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(GZ-23-2018)
Neues von Sabrina
 

Rüstzeit hieß das mal

Gestern hat mein Chef gesagt...

Inmitten des ganzen Vorweihnachtshypes reflektiert die Vorzimmerperle was Advent eigentlich bedeutet. Rüstzeit hieß das mal und meinte adventus domini, sich vorbereiten auf die Ankunft Christi. Mit dem rotbäckigen Fettsack im Kamin hatte das früher nichts zu tun.

„Jetzt am Nikolaustag spürt man, dass das Jahr unwiderruflich dem Ende zustrebt. Noch ein paar Tage rastlose Hektik, dann Innehalten an den Weihnachtstagen, anschließend zwei herrlich ruhige Ferienwochen und dann sind wir schon kopfüber im Jahr 2019 gelandet!“ Mein Chef, der Bürgermeister, steckte sich gerade den großen Weihnachtsmannkopf aus Schokolade in den Mund, der hinter dem heutigen Adventskalendertürchen zu finden war.

Aber war da nicht noch was? Inmitten des ganzen Weihnachtshypes, der sich nur auf den Tag der großen Bescherung hinzuorientieren scheint, gerät mehr und mehr in Vergessenheit, dass die Vorweihnachtszeit deshalb Advent heißt, weil man sich auf die Ankunft Christi, adventus Domini, vorbereiten soll. Rüstzeit hieß das mal, als die Traditionen rund um das Weihnachtsfest keine schützenswerten Kulturgüter, sondern selbstverständliche Bestandteile des Lebens im Jahreskreis waren.

Dazu gehört eben – jedenfalls für die Katholiken und die Orthodoxen – auch der Nikolaustag. Aber auch Protestanten können sicher mit der frommen Geschichte eines guten Menschen, um dessen Wohltätigkeit sich viele Legenden ranken, mehr anfangen, als mit einem rotbäckigen Fettsack, der mit roter Pudelmütze auf dem Kopf Renntierschlittenrennen fährt, sich durch Schornsteine fallen lässt und in einem fort Ho-Ho-Ho schreit.

Diesen Santa Claus oder Weihnachtsmann hat vor mehr als einem Jahrhundert ein amerikanischer Brausekonzern erfunden und auf der ganzen Welt populär gemacht. Seither drängt er den Bischof von Myra immer mehr aus dem Bewusstsein und den Weihnachtsbräuchen heraus. Dabei war über Jahrhunderte der Nikolaustag der eigentliche Tag des Beschenkens, will doch die fromme Sage, dass Nikolaus als Erbe eines großen Vermögens drei Schwestern, für deren Verheiratung deren armer Vater nicht genug Mitgift aufbringen konnte, je einen ansehnlichen Goldklumpen geschenkt hat, damit sie ihr Eheglück finden und nicht als Prostituierte enden mussten.

Er tat dies heimlich. Nachts warf er das Gold in das Zimmer der Mädchen. Deshalb bringt Nikolaus auch den braven Kindern süße und vitaminreiche Gaben in der Nacht, meist heimlich. Nur wenn er sich als studentische Hilfskraft etwas dazuverdienen will, kommt er in vollem Bischofsornat, den Krampus an seiner Seite und hält Gericht über die Kinder. Soweit die nicht nur für mich in meinen frühen Tagen unumstößliche Wahrheit. Streit gab es höchstens um die Frage, ob der berühmte Nikolausabend aus dem Kinderlied die Nacht vom 5. auf den 6. meinte oder ob man noch den ganzen Nikolaustag rumbringen musste, bis man mit dem Sack mit den Geschenken rechnen konnte.

Wichtig war auch noch der 8. Dezember, Mariä Empfängnis, den aber nur noch unsere österreichischen Nachbarn als Feiertag begehen. Andernorts sind weitere Stationen der Rüstzeit hoch im Kurs, etwa das Luziafest in Skandinavien, wobei diese Heilige auch bei uns ihre Traditionen hat, etwa das Luzienhäuschenschwimmen in Fürstenfeldbruck.

Natürlich ist es weltfremd zu hoffen, dass die Zeiten des langsamen Vorbereitens auf Weihnachten, das bewusste Leben mit und in den Traditionen der Adventszeit wiederkehren könnten. Unsere Welt ist nun einmal so, wie sie ist: Schnell, konsumorientiert, den Glauben und die christliche Überlieferung eher als Beiwerk, denn als Teil des Lebens verstehend.

Mein Chef, der Bürgermeister, wünscht sich aber, dass trotzdem manche Traditionen nicht untergehen. Also Kampf dem Weihnachtsmann wie demjenigen aus dem Adventskalender. Deshalb bat er mich, schnell bei unserm Konditor richtige Schokoladennikoläuse zu besorgen, angetan mit Mitra, Bischofsstab und edlem Gewand, die er in einer Grundschule verteilen und dabei die anrührende Legende des frommen Bischofs von Myra erzählen will. Ganz im Sinne von Irmgard Erath und ihrem passenden Kalenderspruch:

„Weihnachten ist nicht nur da, wo Lichter brennen, sondern überall dort, wo wir die Welt ein wenig heller machen“.

Ihre Sabrina

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