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(GZ-5-2017)
Neues von Sabrina
 
„Alle reden vom Wetter, aber keiner tut etwas dagegen”

Gestern hat mein Chef gesagt...

„Vom Eise befreit sind Strom und Bäche, durch des Frühlings holden, belebenden Blick. Im Tale grünet Hoffnungsglück. Der alte Winter, in seiner Schwäche, zog sich in rauhe Berge zurück.“ Mein Chef, der Bürgermeister, ist tief in die Schatzkiste des Bildungsbürgertums eingestiegen, um poetisch das Wiederbeleben der Natur zu besingen.

Konkret geht es eigentlich darum, für die Einladung zum Frühlingsfest im Ratskeller ein passendes Intro zu finden. Die letzten Jahre haben wir es immer mit Eduard Mörike „Frühling lässt sein blaues Band wieder flattern durch die Lüfte“ gehalten, aber dieses Jahr will der Chef mit Goethe vorlegen, weil es ja tatsächlich mal wieder ein richtiger Winter war, der jetzt zu Ende geht.

Es war doch herrlich nach all den halbgaren Winterchen der vergangenen Jahre, die weder fürs Auge noch fürs Gemüt etwas anderes als Grau in Grau zu bieten hatten, mal richtig Schnee und Kälte satt zu haben. Die Kinder konnten auf den Rodelbergen ihrem Vergnügen nachgehen, ohne sofort auf Steine oder Gras zu stoßen, die Seen waren zugefroren und boten den Eisstockschützen und Schlittschuhläufern ein Sportparadies, der Bauhof konnte in den Flussauen eine schöne Langlaufloipe spuren, die nicht schon am ersten Tag um elf Uhr vormittags überflutet vom Schmelzwasser war. Einfach perfekt.

Für ein paar erholsame Wochen ohne Wetterkapriolen wurden wir auch vor Warnungen vor dem Klimawandel verschont, bis es die geballten Experten nicht mehr aushielten, dass wir jahreszeitlich normale Wetterverhältnisse haben und uns die Sache mit den schmelzenden Gletschern und der Schubumkehr des Golfstroms zu erklären versuchen – ich selbst habe die Modellannahme bis heute nicht letztendlich verstanden.

Also bitte nicht falsch verstehen. Ich bin nicht Donald Trump, der meint, Umwelt- und Klimaschutz seien nur lästiger Hokuspokus, denn schließlich sei eh alles nur Wetter. Nein, die Chinesen lernen es ja mit der extremen Luftverschmutzung in ihren Städten auf die harte Tour und auch bei uns müssen wir in Sachen Feinstaubbelastung noch manche Hausaufgabe machen, wollen wir in Zukunft gesünder leben und die natürlichen Lebensgrundlagen stärker respektieren. Aber immer die Leier mit dem Klimawandel – die nervt.

Ein Blick in die Geschichtsbücher zeigt, dass das Klima sich immer wieder mal änderte oder auch verrückt spielte. So verdankt die Menschheit dem Ausbruch des indonesischen Vulkans Tambora den Gruselroman Frankenstein. Dessen Autorin Mary Shelley schrieb ihn aus lauter Langeweile, denn die Staubwolke nach dem Ausbruch hatte rund um den Globus die Sonne ausgesperrt und das berüchtigte Jahr ohne Sommer verursacht, so dass man kaum vors Haus treten konnte.

Als Grönland um das Jahr 1000 entdeckt wurde, herrschte die mittelalterliche Warmzeit, Vegetation gedieh auf der arktischen Insel und skandinavische Siedler fanden dort ihre Lebensgrundlage. 400 Jahre später war dieses Klimaoptimum von einer kleinen Eiszeit abgelöst und die europäischen Grönländer starben aus. In Zentraleuropa gab es Kälte, die Ernte verschimmelte auf dem Halm vor lauter Regen, Hunger und Krankheiten bestimmten das Leben. Weil man es nicht besser wusste, machte man Hexen für die Misere verantwortlich und verbrannte sie. Aber auch die Wissenschaften entstanden, die Mittel fanden, das Leben zu meistern und sich so prächtig entwickelt haben, dass sie uns heute erklären, warum es schlecht ist, wenn es auf Grönland wieder wärmer wird und die Insel erneut ergrünt.

Mein Chef, der Bürgermeister, ist auch etwas ratlos, warum immer und überall die Keule des Klimawandels hervorgezogen wird, wenn es doch nur darum geht, sich vernünftig zu verhalten und die Umwelt zu schonen. Halten wir es heute darum mit dem bayerischen Anarcho-Philosophen Karl Valentin, der schon vor ungefähr 80 Jahren erkannt hat: „Alle reden vom Wetter, aber keiner tut etwas dagegen.“

Ihre Sabrina

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