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(GZ-21-2018)
Neues von Sabrina
 

Die Merkel-Jahre waren gute Jahre für Deutschland

Gestern hat mein Chef gesagt...

„Rückblickend werden wir sehen: Die vielleicht langweiligen Zeiten der Ära Merkel waren gute Jahre für Deutschland“, meint Sabrinas Chef. Schließlich ging es uns noch nie so gut wie heute – und das in einer Welt der Trumps, Putins, Erdogans und Brexit-Nationalisten.

„Es gibt ja im Deutschen das schöne Sprichwort: Wenn es dem Esel zu wohl ist, geht er aufs Eis tanzen. Warum nur fällt mir dieser Spruch immer wieder ein, wenn jetzt von so vielen in den Medien und der Politik frohlockt wird, dass Angela Merkel den CDU-Vorsitz und bis 2021 auch das Kanzleramt aufgibt?“ Mein Chef, der Bürgermeister, findet nach wie vor, dass die Kanzlerin in den vergangenen 13 Jahren einen Riesenjob gemacht hat und immer noch macht.

Normalerweise müsste man ja annehmen, dass der Wunsch nach einem Wechsel in der Politik immer dann aufkommt, wenn etwas schief läuft. Wenn etwa die wirtschaftlichen Kennziffern nicht mehr stimmen, wenn die Leute ein Gefühl der Unsicherheit haben oder wenn man den politischen Akteuren persönliches Fehlverhalten nachsagen kann. Schon bei der Landtagswahl in Bayern und auch jüngst bei der Hessen-Wahl sind aber äußerst erfolgreiche Landesregierungen mit super Wirtschaftsdaten und traumhaften Leistungsbilanzen in praktisch allen Politikfeldern sowie absolut integrem Personal regelrecht abgemeiert worden. Was bitte kann man den Leuten Besseres tun, als ein wohlhabendes und stabiles Land noch wohlhabender zu machen und stabil zu halten? Das gleiche gilt für den Bund: Uns ging es noch nie so gut wie heute. Und trotzdem hat man fast den Eindruck, die Kanzlerin würde diesem Land einen letzten Dienst mit ihrem Rückzug erweisen.

OK, da ist die mittlerweile zweite vormals große Koalition der Mitte, die beiden Partnern nicht recht ein Feld für Profilierung lässt. Selbstverständlich kann niemand das eher verwaltende dieser Regierung als Aufbruch wahrnehmen. Ebenso wenig ist es ein Zukunftssignal, an allen möglichen sozialpolitischen Ecken hier mal ein Jährchen mehr Mütterrente, da mal ein paar Cent mehr Mindestlohn anzukleben und die Senkung der Arbeitslosenversicherung durch die Erhöhung der Pflegeversicherung zu nivellieren. Mut sieht anders aus. Aber in einer Welt der Trumps, Putins, Erdogans, der Brexit-Nationalisten und der Internationale der Populisten fühlt man sich auf unserer Insel der Stabilität und Vernunft doch eigentlich recht wohl.

Aber natürlich: Die Flüchtlinge! Und das „Wir schaffen das.“ Aber wo war die Alternative? Man denkt ja immer, in den Zeiten des Internets gäbe es so etwas wie ein unerschöpfliches elektronisches Gedächtnis. Aber wer weiß heute noch um die Bilder der schutzlos und ohne Hilfe in Budapest kampierenden Tausende von Flüchtlingen, die sich zu Fuß Richtung Westen aufmachten? Wer hätte sie aufhalten sollen? Österreich? Wir? Und mit was? Sicher sind auch irgendwo die Bilder vom Münchner Hauptbahnhof archiviert, wo sich die applaudierenden Helfer drängten, die Flüchtlinge in den Zügen mit Snacks, Kleidern und Teddys für die Kinder zu versorgen. Deutschland zeigte der Welt ein freundliches Gesicht und war stolz darauf.

Ja, da war viel Illusion dabei. Es waren nicht alle Ärzte und Ingenieure, die zu uns kamen, einige sind auch Gauner und Gefährder. Das Fachkräfteproblem der Wirtschaft wurde auch nicht über Nacht gelöst, sondern die Leute müssen Kurse besuchen, die Jüngeren Schulen. Das kostet und ist mühsam, aber wenn die Statistik nicht lügt, haben schon eine ganze Reihe von jungen Flüchtlingen, die die Angebote der Schule durchlaufen haben, jetzt einen regulären Ausbildungsplatz gefunden. Statt sich auf die Herausforderungen der Integration zu konzentrieren und Wege zu suchen, wie man diejenigen wieder loswerden kann, die sich bei uns nicht einordnen wollen oder können, schauen wir paralysiert auf extrem tätowierte Fettsäcke, die „Merkel muss weg“ skandieren und sich ihre wöchentliche Ration Pöbelei nicht als Fußball-Hooligans sondern als Demonstranten reinziehen. Gute Nacht!

Mein Chef, der Bürgermeister, weiß auch: Alles hat seine Zeit und politische Ämter sind vom Wähler nur geliehen. Rückblickend werden wir sehen: Die vielleicht langweiligen Zeiten der Ära Merkel waren gute Jahre für Deutschland. Denn schon der Philosoph Hegel wusste: „Die Weltgeschichte ist nicht der Boden des Glücks. Die Perioden des Glücks sind leere Blätter in ihr“.

Ihre Sabrina

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