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(GZ-13-2018)
Neues von Sabrina
 

Aus Fehlern kann man lernen

Gestern hat mein Chef gesagt...

„Auch verlieren will gelernt sein. Und wer aus Niederlagen lernt, der legt das Fundament zu neuen Erfolgen.“ Mein Chef, der Bürgermeister, verlegt sich nach der 0:2-Klatsche gegen Südkorea und dem WM-Aus der Fußball-Nationalmannschaft aufs Philosophische.

Es bleibt ja auch fast nichts übrig, nachdem das große Fußballfest, das er mittels Großleinwand und Verpflegung mit der Stadt feiern wollte, nach drei Spielen schon in einem Mordskater endete. Tröstlich, dass nicht nur der Bürgermeister sich in dieser Hinsicht verschnitzt hat, sondern viele andere auch. Die Werbesprüche in Funk und Fernsehen, die jetzt noch zum Kauf von Würsten oder Chips fürs Fußballgucken werben zeigen bitter, dass so eine Stolperei auf internationalem Rasen auch der Volkswirtschaft ganz schön ins Kontor schlägt.

Und dann die Reaktionen aus dem Ausland! Großbritannien hat ein neues Lehnwort: Schadenfreude. Die Mexikaner bieten den Südkoreanern verbilligte Urlaube an. Die Niederländer und Italiener, von deutschen Fußballexperten und solchen, die es sein wollen, ob ihrem Scheitern in der Vorrunde arg geschmäht, laden uns zur Loser-Liga ein. Selbst schuld. Wem ich den Triumph gönne sind die Schweden. Das ungehörige Verhalten von der deutschen Bank nach dem Sieg über die wackeren Nordmänner wäre nicht nur von meiner Mutter mit einem eiskalten „Hochmut kommt vor dem Fall“ zu quittieren gewesen.

Überhaupt muss man sich fragen, ob man in Deutschland noch mit Mäßigung gewinnen und mit Anstand verlieren kann. Wer erinnert sich nicht an das Pokalfinale 2018, als ein Spieler der unterlegenen Mannschaft sich sehr verächtlich hinsichtlich des zweiten Platzes zeigte. Motto: Der Zweite ist der erste Verlierer.

Aber das wird den Kindern ja schon im Sportunterricht so vorgelebt. Wenn man einen für das spätere Leben so wichtigen Felgaufschwung mal verpatzt, heißt es gleich: Das war nix, das kannst Du noch nicht. Streng Dich gefälligst an. In Amerika würde man hören: Nice try, try again. Netter Versuch, versuche es aber besser nochmal. Die Botschaft, dass was noch nicht so optimal lief, ist in beiden Fällen klar, aber in Amerika macht man die Schüler nicht so nieder.

Möglicherweise ist deshalb über dem großen Teich auch die Kultur des Scheiterns eine ganz andere als hierzulande. Dort gilt es nicht als Beinbruch, wenn mal ein Start-up kein Einhorn wird, sondern wie eine Primel eingeht. Try again. Bei uns wird man erst mal Liebling der Schufa und bekommt im Zweifel keinen Kredit mehr, wenn man wieder eine – jetzt vielleicht wirklich zukunftsträchtige – neue Idee hat. Deshalb ist Amerika das Land der Start-ups und Deutschland das Land der Sparbücher und Lebensversicherungen.

Vielleicht sollten auch wir Deutschen einmal anfangen, nicht mehr so nach Vollkommenheit zu streben, sondern zu erkennen, dass solange wir Menschen noch nicht von Algorithmen abgelöst sind, Fehler vorkommen werden, es Unzulänglichkeiten und Schwächen gibt. Dass aber auch jeder dieser Fehler eine Chance ist, es besser zu machen. Aus Fehlern kann man lernen.

Mein Chef, der Bürgermeister, wünscht sich, dass auch Politiker viel öfter in der Lage wären, mal einen Fehler zuzugeben. Insbesondere, wenn sie sich vor lauter Taktieren selbst in die Ecke gebracht haben. Statt mit den Füßen aufzustampfen und immer Recht haben zu wollen, würde ein „Das war ein Fehler“ nicht selten befreiend wirken. Und so manch einem politikverdrossenen Bürger sicherlich Respekt abnötigen. Die lebenskluge Marie von Ebner-Eschenbach liefert den passenden Kalenderspruch dazu: „Eine stolz getragene Niederlage ist auch ein Sieg.“ 

Ihre Sabrina

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