominante Lärmquelle stelle mit großem Abstand der Straßenverkehrslärm dar, gefolgt von Schienen-, Flug- und Industrielärm. Im Gegensatz zu vielen anderen Umweltbeeinträchtigungen habe die Lärmbelastung in den vergangenen Jahrzehnten ständig zugenommen. Der Bedarf sowie auch der Wunsch nach Mobilität und stetig steigender Güterverkehr führten zu einer Zunahme des Verkehrs und damit des Verkehrslärms - trotz zahlreicher Maßnahmen zu seiner Bekämpfung.

Die Umgebungslärmrichtlinie hat Bauer zufolge das Thema Lärm stärker ins öffentliche und politische Bewusstsein gerückt. Sie ist ein wichtiges Instrument, um europaweit eine gezielte Lärmbekämpfung zu ermöglichen. Indem sie für die Problematik sensibilisiert, trägt sie durch die Bereitstellung der Daten über die Lärmexposition auf EU-Ebene dazu bei, dass politische Entscheidungen in der EU zum Lärmschutz auf einer fundierten Grundlage getroffen werden können.

Umfrage bei Gemeinden 

Die letzte LfU-Abfrage bei den betroffenen Gemeinden im Dezember 2016 zur Aktualisierung der Meldung für die 2. Stufe an die KOM ergab laut Bauer folgende Ergebnisse: In 134 Fällen hat die Prüfung durch die Kommunen bzw. Regierungen gezeigt, dass die Aufstellung eines Lärmaktionsplans zurückgestellt wird oder nicht erforderlich ist. 107 Kommunen mit einem Lärmbrennpunkt haben bis jetzt nicht auf eine Abfrage des LfU geantwortet. In 53 Fällen haben die Kommunen bzw. Regierungen mitgeteilt, dass die Prüfung noch läuft. In 24 Fällen stellen Kommune oder Regierung einen Lärmaktionsplan auf. In 15 Fällen ist die Lärmaktionsplanung durch die Kommune oder die Regierung abgeschlossen.

Die relativ geringe Bereitschaft zur Aufstellung eines Lärmaktionsplans liegt nach Bauers Worten in einer lärmfachlichen Bewertung der Erfordernisse, die zu einer negativen Ermessensentscheidung der Kommune führen können. Oftmals würden aber auch der enorme Verwaltungsaufwand einer Lärmaktionsplanung, fehlende finanzielle und personelle Mittel, begrenzte Einflussmöglichkeiten auf Maß- nahmen, die in Verantwortung der Straßenbaulastträger liegen sowie derzeit anders gesetzte kommunalpolitische Prioritäten als Grund genannt.

Daueraufgaben

Die Lärmkartierung nach EUUmgebungslärmrichtlinie sowie die anschließende Lärmaktionsplanung seien Daueraufgaben für alle Beteiligten. Da wichtige Eingangsdaten für die Berechnungen nicht flächendeckend digital vorliegen, die erforderte Genauigkeit fehlt und die Daten einer stetigen Veränderung unterworfen sind, stellten Erhebung, Bereitstellung und Aufbereitung der Dateninfrastruktur für die Lärmberechnungen eine aufwändige, aber zentrale Aufgabe des LfU dar.

Auch das Thema Luftreinhaltung wird laut Dr. Joachim Lucas (MVV Enamic IGS Gersthofen GmbH) zunehmend durch europäische Regelungen und Anforderungen geprägt. Der im deutschen Umweltrecht verwendete Begriff „Stand der Technik“ werde hierbei weiterentwickelt zur europäischen BVT – beste verfügbare Technik (engl. BAT – best available technique).

Die Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft (aktueller Stand: 30. Juli 2002) setze als Verwaltungsvorschrift für ca. 50.000 genehmigungsbedürftige Anlagen in Deutschland die Vorgaben für die immissionsschutzrechtlichen Zulassungen. Mit der anstehenden Novelle werde nach 2002 der nächste Schritt getan, den Stand der Technik im Bereich Luftreinhaltung fortzuschreiben, erklärte Lucas.

Regelmäßiges Monitoring

Fortschrittliche und verantwortungsbewusste Unternehmen bekennen sich nach seinen Ausführungen zu einer nachhaltigen und an den Stand der Technik angepassten Gesetzgebung (u. a. auch im Bereich der Luftreinhaltung). Hier sei auch die chemische Industrie, in der ein nicht zu unterschätzendes Risikopotenzial vorhanden ist, durchaus ein Vorreiter. Das regelmäßige Monitoring der Umweltaspekte in der Branche verdeutliche den Erfolg dieses Ansatzes. Der Europa übergreifende Ansatz solle hierbei für eine Angleichung der Standards, aber auch für eine Verhinderung von Wettbewerbsverzerrung sorgen.

Managementsysteme

Die Nutzung von Managementsystemen als Elemente einer modernen Unternehmens- und Betriebsorganisation ist aus Lucas‘ Sicht ohne Zweifel ein Fortschritt für die Unternehmen wie auch für die zuständigen Behörden. Aus den Anfängen der Qualitätssicherung mit der ISO 9001 und vielen dazugehörigen branchenspezifischen Spezial-Normen habe sich über die letzten Jahrzehnte ein ganzer Blumenstrauß an Managementsystemen entwickelt.

Wettbewerbsverzerrungen

Bei allem Nutzen von Managementsystemen für eine nachhaltige Betriebsorganisation bleibe festzustellen, dass die im aktuellen TALuft-Entwurf formulierten Anforderungen zur Betriebsorganisation über die Umsetzungspflichten in deutsches Recht hinausgehen, betonte Lucas. Gerade für kleine und mittlere Unternehmen, die keine umfangreichen Dokumentations- und Managementsysteme pflegen, ergäben sich damit deutliche Wettbewerbsverzerrungen. Im BundesImmissionsschutzgesetz seien bereits Anforderungen an die Betriebsorganisation festgelegt, zusätzliche Regelungen in der TA Luft seien somit entbehrlich.

Für viele Industrien bedeutet die Umsetzung der „best available technologies“ eine neue Herausforderung hinsichtlich der einzuhaltenden Grenzwerte. Hervorzuheben sind hier besonders Stickoxide und Staub, wie Matthias Hagen, LTB GmbH/Teil der DÜRR Gruppe, Goldkronach, erläuterte.

Für sich alleine betrachtet sind die beiden Schadstoffe und die entsprechenden Abscheideverfahren bekannt und es können auch niedrigere Grenzwerte erreicht werden. Wenn jedoch beide Schadstoffe in einem Abgasstrom gemeinsam enthalten sind, gelte es, die Auswirkungen auf das jeweils andere Abscheideverfahren zu beachten.

Staubminderung

Staubminderung ist Hage zufolge ein bekanntes Thema und so gebe es hier eine Vielzahl von Lösungen. Bei großen Abluftvolumina werden häufig Elektrofilter oder Schlauchfilter eingesetzt. Erstere erreichten die bisherigen Grenzwerte von 20 mg/m³, müssten aber zur Einhaltung zukünftig niedrigerer Grenzwerte entsprechend optimiert werden, was aufgrund der hohen Zusatzinvestitionen häufig unwirtschaftlich ist. Klassische Schlauchfilter erzielten bei korrekter Auslegung problemlos Werte von unter 10 mg/m³, könnten aber aufgrund der textilen Filtermedien nur bis zu Temperaturen von 250 °C eingesetzt werden.

LTB und DÜRR seien seit vielen Jahren im Bereich der Abgasreinigung aktiv. So wurden zur Behandlung von NO und Staub bisher immer zwei aufeinanderfolgende Behandlungsstufen eingesetzt. Um den SCR Katalysator entsprechend zu schützen, schaltete man Filter vor.

Bewährte Technik

Die kombinierte Abscheidung von Stäuben und Stickoxiden mit dem katalytischen Filter Ecopure® CCF hat sich Hagen zufolge mittlerweile in vielen Anwendungen bewährt und stellt die beste verfügbare Technik dar. Neben der Unterschreitung der momentan geltenden Grenzwerte empfehle sich die Technik insbesondere aufgrund der hervorragenden Abscheidung feiner Stäube. Entsprechende Untersuchungen sind noch im Gange.

DK

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