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(GZ-20-2021)
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► 14. Wunsiedler Forum:

 

Kampf gegen Diskriminierung und Rassismus

 

Unter dem Motto „Die Würde des Menschen ist unantastbar – Bayern gegen Diskriminierung und Rassismus“ fand heuer das 14. Wunsiedler Forum statt. An dem Fachtag zu aktuellen Themen der Arbeit gegen Rechtsextremismus nahmen etwa 80 Vertreter aus Politik und Zivilgesellschaft aus ganz Bayern teil. Veranstalter des Wunsiedler Forums sind das Bayerische Bündnis für Toleranz, die Festspielstadt Wunsiedel und der Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge.

Minister Joachim Herrmann. Bild: Projektstelle gegen Rechtsextremismus
Minister Joachim Herrmann. Bild: Projektstelle gegen Rechtsextremismus

Die Themen Rassismus und Diskriminierung werden nach Experteneinschätzung inzwischen viel offener diskutiert als noch vor einigen Jahren. „Es gibt ein Problembewusstsein. Institutionen und Gruppierungen wollen sich mit dem Thema befassen“, erklärte Martin Becher, Geschäftsführer des Bayerischen Bündnisses für Toleranz. Seit dem Erstarken der Black Lives Matter (BLM) -Bewegung zögerten auch staatliche Stellen nicht mehr, das Thema Rassismus offen anzugehen. Dies sei ein völlig anderer Diskurs als noch vor fünf oder zehn Jahren. Die Sensibilität sei gewachsen, gerade auch viele junge Menschen gingen inzwischen an die Öffentlichkeit und träfen nicht mehr auf eine Mauer des Schweigens. „Es gibt einen Resonanzboden“, so Becher.

Vernetzung in einem geschützten Raum

Das Wunsiedler Forum wolle Vernetzung ermöglichen, fuhr der Geschäftsführer fort: Diejenigen, die sich gegen menschenfeindliche Einstellungen, gegen Abwertungen und damit auch gegen die extreme Rechte engagieren, aber nicht betroffen sind, müssten sich mit denen verbünden, die von Rassismus betroffen sind. „Die direkt Betroffenen müssen das Gefühl haben, dass sie nicht allein sind.“ Alltagsrassismus sei für sie alltäglich erlebter Rassismus. Für nicht direkt Betroffene bleibe er abstrakt. Diese Lücke gelte es zu schließen. Das Wunsiedler Forum wolle einen geschützten Raum bieten, damit beide Seiten sich begegnen könnten.

Bayerns Innen- und Integrationsminister Joachim Herrmann rief zum Kampf gegen Rassismus und Diskriminierung im Land auf: „Wir müssen unsere Werte wie Menschlichkeit, Respekt und Toleranz jeden Tag aufs Neue verteidigen. Keiner darf bei rassistischen Anfeindungen und Alltagsdiskriminierungen tatenlos zusehen. Jeder Einzelne ist hier gefordert“, machte Herrmann mit Blick auf die besorgniserregenden Entwicklungen in den vergangenen Jahren deutlich.

Die Bayerische Staatsregierung habe mit dem Bayerischen Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus eine Grundlage geschaffen, um Rassismus, Extremismus und Antisemitismus in Bayern schon im Ansatz zu verhindern, einzudämmen und zu verfolgen.

So leiste beispielsweise die Bayerische Informationsstelle gegen Extremismus (BIGE) seit 2009 hervorragende Präventionsarbeit. Der Minister unterstrich auch seine „Null-Toleranz-Haltung“ gegenüber Rassisten und Extremisten jeglicher Couleur bei der Bayerischen Polizei und betonte, dass Verfehlungen konsequent verfolgt werden. Zudem hob er die Bedeutung erfolgreicher Integration hervor:

„Denn Diskriminierung trifft häufig dort auf fruchtbaren Boden, wo Vorurteile herrschen. Unsere vielfältigen Integrationsprojekte stärken das Verständnis zwischen den Kulturen und bauen Barrieren ab.“

Auf den gewachsenen Bedarf in vielen Institutionen, Antworten auf aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen wie Globalisierung und Protektionismus zu finden, Menschen vor Diskriminierung zu schützen und menschenfeindliche Orientierungen in die Schranken zu weisen, reagiert das Münchner Zentrum für Analyse, Beratung und Training „Den Menschen im Blick“ in Zusammenarbeit mit der LMU München.

Wie Gründungsdirektorin Dr. Britta Schellenberg im Rahmen eines Workshops erläuterte, ist es das zentrale Ziel des Projekts, Grundlagen und praktisches Material dafür zu schaffen, Führungskräfte und Mitarbeitende von staatlichen und zivilgesellschaftlichen Institutionen zu befähigen, souverän und professionell mit Beschäftigten und Klienten in einer zunehmend diversen Gesellschaft umzugehen und sie fit zu machen für einen sicheren Umgang mit rassistischen und andere menschenfeindlichen Orientierungen.

Die Expertise „Den Menschen im Blick – kompetent gegen Rassismus und Diskriminierung“ unterstützt Verwaltungen, kommunale Träger, Wohlfahrtverbände und Unternehmen. Für die Entwicklung der Schulungen werden – je nach Zweckmäßigkeit und Kapazitäten – engere Kooperationen mit einzelnen Institutionen ausgelotet.

Onlineplattform

Der zweite Schwerpunkt des Projekts liegt in der Etablierung einer Onlineplattform. Hier werden internationale und interdisziplinäre Forschungsbefunde zum (Umgang mit) Rassismus vorgestellt und diskutiert, Erfahrungen aus der Alltagspraxis dargestellt sowie Projektergebnisse (pädagogische Handreichungen, Schulungsmodule und multimediale Materialien) zur Verfügung gestellt „Qualifizierte Antidiskriminierungsberatung in der Praxis“ bietet unter anderem die Münchner Beratungsstelle BEFORE – Beratung und Unterstützung bei Diskriminierung, Rassismus und rechter Gewalt.

Laut Antidiskriminierungsberaterin Lea Tesfaye kommen zu BEFORE zahlreiche Ratsuchende, die in ihrem beruflichen Umfeld diskriminiert werden. Starke Abhängigkeiten und steile Hierarchien begünstigten oft ein diskriminierendes Klima am Arbeitsplatz. Es brauche daher in allen Unternehmen Mechanismen zur Vermeidung von und den Umgang mit Diskriminierungen wie Beschwerdemöglichkeiten und Unterstützung für die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Über die Strukturen der Anti-Diskriminierungsarbeit in Baden-Württemberg informierte Andreas Foitzik, adis e.V. und Co- Sprecher der Landesarbeitsgemeinschaft Anti-Diskriminierungsberatung Baden-Württemberg. Die LAG Antidiskriminierungsberatung Baden-Württemberg ist ein Zusammenschluss der bestehenden und teilweise im Aufbau befindlichen lokalen Beratungsstellen und Netzwerke gegen Diskriminierung in Baden-Württemberg. In Kooperation mit der Landesantidiskriminierungsstelle (LADS) Baden-Württemberg, die im Ministerium für Soziales und Integration angesiedelt ist, wird am Aufbau eines flächendeckenden und qualifizierten Beratungsangebotes im Land gearbeitet.

Weitere wichtige Partner sind u.a. die Antidiskriminierungsstelle des Bundes, der Antidiskriminierungsverband Deutschland (advd), das Demokratiezentrum Baden-Württemberg, die Opferberatungsstelle LEUCHTLINIE und das Netzwerk LSBTTIQ Baden- Württemberg.

Ein Schwerpunkt der Arbeit liegt Foitzik zufolge in der Qualitätssicherung der Beratung über Fort- und Weiterbildung sowie Supervision und Intervision. Zudem liegt das Augenmerk auf der finanziellen Absicherung der in der LAG ADB BW engagierten Beratungsstellen gegen Diskriminierung.

Um im Land ein flächendeckendes Beratungsangebot zu ermöglichen, wird der Auf- bzw. Ausbau von Beratungsstellen in bisher nicht versorgten Regionen angestrebt. Zudem wird
das lokale Beratungsangebot um ein online-Beratungsangebot ergänzt.

DK

 

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